CONTROLLER_MAGAZIN_04/2016 - page 71

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Problem:
Laut einer Studie der Commerzbank
AG (Unternehmerperspektiven 2014) schätzen
Volkswirte die mittelständische Investitions­
tätigkeit kritisch ein. Der Grund hierfür liegt
u. a. in einer
mangelnden Nachfolgeplanung
.
Mittelständische Unternehmen beschäftigen
sich häufig zu spät mit dem Thema der Nach-
folgeregelung, wodurch schwerwiegende Pro­
blematiken bezüglich des Investitions- und
Finanzcontrollings entstehen können.
Ziel:
Nachfolgeplanung in mittelständischen
Unternehmen aktiv und präventiv in Angriff
nehmen.
Methode:
Einrichtung eines Notfallkoffers zur
professionellen, individuellen und rechtzeitigen
Nachfolgeplanung im Mittelstand.
Beschreibung:
Inhaber mittelständischer Un-
ternehmen meiden häufig Gespräche über das
Thema Nachfolgeplanung, da sie aktuell keine
Relevanz für die Änderung der Unternehmens-
führung sehen. Spätestens
fünf Jahre vor
dem geplanten Austritt
aus dem Unterneh-
men ist es jedoch ratsam, sich Gedanken über
den Fortbestand des Unternehmens zu ma-
chen. Es ist auch an einen plötzlichen Ausfall
des Firmeninhabers durch einen Unfall, Krank-
heit oder Tod zu denken. Wird eine Nachfolge-
planung unterlassen, kann dies diverse negati-
ve Auswirkungen für die Fortführung des Un-
ternehmens mit sich bringen, die ebenso die
Arbeitsplätze vieler Mitarbeiter gefährden.
Für das Investitions- und Finanzcontrolling erge-
ben sich daraus die folgenden Problematiken:
·
·
Gibt es keine geregelte Nachfolge, herrscht
bei Alteigentümern vor ihrem Rückzug aus
dem Unternehmen eine hohe Unsicherheit
vor: Kann eine Amortisation der Investition
während der aktiven Zeit noch erreicht wer-
den? Wie kann eine entsprechende Finanzie-
rung der Investition sichergestellt werden?
Lässt sich diese Unsicherheit nicht vermin-
dern, kann dies dazu führen,
dass Investiti-
onen zur Aufrechterhaltung der Wettbe-
werbsfähigkeit aufgeschoben oder sogar
unterlassen werden.
·
·
Fehlt eine Nachfolgeplanung, kann sich das
negativ auf die Ratingsituation des Mittel-
ständlers
auswirken, wodurch die Möglich-
keiten der Fremdfinanzierung sowie der Zu-
gang zu innovativen Finanzierungsformen,
wie Mezzaninekapital oder Schuldscheindar-
lehen, zur Finanzierung erforderlicher Investi-
tionen erschwert bzw. verteuert werden kön-
nen. Dieses kann so weit gehen, dass der Fir-
meninhaber eine Finanzierung der relevanten
Investitionen über fremde Mittel gänzlich ab-
lehnt und sich damit den Finanzierungs- und
Investitionsspielraum unnötig einschränkt.
·
·
Bei einem plötzlichen Ausfall des Firmenlenkers
und ohne Nachfolgeplan kann es zudem durch-
aus vorkommen, dass einerseits Lieferanten die
Zahlungsziele auf einmal verkürzen oder ande-
rerseits Kunden Zahlungsziele verlängern,
was
zu Lasten der künftigen Liquidität geht
.
·
·
Im schlimmsten Fall sind das gesamte Firmen-
wissen und sämtliche Vollmachten in einer
Person gebündelt, was bei Tod dieser Person
bis zur Handlungsunfähigkeit und
Insolvenz
des Unternehmens
führen kann.
Handlungsempfehlung:
Um den aufgezeigten
Schwierigkeiten für das Investitions- und Fi-
nanzcontrolling entgegenzuwirken, empfiehlt
sich die rechtzeitige Einrichtung eines „Notfall-
koffers“. Mithilfe eines Notfallkoffers können
das Rating sowie der Zugang zu weiteren Finan-
zierungsquellen verbessert und somit die Finan-
zierung erforderlicher Investitionen gesichert
werden.
Ein Notfallkoffer beinhaltet alle
wichtigen Informationen für die Fortfüh-
rung des Unternehmens im Ernstfall.
Hier-
unter fallen beispielsweise der Nachfolgeplan
selbst (Übergabe innerhalb der Familie, an ein
bestehendes Managementteam im Rahmen ei-
nes MBOs oder MBIs, oder der Verkauf an Drit-
te), Gesellschafterverträge, Vollmachten, Pass-
wörter, Versicherungen, Testament, Prozessab-
läufe und Zuständigkeiten. Zusätzlich ist es rat-
sam,
vertraute Mitarbeiter in Planungen mit
einzubeziehen und das vorhandene Know-
how stetig mit ihnen zu teilen.
Mithilfe dieser
Dokumente ist das Unternehmen auch ohne den
Kopf des Ganzen für die Zukunft gewappnet.
Ausblick:
Gerade im Hinblick auf den demogra-
fischen Wandel und den ansteigenden Fach-
kräftemangel wird das Thema Nachfolge­
planung im Mittelstand in Zukunft weiter an
Bedeutung gewinnen. Deshalb sind mittelstän-
dische Unternehmen dazu angehalten, die Pla-
nung der Nachfolge weiter in den Fokus zu
rücken und als ersten Schritt in Richtung Fort-
bestand des Unternehmens mit einem frühzei­
tigen Screening nach möglichen Nachfolge­
optionen zu beginnen.
Ausgewählte Literatur:
Commerzbank AG:
Vorsicht versus Vision:
Investitionsstrategien im Mittelstand, 2014
KFW:
Nachfolgeplanungen im Mittelstand auf
Hochtouren, Nr. 91, 23. April 2015
IfM Bonn:
Das Zukunftspanel, 2014 Mittel-
stand
Notfallkoffer im Mittelstand
von Carola Spiecker-Lampe
und Jennifer Köhlenbeck
Sprecher dieser Artikelreihe: Prof. Dr. Nicole Jekel,
Daum (Rechnungswesen, Projektcontrolling), Prof.
Dr. Nicole Jekel (Performance, Marketing-Control-
ling, Gamification), Prof. Dr. Heike Langguth (Finan-
zierung, Investition, Unternehmensbewertung), Prof.
Dr. Hans Schmitz (Controlling und IT, Controlling und
Verhalten), Prof. Dr. Carsten Wilken (Controlling für
den Mittelstand)
Autorinnen
Prof. Dr. Carola Spiecker-Lampe
ist seit 2011 Professorin für BWL, Finanzwirt-
schaft und Intern. Management an der Hoch-
schule Bremen. Sie lehrt außerdem als Dozen-
tin am International Graduate Center (IGC)
Bremen und ist Mitglied im Arbeitskreis der
Controlling-Professoren an Hochschulen.
E-Mail:
Jennifer Köhlenbeck
hat Betriebswirtschaftslehre B.A. mit den
Schwerpunkten Finanzwirtschaft und Control-
ling an der Hochschule Bremen studiert. Im
Anschluss ist sie in das Familienunternehmen
Köhlenbeck Maschinenbau GmbH, Bremen
eingestiegen.
E-Mail:
Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen
Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen
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