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Inwieweit das eigene Unternehmen von einzel-
nen Lieferanten abhängig ist, zeigt sich meis-
tens erst bei einem unerwarteten Ausfall. Dann
werden hektisch Alternativen entwickelt, selten
aber durchgerechnet. Das Controlling kann hier
Alternativen aufzeigen, Auswirkungen ermitteln
und Gespräche moderieren.
Wie wichtig Geschäftspartner sind, ist nicht
immer auf den ersten Blick ersichtlich. Der Lie-
ferant eines kleinen, aber unverzichtbaren Pro-
duktbestandteiles bleibt ebenso unberücksich-
tigt wie der DV-Spezialist, dessen selbstent
wickeltes Programm eingesetzt wird, oder der
lokale Instandsetzer, der die Umbauten einer
Produktionsmaschine begleitet hat. Fällt ein
solcher Lieferant aus, können sich weitreichen-
de Konsequenzen ergeben, welche nicht nur
kurzfristige Umsatz- und Ergebniseinbußen
nach sich ziehen,
sondern auch zum Ab-
bruch der Geschäftsbeziehung durch Kun-
den führen können.
Beim Ausfall eines Zulieferers können dessen
Mitbewerber die erforderlichen Kapazitäten
häufig nicht in der zur Verfügung stehenden
Zeit bereitstellen, der eigene Produktionspro-
zess gerät ins Stocken. Wie dies bei der Kraus
KG, Solingen, erfolgte, welche Maßnahmen zur
Krisenabwehr ergriffen wurden und welche
Aufgaben das Controlling hier wahrnahm, zeigt
der weitere Text auf.
Fallstudie – Notlage eines
Zulieferers
Die Kraus KG ist ein mittelständischer Herstel-
ler von Automobilkomponenten. Das Endpro-
dukt enthält Gussteile, welche von der Alpha
GmbH bezogen werden. Zur Produktion der
Gussteile sind individuelle Gussformen notwen-
dig, welche sich im Besitz von Alpha befinden.
Deren Herstellung nimmt bis zu sechs Monate
in Anspruch, wobei die derzeitig hohe Auslas-
tung der Gießereien zu relativ langen Lieferzei-
ten bei den dabei benötigten Formenbauern
führt. In der derzeitigen Lage ist es kaum mög-
lich, entsprechende Aufträge kurzfristig zu
platzieren.
In der Zuliefererbranche häuften sich die Ge-
rüchte, dass Alpha sich mit einem Großauf-
trag „verkalkuliert“ hätte. Vier Wochen später
wurde der Leiter des Finanzwesens vom Ver-
kauf der Alpha GmbH um eine Veränderung
der Zahlungsbedingungen gebeten. Mit dem
Controlling besprach er diese Situation. Vor-
auszahlungen sollten mit hohen Skontobeträ-
gen honoriert werden. Der Leiter Finanzwesen
sprach das Thema auch im Rahmen der Be-
reichsleitertreffen an. Hier meldete sich der
Verkaufsleiter mit den von ihm vernommenen
Gerüchten, was wiederum dem Controller
auffällig wurde. Das Controlling stellte dem
Produktionsleiter darauf die Frage, was der
Ausfall dieses Lieferanten für die eigene Pro-
duktion bedeuten würde. Die Antwort: „Eine
Katastrophe. Wir könnten unseren wichtigsten
Kunden, welcher 34% der Umsätze und 46%
der Deckungsbeiträge verantwortet, noch un-
gefähr 14 Tage beliefern.“ Damit war der drin-
gende Handlungsbedarf offenkundig. Das
Controlling sollte Handlungsalternativen ent-
wickeln, bewerten und zur Entscheidung vor-
legen, rasch.
Handlungsoptionen
Grundsätzlich bestehen in einer entsprechen-
den Situation vier Handlungsmöglichkeiten (vgl.
Abbildung 1).
·
·
Austausch des Lieferanten.
Diese ist die
sicherlich einfachste Alternative. Wie aufge-
zeigt bestand diese Möglichkeit kurzfristig
nicht. Eine Analyse von Controlling, Produk
tion und Einkauf ergab, dass bis zur Erset-
Sanierung eines
Geschäftspartners
Chancen und Risiken einer Unterstützung
von Thomas Schneider
Abb. 1: Handlungsmöglichkeiten
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CM Juli / August 2016