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Die wenigsten Unternehmen haben heute eine
umfassende Transparenz über ihre Supply
Chain. Fragmentierte Berichte über einzelne
Bereiche der Supply Chain sind zwar regelmä-
ßig vorhanden (z. B. Lieferberichte oder Lager-
bestandsberichte),
die Zusammenführung zu
einem umfassenden Supply Chain Re-
porting steht in vielen Unternehmen je-
doch noch aus
. Dieses Reporting sollte alle
Prozessschritte Ihrer Supply Chain, auch über
Unternehmensgrenzen hinaus, sowie alle rele-
vanten Leistungsdimensionen Ihrer Supply
Chain wie Mengen, Kosten, Qualität etc. um-
fassen. Nur so wird sichergestellt, dass positi-
ve Effekte in einem Bereich nicht durch negative
Effekte in vor- oder nachgelagerten Bereichen
nivelliert werden.
10 Praktiker-Tipps, um ein Supply Chain Re-
porting zielgerichtet aufzubauen:
1. Weniger ist mehr
Aufgrund der Vielschichtigkeit des Supply
Chain Managements ist es nahezu unmöglich,
alle Aspekte einer Supply Chain im Rahmen ei-
nes aussagekräftigen Supply Chain Reportings
zu beleuchten. Die Herausforderung ist, die In-
formationen über ein Supply Chain Reporting
abzubilden, die für die Steuerung der Supply
Chain eine entscheidende Relevanz haben –
weniger ist an der Stelle mehr. Durch diese Fo-
kussierung werden die Aufmerksamkeit auf die
wichtigen Themen gelenkt und Zahlenfriedhöfe
vermieden. Zudem ist es sinnvoll, bei der Ge-
staltung des Reportings darauf zu achten, dass
über jedes Themenfeld nur einmal berichtet
wird. So gibt es beispielsweise für das Themen-
feld Lieferzuverlässigkeit eine ganze Reihe von
Kennzahlen (Lieferfähigkeit oder Liefertreue,
gemessen als Orderfill oder Casefill, etc.), die
jeweils eine andere Nuance des Themenfelds
Lieferzuverlässigkeit beleuchten. Bei der Kon-
zeption des Supply Chain Reportings ist nun zu
entscheiden, über welche dieser Möglichkeiten
Ihre Supply Chain am effektivsten gesteuert
werden kann; alle Kennzahlen parallel zu repor-
ten wäre kontraproduktiv.
2. Arbeiten Sie mit einer
führenden Einheit
In vielen Unternehmen hat es sich bewährt, das
Supply Chain Reporting auf Basis einer führen-
den Einheit aufzubauen. Diese Einheit ist bei-
spielsweise in der Brauindustrie der Hektoliter, in
der Landwirtschaft die Großvieheinheit oder die
Tonne in der Stahlindustrie. Beim Aufbau des Re-
portings werden nun alle Berichte auf Basis die-
ser führenden Einheit gestaltet, um aufwändige
Umrechnungen zu vermeiden. Einige Unterneh-
men schaffen es sogar, vollständig unterschied-
liche Produkte mittels einer statistischen Basis-
einheit für das Unternehmen zu integrieren.
3. Decken Sie alle relevanten
Prozessschritte ab
Häufig führen Verbesserungen bei einer Kenn-
zahl zu Verschlechterungen anderer Kennzah-
len. So kann eine aus logistischer Sicht erfreu-
liche Verringerung der Fertigwarenbestände
dazu führen, dass möglicherweise mit Kunden
vereinbarte Service Levels nicht mehr eingehal-
ten werden können oder die Losgrößen in der
Produktion sinken und die Rüstkosten steigen.
Daher ist es bei der Konzeption des Supply
Chain Reportings essentiell, alle Prozessschrit-
te entlang der Supply Chain in das Reporting zu
integrieren, um eine gesamthafte Betrachtung
des Leistungserstellungsprozesses inklusive al-
ler auftretenden Effekte sicherzustellen.
4. Verlassen Sie die
Unternehmensgrenzen
Supply Chain Management ist per Definition
unternehmensübergreifend und versucht, über
Unternehmensgrenzen hinweg eine optimale
Lieferkette zu gestalten. Daher sind Lieferanten
und Kunden in ein umfassendes Supply Chain
Reporting aktiv einzubeziehen. Dabei können
von Kunden und Lieferanten durchaus auch Da-
ten und Kennzahlen angefordert werden, da die
externe Perspektive von der internen Perspek-
tive abweichen kann. So wird ein Kunden-
wunschtermin möglicherweise in den eigenen
Systemen gar nicht erfasst, sondern nur der
vom Unternehmen bestätigte Termin. Der Kun-
de legt seinen Auswertungen aber die Wunsch-
termine zugrunde. Um Kundenzufriedenheit
nun umfassend zu messen, kann es sinnvoll
sein, diese Kundendaten in das eigene Supply
Chain Reporting zu integrieren („Wie werden
wir wahrgenommen?“) oder zumindest die De-
finition von Kennzahlen in Schnittstellenberei-
chen gemeinsam vorzunehmen.
Supply Chain Reporting
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10 Praktiker-Tipps für den Aufbau
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von Matthias Lütke Entrup und Dennis Goetjes
10 Praktiker-Tipps für Supply Chain Reporting