CONTROLLER Magazin 6/2017 - page 65

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Herausforderung für das Controlling
Das Controlling steht in diesem Kontext vor
zahlreichen Herausforderungen, die zum einen
in der Leistungserstellung und Struktur dieser
Produkte, zum anderen in neuen Geschäftsmo-
dellen, deren Grundlagen diese Produkte bil-
den, begründet sind. Führt die Verknüpfung von
Sach- und Dienstleistungen bei der Leistungs-
erstellung dazu, dass traditionelle Controlling-
Instrumente aus dem industriellen Bereich, wie
z. B. die Produktkalkulation mit ihren klaren Da-
tenstrukturen mit denen aus dem Bereich des
Dienstleistungscontrollings, wie z. B. der Pro-
zesskostenrechnung mit ihren Adaptionen und
eher erfahrungsbasierten Ansätzen, kombiniert
werden müssen, so stellen die neuen Ge-
schäftsmodelle spezielle Anforderungen an die
Berechnung der Wirtschaftlichkeit bzw. des
Wertbeitrags von Maßnahmen im Zusammen-
hang mit Produkt-Service-Kombinationen. Ins-
gesamt steht das Controlling damit vor erhöhter
Unsicherheit und Komplexität.
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Von produktbegleitenden
Dienstleistungen zu hybriden
Leistungsbündeln
Das traditionell margenträchtige Servicege-
schäft mit Ersatzteillieferungen und Wartungs-
arbeiten trägt im Maschinenbau nach wie vor
zu einem großen Teil der Umsätze und Gewin-
ne bei, steht jedoch aufgrund der Standardi-
sierung bei Ersatzteilen und Wartungsprozes-
sen mehr und mehr unter einem Margen-
druck. So ist der erste Ansprechpartner hier
häufig nicht mehr der OEM-Anbieter, sondern
vielmehr der günstigere Drittanbieter. In der
Folge müssen sich Maschinenbauunterneh-
men stärker auf innovative Dienstleistungen,
wie z. B. Remote Monitoring, Leistungssteige-
rungsupdates oder Refits vorhandener Anla-
gen sowie Beratungsdienstleistungen fokus-
sieren.
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Produktbegleitende Dienstleistungen
als Anreicherung zum Sachgut sind ein Schritt
auf diesem Weg. Der Zentralverband der Elek-
trotechnischen Industrie definiert produktbe-
gleitende Dienstleistungen wie folgt:
„Produkt-
begleitende Dienstleistungen werden im Zu-
sammenhang mit der industriellen Fertigung
von Geräten, Systemen und Anlagen erbracht
und ermöglichen dem Anwender deren spezifi-
sche Nutzung.“
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Bei diesem Ansatz treten pro-
duktbezogene Dienstleistungen hinzu, die mit
dem Sachgut in einem
a) engen
physischen
Zusammenhang stehen,
wie z. B. die Wartung und Instandhaltung,
sowie solche, die in einem
b) engen
ökonomischen
und
organisatori-
schen
Zusammenhang stehen, wie z. B. Be-
ratung und Projektierung, Schulung der Kun-
den oder Finanzierung des Investitionsgutes.
Noch weitergehender ist dann die Gestaltung
hybrider Leistungsbündel (HLB), bei denen
als neue Wertschöpfungsform die Produkt-
und Dienstleistungsbestandteile hoch integ-
riert angeboten werden.
Bei diesen Leis-
tungsbündeln ist eine Unterteilung von
Sach- und Dienstleistung kaum mehr
möglich
, vielmehr steht die kundenindividu-
elle Problemlösung, bei denen Kunden keine
Güter, sondern Lösungen für ihre Probleme
oder Prozesse nachfragen, im Vordergrund
der Betrachtung.
Ein neues Produktverständnis entsteht
Ein hybrides Produkt bzw. ein hybrides Leis-
tungsbündel setzt sich aus einer speziell aufei-
nander abgestimmten Kombination von Sach-
und Dienstleistungen zusammen und ist auf die
individuellen Bedürfnisse des Kunden ausge-
richtet. Es ist dabei durch die integrierte syste-
matische Planung, Entwicklung, Erbringung
und Nutzung von Sach- und Dienstleistungsan-
teilen bzw. -modulen gekennzeichnet.
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Ein HLB
begründet damit ein neues Produktverständnis,
bei dem auch dem Kunden als externem Faktor
des Dienstleistungsprozesses eine stärkere
Rolle als bisher zufällt. Durch diese intensivere
Kooperation zwischen Anbieter und Kunden
über den gesamten Lebenszyklus des Produk-
tes ergeben sich veränderte Eigentums- und
Verantwortungsverhältnisse und damit schließ-
lich neue Geschäftsmodelle für den Anbieter
von Investitionsgütern.
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Lebenszyklusorientierte
Geschäftsmodelle hybrider
Leistungsbündel
Investitionsgüter durchlaufen verschiedene
Nutzungsphasen, die insgesamt als Lebens-
zyklus verstanden werden können. Ihr Le-
benszyklus reicht von der Planung über die
Entwicklung/Konstruktion, die Herstellung/
Errichtung, die Inbetriebnahme, den Betrieb,
ggfs. einen Umbau oder die Optimierung bis
schließlich zur Entsorgung.
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Die Konzentration
der Industrieunternehmen lag in der Vergan-
genheit als Hersteller von Investitionsgütern
auf den ersten Phasen des Lebenszyklus, ob-
Abb. 2: Die Grenzen von Sach- und Dienstleistungen verschwimmen (nach Meier; Uhlmann 2012, S. 4)
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