CONTROLLER Magazin 1/2017 - page 76

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Im vorigen Heft habe ich eine lose Artikelreihe
zu Preis und Geld begonnen. Der Kerngedanke
dieser Reihe besteht darin, mit Preisen und
Geldeinheiten nicht nur zu rechnen. Controlling
ist verantwortlich für die
Transformation von
Geld in Kaufkraft und Preis in Wert
durch
eine effektive und zugleich effiziente Gestal-
tung der Geschäfte.
Dieser Transformationsprozess hat viele Seiten.
Der erste Artikel fokussierte auf die wirtschaft-
lich relevante Qualität. Die Relevanz erworbe-
ner Güter für den Erfolg des Unternehmens be-
stimmt die reale Kaufkraft des dafür eingesetz-
ten Geldes. Geht diese Relevanz gegen Null,
tendiert der Wert des Geldes ebenso gegen
Null – man hätte es auch verbrennen können
und dann vielleicht noch die Kosten des Ein-
kaufs „gespart“. Auch eine weitere Seite – der
Zirkel der mit dem Transformationsprozess ver-
bundenen und miteinander verwobenen Risiken
– wurde angesprochen.
In diesem Artikel will ich mich
dem kulturellen
Umfeld
zuwenden, in das die Transformation
von Geld in Kaufkraft und von Preis in Wert ein-
gebunden ist.
Kultur als die „Summe der
Selbstverständlichkeiten“
Kultur ist ein weites Feld und scheinbar schwer
zu fassen für ein Controlling, das mit messbaren
Zielen Menschen wirtschaftlich führen will. Ich
habe es sowohl als geschäftsführender Gesell-
schafter eines Unternehmens als auch in meiner
Tätigkeit als Moderator von Strategieprozessen
für meine praktischen Arbeiten als hilfreich
empfunden, der einfachen Definition des So-
zialpsychologen Peter Hofstätter zu folgen: Er
bezeichnete
Kultur als „die Summe der
Selbstverständlichkeiten“
1
. Das ist ein
pra-
xistaugliches Bild
. Kulturelle Fragen sind so
einflussreich, weil wir Selbstverständlichkeiten
normalerweise nicht hinterfragen, sondern uns
einfach nach ihnen richten. Wenn wir sie beob-
achten und auf ihre Tauglichkeit für die Umset-
zung unserer Ziele prüfen, können wir konkrete
Aktionen ableiten, um Selbstverständlichkeiten
und strategische Ausrichtung besser miteinan-
der zu verzahnen. Damit ist zumindest ein erster
Schritt getan, um die Kultur in die Führung mit
messbaren Zielen einzubinden.
Das ist jedoch nur ein erster Schritt. „Die Kultur“
zerfällt in so viele Aspekte, dass man schnell die
Übersicht verliert. Aus diesem Grunde habe ich
für meine eigene Arbeit versucht, der Summe
der Selbstverständlichkeiten
eine praktikable
Struktur zu geben
(siehe Abbildung 1).
Bei der Darstellung scheint mir das Bild einer
Blume eine geeignete Metapher zu bieten,
weil die kulturellen Sphären einander wie Blü-
tenblätter überlappen und miteinander ver-
bunden sind:
2
·
explizite Kultur
(Ideen, Beziehungen, Pro-
zesse); mit ihr werden wir im Alltag immer
wieder konfrontiert, darüber sprechen wir,
davon hören wir in der Ausbildung;
·
implizite Kultur
(Symbole, Helden, Rituale);
sie wirkt im Hintergrund; wir können sie im
Alltag beobachten, aber normalerweise be-
merken wir sie nicht;
·
kultureller Kern
(Werte, Bewusstseins-
Strukturen, Denk-Strukturen); dabei geht es
um Selbstverständlichkeiten, die tief in uns
verankert sind und den Charakter von „Glau-
benssätzen“ tragen; sie sind uns normaler-
weise nicht bewusst und wir können sie nicht
beobachten; gerade deshalb prägen sie un-
sere Einstellungen und unser Verhalten.
Ein Beispiel
In einem mittelständischen Maschinenbau-Un-
ternehmen zeigten sich immer wieder Probleme
in der Qualitätssicherung. Sie wurden zwar zu-
meist entdeckt, bevor die Produkte ausgeliefert
waren – aber die Nacharbeiten und Stockun-
gen in den Prozessabläufen führten neben zu-
sätzlichen Kosten vor allem zu Lieferverzöge-
rungen mit entsprechenden Reputationsver-
lusten. Das hatte negative Folgen für den
Auftragseingang und allem, was daran hängt.
Um dem Abhilfe zu leisten, sollte in Anlehnung
an das japanische Kaizen ein
prozessbezoge-
nes Qualitäts-Management
aufgebaut wer-
den. Das war an sich nichts Neues, denn das
Unternehmen orientierte sich schon viele Jahre
an Prozessen. Auch die vom Kaizen geforderte
Arbeit mit internen Kunden-Lieferanten-Bezie-
hungen kannten die Mitarbeiter. Und Kunden-
orientierung wurde ohnehin „Groß“ geschrieben.
Die tatsächlich einschneidende Veränderung
erwuchs aus der Forderung, dass zukünftig
nicht mehr die internen Lieferanten,
sondern
die internen Kunden verantwortlich sein
sollten
für die Qualität. Das kam einer „Revolu-
tion“ gleich. Wenn es gelänge, würde sich die
Idee der wirtschaftlich relevanten Qualität aus-
gehend von den Erwartungen der externen
Kunden über die Produktentwicklung und den
Vertrieb sowie alle Bereiche und Stufen der Ge-
schäftsprozesse bis hin zum Einkauf verbreiten.
Jeder in der Kette leitet aus den Erwartun-
gen seiner Kunden die jeweils eigenen Er-
wartungen an seine Lieferanten ab und
prüft bei Lieferung, ob die Erwartungen er-
füllt wurden
. So klar – so einfach.
Argumente für die Umstellung gab es viele: „Die
Qualität wird vom Kunden bestimmt.“ „Wenn
die Kunden exakt definieren, welche Qualität
PreisGeld – mehr als eine Recheneinheit
PreisGeld – mehr als eine Recheneinheit
von Walter Schmidt
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