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            Aus Kundensicht nicht relevant,
          
        
        
          
            aus Unternehmenssicht komplex
          
        
        
          Kunden interessiert die Leistung, welche sie
        
        
          erwerben, nicht wie diese erstellt wurde. Zwar
        
        
          sind die Arbeitsbedingungen bei Produzenten
        
        
          in Entwicklungsländern ein Thema wachsen-
        
        
          der Bedeutung, für den produzierenden Mit-
        
        
          telstand in Deutschland ist die Frage jedoch
        
        
          weniger von Belang.
        
        
          Die Leistungserstellung ist für jedes Unterneh-
        
        
          men grundsätzlich komplex, gilt es doch im
        
        
          Wettbewerb den Spagat zwischen Kosten und
        
        
          Qualität zu lösen und die Mitbewerber auf Dis-
        
        
          tanz zu halten. Dennoch gibt es viele Aufgaben
        
        
          um die eigentliche Leistung herum, welche
        
        
          ebenfalls durch Komplexität gezeichnet sind.
        
        
          Für ein produzierendes Unternehmen kön-
        
        
          nen diese bspw. der Versicherungsschutz,
        
        
          die Altersversorge der Mitarbeiter oder
        
        
          der Schutz geistigen Eigentums und die
        
        
          Entscheidung für ein bestimmtes ERP-
        
        
          System sein.
        
        
          Dass mit diesen Entscheidungen oft erhebliche
        
        
          Kosten verbunden sind, ist den Verantwortli-
        
        
          chen bei der Entscheidung für oder wider eine
        
        
          Lösung bewusst. Aufgrund schwierig zu ver-
        
        
          gleichender Angebote und heterogener Ver-
        
        
          trags- und Zahlungskonditionen verbleibt bei
        
        
          allem Bemühen, eine optimale Lösung zu fin-
        
        
          den, ein zwiespältiges Gefühl. Insbesondere im
        
        
          Mittelstand werden entsprechende Aufgaben
        
        
          oftmals zusätzlich zur eigentlichen Tätigkeit
        
        
          wahrgenommen; eine Diskussion auf Augenhö-
        
        
          he mit den Anbietern ist so kaum möglich. Die-
        
        
          se Situation sich und anderen einzugestehen,
        
        
          ist die Grundlage möglicher Verbesserungen.
        
        
          Jene sehen einfach aus: Geld ausgeben, an-
        
        
          stelle von Geld einsparen.
        
        
          Externer Rat ist
        
        
          einzukaufen, wenn nicht dauerhaft eigene
        
        
          Kapazitäten aufgebaut werden.
        
        
          Dabei ist
        
        
          hinterfragen und das bisherige Vorgehen the-
        
        
          matisieren. Häufig können einzelne Bezugs-
        
        
          gruppen über spezialisierte Händler erworben
        
        
          werden. Mittels Intranetlösungen wird die Be-
        
        
          darfsanzeige vereinfacht und die Verfolgung
        
        
          der Verbrauchsmengen ermöglicht. Zwar las-
        
        
          sen sich für einzelne Positionen immer preis-
        
        
          wertere Anbieter finden; werden jedoch die
        
        
          Gesamtkosten der Beschaffung einbezogen,
        
        
          zeigt sich rasch die Vorteilhaftigkeit einer zen-
        
        
          tralen Lösung. Auch wenn diese nicht ideal-
        
        
          typisch umgesetzt werden kann, sollte
        
        
          vor
        
        
          der Beschaffung einzelner Güter eine be-
        
        
          triebsinterne Abfrage erfolgen, damit
        
        
          zeit- und kostenintensive Doppeltvorgän-
        
        
          ge vermieden werden.
        
        
          Damit setzt das Con-
        
        
          trolling das Konzept der
        
        
          „total cost of ow-
        
        
          nership“
        
        
          auch in diesem Bereich um, meist
        
        
          erstmalig.
        
        
          Eine zentrale Beschaffung versetzt das Cont-
        
        
          rolling in die Lage, die Verbrauchsgröße über-
        
        
          haupt zu ermitteln und zu plausibilisieren. In
        
        
          einem weiteren Schritte können Kennzahlen,
        
        
          bspw. pro relevanten Mitarbeiter, ermittelt
        
        
          werden, die bei ungewöhnlich hohen Ergeb-
        
        
          nissen Anlass zu gezieltem Nachfragen ge-
        
        
          ben. Hier stehen typischerweise
        
        
          Artikel im
        
        
          Blickpunkt, welche auch einer privaten
        
        
          Nutzung dienen können.
        
        
          Ob Kaffee oder Ar-
        
        
          beitshandschuhe, Tabs von Geschirrspülma-
        
        
          schinen oder Pakete von Kopierpapier, oft
        
        
          werden interessante Ergebnisse gewonnen.
        
        
          Plakative Kenngrößen zeigen mögliche Ver-
        
        
          schwendung und/oder Missbrauch auf. Kom-
        
        
          men Mitarbeiter der Produktion durchschnitt-
        
        
          lich drei Tage mit einem Paar Arbeitshand-
        
        
          schuhen aus oder verbraucht die Geschirr-
        
        
          spülmaschine vier Tabs pro Arbeitstag,
        
        
          sprechen die Zahlen für sich und weisen auf
        
        
          weiteren Klärungsbedarf hin.
        
        
          zu realisieren und so die Akzeptanz der Be-
        
        
          troffenen auch bei komplexeren Aufgaben zu
        
        
          gewinnen.
        
        
          Damit kann das Controlling bereits bei Projekt-
        
        
          beginn verdeutlichen, dass kurzfristiges Spa-
        
        
          ren kein Allheilmittel ist; allerdings in den Be-
        
        
          reichen, in denen es sinnvoll ist, konsequent
        
        
          angestrebt und umgesetzt wird.
        
        
          
            Aus Kundensicht nicht relevant,
          
        
        
          
            aus Unternehmenssicht nicht
          
        
        
          
            komplex
          
        
        
          Hier erscheinen oft alle Möglichkeiten längst
        
        
          ausgeschöpft. Für Arbeitsausstattung und Bü-
        
        
          roartikel, Gästebewirtung und Betriebsstoffe
        
        
          werden mehrere Angebote eingeholt und die
        
        
          preiswerteste Lösung konsequent ausgewählt.
        
        
          Diese Betrachtung ist, auf den einzelnen Vor-
        
        
          gang bezogen, richtig; allerdings werden die
        
        
          gesamten Kosten der Beschaffung selten er-
        
        
          fasst. Dann fährt ein Mitarbeiter während der
        
        
          Arbeitszeit zu einem Supermarkt, um auf Ba-
        
        
          sis der aktuellen Angebote Kaffee für die Gäs-
        
        
          tebewirtung zu kaufen. Ein anderer stellt fest,
        
        
          dass die Arbeitshandschuhe ausgehen und
        
        
          beschafft diese bei einem Baumarkt, nicht
        
        
          ohne vorher drei Anbieter angerufen zu haben.
        
        
          Dass hier der Zeitaufwand und die Arbeitskos-
        
        
          ten in keinem Verhältnis zu möglichen Einspa-
        
        
          rungen stehen, bleibt unbeachtet. Anderseits
        
        
          werden auch größere Mengen eingekauft, wo-
        
        
          bei Sicherheitsschuhe einer bestimmten Grö-
        
        
          ße einmal verwendet werden und nach Aus-
        
        
          scheiden des Mitarbeiters über Jahre im Be-
        
        
          stand bleiben. Benötigt dann ein neuer Mitar-
        
        
          beiter einmal die vorhandene Größe, ist das
        
        
          Modell veraltet.
        
        
          Hier kann das Controlling für exemplarische
        
        
          Positionen die Gesamtkosten der Beschaffung
        
        
          
            Abb. 2: Leistungskomplexität und Kundensicht
          
        
        
          
            CM November / Dezember 2016