CONTROLLER Magazin 6/2017 - page 66

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bündel komplett, da der Kunde letztlich kein
Sachgut, sondern eine auf dem Sachgut basie-
rende umfassende Dienstleistung als seine
Problemlösung, z. B. eine bestimmte Förder-
menge für seine Prozesse, nachfragt.
Auch aufgrund unterschiedlicher Ausprägun-
gen industrieller Betreibermodelle in der Praxis
hat sich noch keine eindeutige Definition durch-
gesetzt. Die Spanne der Betreibermodelle
reicht dabei von der reinen Verantwortungsde-
legation zum Betreiben der Anlage bis hin zu
Betrieb und Finanzierung der Anlage während
der Betriebsphase. Hier übernimmt der Inves-
titionsgüterhersteller ggfs. unter Einbindung
eines Finanzierungspartners das gesamte
operative Geschäft, einschließlich der Assets,
nach dem Prinzip „pay per use“ bzw. „pay per
performance“.
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Drei HLB-Geschäftsmodelle
Einige Geschäftsmodelle auf Basis hybrider
Leistungsbündel weichen daher stark von den
traditionellen Ein- und Auszahlungsströmen im
Investitionsgütergeschäft ab. Drei grundlegende
HLB-Geschäftsmodelle lassen sich hierbei
unterscheiden:
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1. Funktionsorientiertes HLB-Geschäfts-
modell
Dem Kunden wird die Funktionsfähigkeit einer
durch ihn beauftragten Sachleistung durch die
Integration von produktbegleitenden Dienstleis-
tungen zu einem HLB garantiert; notwendige
Dienstleistungen werden hierbei anders als
beim reinen Anlagengeschäft bereits bei der
Planung und Entwicklung berücksichtigt. Zu
Beginn der Betriebsphase findet nach wie vor
ein Eigentumsübergang der Sachanlage zum
Kunden statt. Dienstleistungen während der
Betriebsphase werden i.d.R. einzeln über einen
Wartungsvertrag o.ä. abgerechnet. Ein- und
Auszahlungsströme unterscheiden sich damit
wenig von dem traditionellen Investitionsgüter-
geschäft, wobei, aufgrund der systematischen
Planung und Entwicklung der HLB-Dienstleis-
tungsanteile, produktbegleitende Dienstleistun-
gen feste Bestandteile des Geschäftsmodells in
der Betriebsphase darstellen und somit auch
bei einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Be-
rücksichtigung finden sollten.
Dienstleistungen vor, die dem Hersteller ermög-
lichen, seine Umsatzerlöse zu stabilisieren; dies
gilt insbesondere in konjunkturschwachen Pha-
sen, wenn die Nachfrage nach Neuanlagen zu-
rückgeht, dafür meist aber der Bedarf an Er-
satzteilen, Wartung und Instandhaltung steigt.
Produktbegleitende Dienstleistungen werden
hierbei in den in Abbildung 4 dargestellten Stu-
fen angeboten, denen unterschiedliche Ge-
schäftsmodelle zugrunde liegen. Handelt es
sich in der Stufe 1 lediglich um ein informelles
Serviceangebot, das meist auf Wunsch des
Kunden ohne vertragliche Vereinbarung ausge-
löst wird, so basiert die Stufe 2 auf unter-
schiedlichen Varianten von Dienstleistungsver-
trägen; diese reichen von reinen Inspektions-
verträgen, bei denen sich der Hersteller ledig-
lich verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des
Investitionsobjekts zu überprüfen, bis hin zu
Full-Service-Verträgen. Bei letzteren garantiert
der Hersteller meist eine umfassende Verfüg-
barkeit von Servicetechnikern bis hin zu Min-
destverfügbarkeiten der Anlage.
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Auf diesen
Verfügbarkeitsgarantien basieren schließlich
industrielle Betreibermodelle in Stufe 3. Hier
verschwimmt nun die Grenze zwischen Sachgut
und Dienstleistung zum hybriden Leistungs-
gleich auch produktbegleitende Dienstleis-
tungen angeboten wurden. Diese galten indes
nicht als strategischer Erfolgsfaktor. Die An-
schaffungskosten hingegen machen bei-
spielsweise bei einer Werkzeugmaschine nur
ein Drittel der Lebenszykluskosten aus. Der
viel größere Block fällt, wie in Abbildung 3
dargestellt, erst nach der Beschaffung in der
Betriebsphase an; so betragen allein die Kos-
ten für die produktbegleitenden Dienstleis-
tungen Instandhaltung und Wartung während
einer zehnjährigen Betriebsphase rund 35%
der gesamten Lebenszykluskosten einer
Werkzeugmaschine, und liegen damit in der
Größenordnung der eigentlichen Maschinen-
beschaffung.
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Produktbegleitende Dienstleistungen
in 3 Stufen
Neben der wettbewerblichen Motivation bieten
produktbegleitende Dienstleistungen den In-
dustrieunternehmen folglich ein erhebliches
Umsatzpotenzial über die Anschaffungsphase
hinaus. Während der Betriebsphase liegt ein
kontinuierlicher Bedarf an produktbegleitenden
Abb. 4: Von der Feuerwehrmethode zu Betreibermodellen hybrider Leistungsbündel
Abb. 3: Verteilung der Kosten im Lebenszyklus einer technischen Anlage nach (Freund 2010, S. 13)
Controlling produktbegleitender Dienstleistungen
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