Controller Magazin 4/2017 - page 77

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Bereits seit den neunziger Jahren stehen Wert-
schöpfungsketten und wertschöpfende Prozes-
se in vielen Unternehmen im Fokus des Pro-
zessmanagements. Durch die zunehmende di-
gitale Vernetzung werden die Optimierung von
kunden- und wertschöpfungsorientierten Pro-
zessen (Stichworte: Industrie 4.0, digitale
Transformation) weiter forciert. Eine vergleich-
bare Entwicklung im Sinne von „Administration
4.0“ ist zumindest in Medien bzw. in Publikati-
onen kaum nachvollziehbar.
Bleiben deshalb die Potenziale administrativer
Prozesse in vielen Unternehmen ungenutzt?
Schon angesichts der in den vergangenen Jah-
ren umgesetzten Auslagerungen von „adminis-
trativen“ Finanz- und HR-Prozessen in Shared
Service Center ist die Pauschalierung einer sol-
chen Aussage sicherlich nicht haltbar. Trotz-
dem stellt sich für Führungskräfte natürlich die
Frage nach einer „Standortbestimmung“ admi-
nistrativer Prozesse und welche Schlussfolge-
rungen für ihre Prozesse, ihr Unternehmen zu
ziehen sind. Diese Standortbestimmung war
das Ziel einer Studie, die das Unternehmen
Braincourt im Jahr 2016 durchgeführt hat.
Die vorliegenden und hier auf die wichtigsten
Positionen fokussierten Studienergebnisse
können damit zur Reflektion der eigenen Positi-
onierung und Aktivitäten genutzt werden.
Im Rahmen der Studie standen insbesondere
folgende Fragen im Vordergrund:
·
Welche Bedeutung hat das Prozessmana-
gement für administrative Prozesse im
Vergleich zu wertschöpfenden Prozessen?
·
Welche Optimierungspotenziale und „Poten-
zialtreiber“ haben administrative Prozesse?
·
Welche Rolle wird das Prozessmanagement
für administrative Prozesse in Zukunft ein-
nehmen?
Rolle des Prozessmanagements
Mit den Methoden des Prozessmanagements
können Prozesse im Unternehmen an bestehen-
de und insbesondere an veränderte Anforde-
rungen und neue Technologien angepasst wer-
den. Diese Anpassung und die damit beabsich-
tigte Optimierung von Prozessen ist in der Pra-
xis von zahlreichen Einflussfaktoren bestimmt.
Ist im Unternehmen die „Kernphilosophie“ des
Prozessmanagements verankert, so werden
Prozesse kontinuierlich durch Führungskräfte
und eingebundene Mitarbeiter verbessert. In
der Regel erfordert diese Ausrichtung eine offe-
ne und wertschätzende Unternehmenskultur.
Diskontinuierliches Prozessmanagement setzen
Unternehmen und Organisationseinheiten ein,
die Prozesse sprunghaft, häufig in einer Art Ra-
dikalkur anpassen und bewährte Prozesse über
Jahre nicht verändern. Dies muss nicht unbe-
dingt falsch sein, kann aber dann im Extremfall
dazu führen, dass neben der (internen) Wettbe-
werbsfähigkeit und unzureichender Perfor-
mance auch das Image von Organisationsein-
heiten und Personen in Mitleidenschaft gezogen
werden. In der Praxis bedeutet dies, dass Pro-
zesse völlig neu aufgebaut und die Menschen
für diese einschneidenden Veränderungen ge-
CM Juli / August 2017
Das schlummernde Potenzial der
administrativen Prozesse
von Stefan Kloos
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