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Daten auf den Bestands-, Aufwands- und Er-
tragskonten bei grenzüberschreitenden Leis-
tungen für uns Controller mit großer Vorsicht
zu verwenden. Es lohnt sich, Kontakt zu den
Kollegen zu halten, die an der Transferpreis-
dokumentation mitarbeiten. Insbesondere ist
es wichtig, auf welche Weise die steuerlichen
Korrekturen erfolgen.
Steuerliche Korrekturen und ihre
Auswirkung auf Kennzahlen
Bezüglich der Auswirkungen der für uns Con-
troller wichtigen Kennzahlen bzw. Kenngrößen
muss man betrachten, wie oft die steuerlichen
Transferpreise angepasst werden. Je nach
Land und Philosophie der Steuerabteilung wer-
den unterschiedliche Verfahren eingesetzt.
Grob kann zwischen zwei Varianten unterschie-
den werden:
·
Variante eins
gleicht in regelmäßigen Ab-
ständen während des Jahres die steuerlich
geforderten Margen mit den tatsächlich er-
reichten Margen ab (Soll-Ist-Vergleich). Da-
bei werden die Transferpreise immer wieder
neu justiert, damit zum Jahresende die steu-
erlich akzeptierte Bandbreite erreicht wird.
Der Controller ist dabei vor allen Dingen mit
dem Forecast in den Prozess einbezogen.
·
Variante zwei
ermittelt am Jahresende die
erreichte Marge und führt eine einmalige
Korrektur durch. Ist die Marge zu niedrig,
wird eine Gutschrift erstellt – ist die Marge
zu hoch, wird eine Zusatzrechnung gestellt.
Dieses Verfahren wird auch als
Year-End-Ad-
justment oder True-up
bezeichnet.
In beiden Varianten muss die steuerlich akzep-
tierte Bandbreite der Margen erreicht werden,
andernfalls drohen die schon beschriebenen
steuerlichen Sanktionen. Ist beispielsweise eine
EBIT/Umsatz-Marge von 4 bis 6% angemessen,
Routinegesellschaften noch einen Gewinn aus-
weisen, so weist der Strategieträger den Verlust
„-15 Euro“ aus. Er hat darum kein Interesse,
das Geschäft durchzuführen. Das ist der
schlimmste Fehler in diesem Beispiel, denn aus
Konzernsicht existiert aus der Summe der drei
Teilgeschäfte ein („konsolidierter“) Gewinn von
20, nämlich 180 Endkundenpreis – 160 Her-
stellungskosten. Die in den Routinegesellschaf-
ten enthaltenen Gewinne (8 bei der Produktion
und 27 beim Vertrieb) tauchen ja beim Strate-
gieträger nicht in den Büchern auf. Letztlich
kommt es zu einem Gewinnausweis bei den
einzelnen Gesellschaften von +8 / -15 / +27.
Diese Darstellung [!] des Gewinns von insge-
samt 20 ist innerhalb der steuerlichen Logik
korrekt. Controllerisch ist die obige Aufteilung
schlichtweg Unfug. Teile des Unternehmens
können nicht ein höheres Ergebnis ausweisen,
als es insgesamt zu verteilen gibt. Die Auftei-
lung ist völlig willkürlich. Außerdem gibt es con-
trollerisch keinen ‚sicheren‘ Gewinn- oder Mar-
genanspruch. Doch genau das erzeugen die
steuerlichen Regelungen bei beiden Routinege-
sellschaften:
·
Produktion:
Eine Marge auf die Kosten aus-
zuweisen (Cost plus-Methode), bedeutet (wie
oben beschrieben), auch für Ineffizienz mehr
Gewinn zu erhalten.
·
Vertrieb:
Wenn der Verkaufspreis sinkt, dann
sinkt die Marge und damit die prozentuale
Marge. Aber die Steuer ignoriert diese Logik
und garantiert eine prozentuale Marge auf
Basis der Resale minus-Methode. Im Falle
der ergänzenden Anwendung von TNMM
wird auch die absolute Höhe des Gewinns auf
eine steuerlich gewünschte Höhe angehoben.
Das Steuerrecht erzeugt damit unter Um-
ständen Zahlen, die der Steuerungslogik
komplett entgegenlaufen.
Da die buchhalte-
rische Faktura hier nicht vom Handelsrecht,
sondern vom Steuerrecht bestimmt ist, sind die
LRD hatte im ersten Beispiel noch eine Marge
von 30 € (200 - 170 €) – durch den Preisrück-
gang sinkt diese auf 27 € (180 - 153 €). Das ist
zunächst einmal richtig. Genauso richtig bleibt
aber auch, dass der Rückgang 20 € (200 -
180) hätte betragen müssen und dass zwei
gängige Steuerungskennzahlen, die nicht sel-
ten auch bonusrelevant sind, durch das Steuer-
recht ausgehebelt werden.
Die Bruttomarge
gemäß „Resale Minus“-Methode ist zur
Steuerung nicht mehr geeignet.
Es kommt auf Brutto- und Netto-Marge an
Vermutlich wird in der Betriebsprüfung (BP) an
dieser Stelle noch ein weiterer Schritt anstehen:
Nach der Bruttomarge wird auch die Nettomar-
ge mittels TNMM (Transactional Net Margin
Method) geprüft. Mit anderen Worten: Es wird
geprüft, ob auch „unter dem Strich“, i. d. R. auf
der Basis des EBIT, ein ausreichend hoher Ge-
winn erzielt wurde. Ein typischer Praxisfall wäre
die Unterschreitung der geplanten Absatzmen-
gen. Dann stimmt zwar die Verkaufsmarge der
Produktgruppe – oft wird auch noch der ange-
strebte Verkaufspreis erreicht –, die Absatz-
menge ist aber so niedrig, dass die Verkaufs-
marge zu gering ist, um die Deckung der Struk-
turkosten („fixe Kosten“) und einen steuerlich
angemessenen Gewinn zu erzielen. Da die
Steuerabteilung um das Vorgehen in der BP
weiß, wird sie durch rechtzeitige Gegenmaß-
nahmen, wie z. B. eine Senkung des Transfer-
preises an die Vertriebsgesellschaft, den EBIT
dieser Gesellschaft erhöhen.
Zusammenge-
fasst führt dies dazu, dass auch der absolu-
te Verkaufserfolg keine Aussage über die
tatsächliche Performance der Vertriebsge-
sellschaft erlaubt. Auch relative Größen wie
der ROI (Return On Investment) oder seine
Zwischengröße ROS (Return On Sales) hängen
vom EBIT ab und sind damit für Steuerungs-
zwecke komplett nutzlos.
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Man sieht ledig-
lich, dass die Steuerabteilung einen guten Job
gemacht und das steuerlich erwartete Ergebnis
durch Anpassungsmaßnahmen erreicht hat.
Bis hierher haben wir festgestellt, dass die An-
reize bei den beiden Routinegesellschaften
durch die steuerlichen Regeln verzerrt werden
können. Dies gilt in noch größerem Maße für
den Strategieträger. Denn während die beiden
Autor
Dipl.-Oec. Guido Kleinhietpaß
ist Trainer und Partner der CA Akademie AG, Wörthsee. Zu seinen fach-
lichen Schwerpunkten zählen Businessplanung, Investitionsrechnung,
Kennzahlenanalyse, Verrechnungspreise und Vertriebs-Controlling. Er
ist Gründungsmitglied des Fachkreises Kommunikations-Controlling
sowie Leiter der „Controlling-Wiki-Redaktion“ im Int. Controller Verein
(ICV). Daneben ist er Autor verschiedener Fachbücher.
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