 
          
            69
          
        
        
          Problem:
        
        
          Laut einer Studie der Commerzbank
        
        
          AG (Unternehmerperspektiven 2014) schätzen
        
        
          Volkswirte die mittelständische Investitions
        
        
          tätigkeit kritisch ein. Der Grund hierfür liegt
        
        
          u. a. in einer
        
        
          mangelnden Nachfolgeplanung
        
        
          .
        
        
          Mittelständische Unternehmen beschäftigen
        
        
          sich häufig zu spät mit dem Thema der Nach-
        
        
          folgeregelung, wodurch schwerwiegende Pro
        
        
          blematiken bezüglich des Investitions- und
        
        
          Finanzcontrollings entstehen können.
        
        
          Ziel:
        
        
          Nachfolgeplanung in mittelständischen
        
        
          Unternehmen aktiv und präventiv in Angriff
        
        
          nehmen.
        
        
          Methode:
        
        
          Einrichtung eines Notfallkoffers zur
        
        
          professionellen, individuellen und rechtzeitigen
        
        
          Nachfolgeplanung im Mittelstand.
        
        
          Beschreibung:
        
        
          Inhaber mittelständischer Un-
        
        
          ternehmen meiden häufig Gespräche über das
        
        
          Thema Nachfolgeplanung, da sie aktuell keine
        
        
          Relevanz für die Änderung der Unternehmens-
        
        
          führung sehen. Spätestens
        
        
          fünf Jahre vor
        
        
          dem geplanten Austritt
        
        
          aus dem Unterneh-
        
        
          men ist es jedoch ratsam, sich Gedanken über
        
        
          den Fortbestand des Unternehmens zu ma-
        
        
          chen. Es ist auch an einen plötzlichen Ausfall
        
        
          des Firmeninhabers durch einen Unfall, Krank-
        
        
          heit oder Tod zu denken. Wird eine Nachfolge-
        
        
          planung unterlassen, kann dies diverse negati-
        
        
          ve Auswirkungen für die Fortführung des Un-
        
        
          ternehmens mit sich bringen, die ebenso die
        
        
          Arbeitsplätze vieler Mitarbeiter gefährden.
        
        
          Für das Investitions- und Finanzcontrolling erge-
        
        
          ben sich daraus die folgenden Problematiken:
        
        
          ·
        
        
          ·
        
        
          Gibt es keine geregelte Nachfolge, herrscht
        
        
          bei Alteigentümern vor ihrem Rückzug aus
        
        
          dem Unternehmen eine hohe Unsicherheit
        
        
          vor: Kann eine Amortisation der Investition
        
        
          während der aktiven Zeit noch erreicht wer-
        
        
          den? Wie kann eine entsprechende Finanzie-
        
        
          rung der Investition sichergestellt werden?
        
        
          Lässt sich diese Unsicherheit nicht vermin-
        
        
          dern, kann dies dazu führen,
        
        
          dass Investiti-
        
        
          onen zur Aufrechterhaltung der Wettbe-
        
        
          werbsfähigkeit aufgeschoben oder sogar
        
        
          unterlassen werden.
        
        
          ·
        
        
          ·
        
        
          Fehlt eine Nachfolgeplanung, kann sich das
        
        
          negativ auf die Ratingsituation des Mittel-
        
        
          ständlers
        
        
          auswirken, wodurch die Möglich-
        
        
          keiten der Fremdfinanzierung sowie der Zu-
        
        
          gang zu innovativen Finanzierungsformen,
        
        
          wie Mezzaninekapital oder Schuldscheindar-
        
        
          lehen, zur Finanzierung erforderlicher Investi-
        
        
          tionen erschwert bzw. verteuert werden kön-
        
        
          nen. Dieses kann so weit gehen, dass der Fir-
        
        
          meninhaber eine Finanzierung der relevanten
        
        
          Investitionen über fremde Mittel gänzlich ab-
        
        
          lehnt und sich damit den Finanzierungs- und
        
        
          Investitionsspielraum unnötig einschränkt.
        
        
          ·
        
        
          ·
        
        
          Bei einem plötzlichen Ausfall des Firmenlenkers
        
        
          und ohne Nachfolgeplan kann es zudem durch-
        
        
          aus vorkommen, dass einerseits Lieferanten die
        
        
          Zahlungsziele auf einmal verkürzen oder ande-
        
        
          rerseits Kunden Zahlungsziele verlängern,
        
        
          was
        
        
          zu Lasten der künftigen Liquidität geht
        
        
          .
        
        
          ·
        
        
          ·
        
        
          Im schlimmsten Fall sind das gesamte Firmen-
        
        
          wissen und sämtliche Vollmachten in einer
        
        
          Person gebündelt, was bei Tod dieser Person
        
        
          bis zur Handlungsunfähigkeit und
        
        
          Insolvenz
        
        
          des Unternehmens
        
        
          führen kann.
        
        
          Handlungsempfehlung:
        
        
          Um den aufgezeigten
        
        
          Schwierigkeiten für das Investitions- und Fi-
        
        
          nanzcontrolling entgegenzuwirken, empfiehlt
        
        
          sich die rechtzeitige Einrichtung eines „Notfall-
        
        
          koffers“. Mithilfe eines Notfallkoffers können
        
        
          das Rating sowie der Zugang zu weiteren Finan-
        
        
          zierungsquellen verbessert und somit die Finan-
        
        
          zierung erforderlicher Investitionen gesichert
        
        
          werden.
        
        
          Ein Notfallkoffer beinhaltet alle
        
        
          wichtigen Informationen für die Fortfüh-
        
        
          rung des Unternehmens im Ernstfall.
        
        
          Hier-
        
        
          unter fallen beispielsweise der Nachfolgeplan
        
        
          selbst (Übergabe innerhalb der Familie, an ein
        
        
          bestehendes Managementteam im Rahmen ei-
        
        
          nes MBOs oder MBIs, oder der Verkauf an Drit-
        
        
          te), Gesellschafterverträge, Vollmachten, Pass-
        
        
          wörter, Versicherungen, Testament, Prozessab-
        
        
          läufe und Zuständigkeiten. Zusätzlich ist es rat-
        
        
          sam,
        
        
          vertraute Mitarbeiter in Planungen mit
        
        
          einzubeziehen und das vorhandene Know-
        
        
          how stetig mit ihnen zu teilen.
        
        
          Mithilfe dieser
        
        
          Dokumente ist das Unternehmen auch ohne den
        
        
          Kopf des Ganzen für die Zukunft gewappnet.
        
        
          Ausblick:
        
        
          Gerade im Hinblick auf den demogra-
        
        
          fischen Wandel und den ansteigenden Fach-
        
        
          kräftemangel wird das Thema Nachfolge
        
        
          planung im Mittelstand in Zukunft weiter an
        
        
          Bedeutung gewinnen. Deshalb sind mittelstän-
        
        
          dische Unternehmen dazu angehalten, die Pla-
        
        
          nung der Nachfolge weiter in den Fokus zu
        
        
          rücken und als ersten Schritt in Richtung Fort-
        
        
          bestand des Unternehmens mit einem frühzei
        
        
          tigen Screening nach möglichen Nachfolge
        
        
          optionen zu beginnen.
        
        
          Ausgewählte Literatur:
        
        
          Commerzbank AG:
        
        
          Vorsicht versus Vision:
        
        
          Investitionsstrategien im Mittelstand, 2014
        
        
          KFW:
        
        
          Nachfolgeplanungen im Mittelstand auf
        
        
          Hochtouren, Nr. 91, 23. April 2015
        
        
          IfM Bonn:
        
        
          Das Zukunftspanel, 2014 Mittel-
        
        
          stand
        
        
          
            Notfallkoffer im Mittelstand
          
        
        
          von Carola Spiecker-Lampe
        
        
          und Jennifer Köhlenbeck
        
        
          Sprecher dieser Artikelreihe: Prof. Dr. Nicole Jekel,
        
        
        
        
          Daum (Rechnungswesen, Projektcontrolling), Prof.
        
        
          Dr. Nicole Jekel (Performance, Marketing-Control-
        
        
          ling, Gamification), Prof. Dr. Heike Langguth (Finan-
        
        
          zierung, Investition, Unternehmensbewertung), Prof.
        
        
          Dr. Hans Schmitz (Controlling und IT, Controlling und
        
        
          Verhalten), Prof. Dr. Carsten Wilken (Controlling für
        
        
          den Mittelstand)
        
        
          
            Autorinnen
          
        
        
          Prof. Dr. Carola Spiecker-Lampe
        
        
          ist seit 2011 Professorin für BWL, Finanzwirt-
        
        
          schaft und Intern. Management an der Hoch-
        
        
          schule Bremen. Sie lehrt außerdem als Dozen-
        
        
          tin am International Graduate Center (IGC)
        
        
          Bremen und ist Mitglied im Arbeitskreis der
        
        
          Controlling-Professoren an Hochschulen.
        
        
          E-Mail:
        
        
        
          Jennifer Köhlenbeck
        
        
          hat Betriebswirtschaftslehre B.A. mit den
        
        
          Schwerpunkten Finanzwirtschaft und Control-
        
        
          ling an der Hochschule Bremen studiert. Im
        
        
          Anschluss ist sie in das Familienunternehmen
        
        
          Köhlenbeck Maschinenbau GmbH, Bremen
        
        
          eingestiegen.
        
        
          E-Mail:
        
        
        
          Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen
        
        
          Arbeitskreis Controlling-Professuren an Hochschulen
        
        
          
            CM Juli / August 2016