CONTROLLER_MAGAZIN_04/2016 - page 23

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Das Verhältnis von
Ertragsrisiko
ơ
Ertrag
zum
erwarteten Ertrag
E
e
ist der
Variationsko­
effizient V.
Er ist eine Kennzahl für die Pla-
nungssicherheit und das Ertragsrisiko
und
resultiert aus der Risikoaggregation.
Auch die weiterführende Ableitung risikoge-
rechter Kapitalkostensätze als Anforderung an
die erwartete Rendite einzelner Projekte und
Geschäftsfelder ist möglich, ohne dass man auf
historische Kapitalmarktdaten (wie beim Beta-
Faktor des CAPM) zurückgreifen müsste.
Aus der Risikoaggregation in einer „stochasti-
schen Planung“ werden zudem die Wirkungen
von Risiken auch auf die Fremdkapitalkosten
und den oft vergessenen Werttreiber „Insolven-
zwahrscheinlichkeit“ deutlich (vgl. Abbildung 5).
Fazit und Implikationen
für die Praxis von Controlling
und Risikomanagement
Die Aggregation von Risiken im Kontext der Un-
ternehmensplanung ist eine betriebswirtschaft-
liche Aufgabe von besonders hoher Bedeutung,
bei der Controlling und Risikomanagement zu-
sammenwirken sollten. Bei der
Risikoaggre-
gation werden „stochastische Planungs-
modelle“
aufgebaut, die eine traditionelle (ein-
wertige) Unternehmensplanung verbindet, mit
den Chancen und Gefahren (Risiken), die Plan-
abweichungen auslösen können.
Zur Risiko-
aggregation, der Bestimmung des Gesamt-
risikoumfangs (Eigenkapital- und Liquidi-
tätsbedarf) ist eine Monte-Carlo-Simulation
erforderlich
, da Risiken nicht einfach addier-
bar sind. Mit den in der Zwischenzeit verfügba-
ren Tools und der Leistung der Computer ist die
erforderliche Berechnung einer großen reprä-
sentativen Anzahl risikobedingt möglicher Zu-
kunftsszenarien eines Unternehmens (basie-
rend auf transparent dargestellten Annahmen)
in der Zwischenzeit recht einfach umsetzbar.
Als Ergebnis erhält das Controlling Infor-
mationen über die Planungssicherheit, d. h.
den risikobedingt möglichen Umfang von
Planabweichungen (Bandbreitenplanung).
Es werden zudem die Voraussetzungen ge-
schaffen für eine risikoorientierte Bewertung
strategischer Handlungsoptionen, weil im Rah-
men von „Was-wäre-wenn-Analysen“ deren
Wer ein Unternehmen (als Ganzes) bewerten
möchte, muss sich (wieder) mit den Risiken des
Unternehmens (seiner Erträge oder Cashflows)
befassen. Aus historischen Aktienkursschwan-
kungen (Beta-Faktor) kann man nicht auf die
bewertungsrelevanten Risiken der Cashflows
schließen, da Kapitalmärkte unvollkommen
sind.
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Eine
Erfassung des Ertragsrisikos ist
möglich über den Variationskoeffizienten
der Erträge
, also das Verhältnis der Standard-
abweichung zum Erwartungswert. Dieser ergibt
sich aus der Risikoaggregation.
Für die
Herleitung der risikoadäquaten Ka-
pitalkosten
kann z. B. vereinfachend nur für
ein „repräsentatives“ Jahr der bekannte Sach-
verhalt dazu dienen, dass man den
Wert
W
auf
zwei Wegen berechnen kann: Durch Diskontie-
rung mittels
risikoadjustiertem Zinssatz
k
oder über einen Risikoabschlag vom
erwarte-
ten Ertrag
( E
e
= E (Z)
), d. h. den
Zahlungen
Z
,
die an die Eigentümer ausschüttbar sind. Mit
einem von der Risikomenge der Erträge (z. B.
ơ
Ertrag
) abhängigen
Risikoabschlag
werden
Sicherheitsäquivalente berechnet. Sicherheits-
äquivalente sind mit dem
risikolosen Zinssatz
(Basiszinssatz)
r
f
zu diskontieren, was nach-
folgend für einen, ein Jahr in der Zukunft lie-
genden, Ertrag E(t=1) erfolgt:
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Formel 1
Der
Risikodiversifikationsfaktor (
d
)
zeigt den
Anteil der Risiken, den der Eigentümer zu tra-
gen hat, also bewertungsrelevant ist. Im CAPM
(Capital Asset Pricing Model) ist
d
gerade die
Korrelation
ρ
zum Marktportfolio. Man kann
zeigen, dass bei Verwendung der Standard­
abweichung als
Risikomaß
λ
der „Marktpreis
des Risikos“ gerade der bekannten Sharpe-
Ratio entspricht, die etwa bei 0,25 liegt.
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Durch Auflösen von Formel 1 ergibt sich der
risikogerechte Kapitalisierungssatz:
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Formel 2
Fallbeispiel
Ein kleines Fallbeispiel verdeutlicht die Bedeu-
tung der Aggregation von Risiken über mehre-
re Planjahre. Angenommen, die Stettner Mus-
ter AG erwartet 2016 im Mittel einen Gewinn
von 20 Millionen Euro. Aus Risikoanalyse und
Risikoaggregation mittels Monte-Carlo-Simu-
lation ergibt sich ein aggregierter Gesamtrisi-
koumfang, der (hier vereinfachend) als nähe-
rungsweise normalverteilt aufgefasst werden
kann und eine Standardabweichung des Ge-
winns von ebenfalls 20 Millionen Euro zeigt.
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Als Risikodeckungspotenzial betrachten wir
nachfolgend vereinfachend nur das Eigenka-
pital in Höhe von 50 Millionen Euro.
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Aus der Monte-Carlo-Simulation ergibt sich
unmittelbar, dass die Wahrscheinlichkeit von
Verlusten, die das Eigenkapital verzehren, bei
unter 0,1% liegt im Jahr 2016. Durch die risi-
kobedingt mögliche Belastung des Risikode-
ckungspotenzials im Jahr 2016 erhöht sich
die Insolvenzwahrscheinlichkeit im Jahr 2017
(ceteris paribus) allerdings schon auf ca. 2,3%
(BB- – Rating). Betrachtet man – anders als in
diesem einfachen didaktischen Beispiel –
auch die
Liquiditätswirkungen der Risiken
und die
Implikation einer möglichen Ver-
schlechterung des Ratings in 2016
19
, ist
der tatsächliche Anstieg der Insolvenzwahr-
scheinlichkeit im zweiten Planjahr noch deut-
lich ausgeprägter. Aber schon dieses einfache
Beispiel zeigt, dass die im IDW PS 340 gefor-
derte Aggregation der Risiken auch über die
Zeit notwendig ist, um in der Zukunft liegende
„bestandsbedrohende Entwicklungen“ zu er-
kennen.
Die Aggregation über die Zeit ist
also keine Kür, sondern notwendige
Pflicht
zur Erfüllung der gesetzlichen Anfor-
derungen.
Von der mehrjährigen Risiko­
aggregation zur wertorientierten
Unternehmenssteuerung
Die Aggregation von Risiken (über die Zeit) ist
auch notwendig für eine tatsächlich wertorien-
tierte Unternehmenssteuerung, d. h. eine Beur-
teilung des Ertrag-Risiko-Profils von Geschäfts-
einheiten oder Projekten durch den Erfolgs-
maßstab „Unternehmenswert“.
CM Juli / August 2016
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