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Die Prozesskostenrechnung bildet die Kosten-
grundlage für Prozessoptimierungsmaßnah-
men. In Kombination mit Qualitätskennziffern
kann eine umfassende Prozessbetrachtung
erfolgen. Durch die eigenständige Analyse der
verantwortlichen Fachbereiche konnten be-
reits erste Ergebnisse erzielt werden. U. a.
wurden stark manuelle Tätigkeiten und Abwei-
chungen vom Standardprozess durch Fehler
als signifikante Ursachen für hohe Prozesskos-
ten identifiziert. Als weitere Analysemöglich-
keit können Prozesskostensätze perspekti-
visch über eine Zeitreihe verglichen werden
und somit bspw. Einsparungen nach der
Durchführung von Optimierungsmaßnahmen
messbar gemacht werden.
Durch die Verteilung der Gemeinkosten auf
Produkte oder Produktgruppen können Preise
verursachungsgerecht kalkuliert werden. Kos-
teninformationen zu einzelnen Gemeinkosten-
bestandteilen liegen durch die Prozesskosten-
rechnung in hoher Granularität vor. Dies unter-
stützt auch bei der Konfiguration neuer Produk-
te. Einzelne Komponenten wie bspw. Online-
oder Papierabrechnung können anhand ihrer spe-
zifischen Kosten bewertet und entsprechend
bei der Produktzusammensetzung berücksich-
tigt werden. Dies kann zu einer vorteilhaften
Positionierung des Produktes am Markt führen.
sionen Segment, Prozess, Kostenart, Gesell-
schaft und Bereich. Ergänzend werden An-
haltspunkte hinsichtlich der Leistungsmen-
genabhängigkeit der Kosten dargestellt. De-
taillierte Informationen für einzelne Prozesse
können aus dem Bericht zur Prozessanalyse
entnommen werden (vgl. Abbildung 5). Dieser
beinhaltet neben der tabellarischen Darstel-
lung der Kosten je Kostentreiber und entspre-
chender Häufigkeiten auch eine graphische
Darstellung der Anteile von leistungsmengen-
induzierten und -neutralen Kosten sowie das
Verhältnis von Eigen- zu Fremdpersonal. Nach
Freigabe des Dashboards durch die Prozess-
verantwortlichen wurden die Ergebnisse ge-
meinsam durch Fachbereich und Controlling
interpretiert.
Prozesskostenrechnung bildet
Kern der Kostensteuerung
Auf Basis der Erfahrungen während der Einfüh-
rung und des ersten Praxiseinsatzes hat sich
bestätigt, dass die Prozesskostenrechnung
vielfältige Einsatzmöglichkeiten bietet und bei
der Steuerung von Prozessen und deren Kosten
unterstützt. Im Wesentlichen konnten bei E.ON
fünf Anwendungsfelder identifiziert werden (vgl.
Abbildung 6).
Datenvisualisierungs-Software
vereinfacht Reporting
Die mehrdimensionalen Auswertungsmöglich-
keiten führen zu einer hohen Granularität und
Komplexität im Reporting. Im Rahmen des Pro-
totyps wurde das Reporting in MS Excel reali-
siert. Aufgrund fehlender dynamischer Analy-
semöglichkeiten, hohem manuellen Aufwand
und Fehleranfälligkeit hat sich E.ON in der Um-
setzungsphase für die Einführung einer moder-
nen Datenvisualisierungs-Software
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entschie-
den. Kernpunkt bei der Implementierung war
die Entwicklung von zielgruppenorientierten
und dynamischen Berichten sowie die automa-
tisierte Verarbeitung der Datenlieferung aus
den Fachbereichen. Standardberichte in Dash-
board-Form mit Drill-Down-Möglichkeiten ge-
nerieren vielfältige Blickwinkel auf die einzelnen
Prozessebenen. Die Berichte können durch den
User auf die individuellen Bedürfnisse ange-
passt, lokal gespeichert und in verschiedene
Formate exportiert werden.
Die praktische Erfahrung hat gezeigt, dass
eine anwenderfreundliche Aufbereitung der
Ergebnisse maßgeblich die Verwendung und
Akzeptanz beeinflusst. Die Übersichtsseite
(vgl. Abbildung 4) bietet einen schnellen Über-
blick zu Kostenschwerpunkten in den Dimen-
Abb. 5: Dashboard-Bericht – Detailseite (illustrative Zahlen)
Prozess
Kosten
In % Ø Kosten Treiber Ebene 1
Häufigkeit
Ø Kosten Treiber Ebene 2
Totals
94,53 Mio € 100 %
Abrechnung
15,02 Mio € 15,9 % 3,08 €
Pro Bestandskunde = 1,54
x 2,01 €
Pro Abrechnung
Kundenbetreuung 3,26 Mio € 3,4 % 0,67 €
Pro Bestandskunde = 1,47
x 0,46 €
Pro Kundenkontakt
Beschwerde-
management
2,81 Mio € 3,0 % 0,58 €
Pro Bestandskunde = 0,03
X 19,33 €
Pro Beschwerde
Periode
Prozess
Abhängigkeit LM
Segment
Bereich
XQ
22%
XS
19%
XO
15%
XA
31%
XD
13%
Je Kostenart
Eigen-
personal
42%
Dienstleistung
22%
IT-
Aufwand
18%
Sonstiges
17%
Je Bereich
Leistungsmengenabhängig vs.
leistungsmengenneutral
0%
100%
0%
100%
Dienstleister vs.
Eigenpersonal
CM November / Dezember 2016