60
nur über finanzielle und materielle Ergebnisse
berichtet, sondern auch die Veränderung der
immateriellen Werte und die Auswirkungen der
betrieblichen Tätigkeit auf sämtliche Kapitalar-
ten dargestellt.
Integrated Reporting in der Praxis
Integrated Reporting ist seit der
Veröffentli-
chung des IIRC-Rahmenwerks im Dezem-
ber 2013
ein neuer Trend im Reporting. Diese
neue Art der Berichterstattung verspricht eine
transparente, wesentliche und dennoch umfas-
sende Kommunikation mit den Stakeholdern.
Pioniere der integrierten Berichterstattung im
deutschen Sprachraum sind die SAP AG, wel-
che seit 2012 unter
com einen integrierten Online-Bericht erstellt
und die EnBW AG, die 2014 zur integrierten
Berichterstattung überging, nachdem sie be-
reits seit 2005 ihre Wissensbilanz veröffent-
licht hatte.
Um zu einem Integrated Reporting zu gelangen,
sind allerdings einige Hindernisse zu überwin-
den. Zwar enthält das Rahmenwerk des IIRC
eine ausführliche Erläuterung des Konzepts,
allerdings fehlen konkrete Implementierungs-
hilfen, um dessen praktische Umsetzung in
Angriff zu nehmen.
Der Weg zum Integrated Reporting ist wie
in Abbildung 2 dargestellt ein Prozess mit
mehreren Stufen.
Nach dem Startschuss
durch die Unternehmensführung geht es zu-
nächst vor allem darum, ein integriertes Den-
ken im Unternehmen zu fördern. Dies bedeutet,
dass statt der strikten Trennung in Abteilungen
und Divisionen die Zusammenarbeit und be-
reichsübergreifendes Engagement im Vorder-
grund stehen sollen. Dieses integrierte Denken
bildet die Grundlage, um für das gesamte Un-
ternehmen nachhaltige Entscheidungen zu tref-
fen. Hierfür muss sich das Unternehmen inten-
versucht darüber hinaus die betrieblich ge-
nutzte öffentliche Infrastruktur wie etwa
Straßen, Häfen, Brücken oder Müll- und
Kläranlagen zu quantifizieren.
·
Das
Humankapital
(Human Capital) entsteht
durch das Wissen, die Fach- und Sozialkom-
petenz, die Motivation und das Potenzial der
Mitarbeiter.
·
Das
Strukturkapital
(Intellectual Capital)
besteht aus dem geistigen Eigentum wie
etwa Patenten, Rechten, Marken oder Soft-
ware und dem Organisationskapital, welches
die Leistungsfähigkeit der internen Organisa-
tion beschreibt. Das Organisationskapital
umfasst die betrieblichen Prozesse, Innovati-
onen, Standortmerkmale, Führungsqualitä-
ten und die Unternehmenskultur.
·
Das
Sozial- und Beziehungskapital
(Social
& Relationship Capital) beinhaltet die Anzahl,
Stärke und das wirtschaftliche Potenzial von
Beziehungen und Partnerschaften in der ge-
samten Wertschöpfungskette. Hierzu zählen
insbesondere Beziehungen zu Kunden, Lie-
feranten, Kapitalgebern sowie Entwick-
lungs-, Service- und Vertriebspartnern.
·
Das
Umweltkapital
(Natural Capital) quanti-
fiziert die Nutzung ökologischer Ressourcen
wie etwa Wasser, Land, Wälder oder Luft
und deren Auswirkung auf die betriebliche
Geschäftstätigkeit.
Die integrierte Berichterstattung soll zeigen,
wie durch Kombination finanzieller, ökologi-
scher und sozialer Aspekte das Unternehmen
Wertsteigerungen in sämtlichen Kapitalarten
für seine Finanzkapitalgeber sowie andere Sta-
keholder, wie etwa die Mitarbeiter oder Gesell-
schaft, erzielt. Hierfür werden Informationen
über Strategie, Geschäftsmodell, Führung, Cor-
porate Governance, betriebliche Leistungen
und Zukunftsaussichten miteinander verzahnt.
Die Darstellung des Geschäftsmodells und die
Erklärung der Transformation der Produktions-
faktoren entlang der Wertschöpfungskette sol-
len den Prozess der Werterzeugung verdeutli-
chen. Beim Integrated Reporting wird also nicht
von 83% im Jahr 1975 auf 16% in 2015. Die
Bilanz bildet offensichtlich einen wesentlichen
Anteil des Unternehmenswerts nicht mehr ab.
Die wirklichen Werttreiber bleiben damit ver-
borgen, denn „not everything that can be coun-
ted counts, and not everything that counts can
be counted“
2
.
Um zu wissen, welche Rolle diese immateriellen
Ressourcen für die Steigerung des Unterneh-
menswerts spielen, sind sie systematisch zu
identifizieren und messbar zu machen. Da eine
monetäre Bewertung äußerst schwierig, wenn
nicht gar unmöglich ist, erfolgt diese Quantifi-
zierung meist mithilfe mehrdimensionaler
Kennzahlen.
Eine integrierte Berichterstat-
tung umfasst deshalb sowohl materielle als
auch immaterielle Faktoren
und soll zeigen,
wie diese heute und in Zukunft den Unterneh-
menserfolg bestimmen.
Integrated Reporting
liefert neue Einblicke
Das Integrated Reporting ist eine unter
röffentlichte Leit-
linie zur weltweiten Neuausrichtung der Unter-
nehmensberichterstattung des
International
Integrated Reporting Committee (IIRC)
. Das
IIRC ist eine private Initiative, die von einer Viel-
zahl an öffentlichen und privaten Institutionen
unterstützt wird. Darunter sind u. a. das Inter-
national Accounting Standards Board, das Fi-
nancial Accounting Standards Board, Regie-
rungs- und Nichtregierungsorganisationen wie
etwa Transparency International, Vorstände in-
ternationaler Großunternehmen, Wissenschaft-
ler sowie Vertreter großer Wirtschaftsprüfungs-
und Beratungsgesellschaften. Die Zusammen-
setzung des IIRC verdeutlicht den hohen Stel-
lenwert, welches das Konzept für die globale
Berichterstattung zukünftig aller Voraussicht
nach einnehmen wird.
Das IIRC unterscheidet
sechs Kapitalarten
,
welche den Einfluss unterschiedlicher Ressour-
cen auf die künftige Wertentwicklung eines Un-
ternehmens quantifizieren sollen:
4
·
Das
Finanzkapital
(Financial Capital) um-
fasst sämtliche finanziellen Ressourcen.
·
Das
Produktionskapital
(Manufactured
Capital) besteht aus den Sachanlagen und
Abb. 2: Der Prozess des Integrated Reporting
5
Integrated Reporting bei adidas / ICV-Nachwuchspreis