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Liebe Leser,
als gesetzliche Grundlage für Risiko
management in Deutschland wird im All
gemeinen auf das KonTraG und insbeson
dere § 91 Abs. 2 AktG verwiesen. In der
Praxis noch wenig Beachtung findet § 93
AktG, in der die sog. „Business Judgement
Rule“ kodifiziert ist. Demnach liegt keine
haftungsrechtlich bedeutsame Pflicht
verletzung vor, wenn „das Vorstandsmit
glied bei einer unternehmerischen Ent
scheidung vernünftigerweise annehmen
durfte, auf der Grundlage angemessener
Information zum Wohle der Gesellschaft zu
handeln“. Obwohl es sich hier jeweils um
Paragraphen aus dem Aktiengesetz han
delt, ist es unumstritten, dass diese auch
Ausstrahlwirkung auf andere Rechtsfor
men haben. Auch ein GmbH-Geschäfts
führer sieht sich daher mit diesen Anforde
rungen konfrontiert.
Was hat die „Business Judgement Rule“
nun mit Risikomanagement zu tun? Eine ganze
Menge, wie jüngere Abhandlungen belegen.
¹
Demnach sind ein wesentlicher Bestandteil
„angemessener Informationen“ gerade Informati-
onen über die mit der Entscheidung verbunde-
nen Risiken. Letztlich sind es ja auch nur die
Risiken, die Entscheidungen schwierig machen.
Wüssten wir bei unseren Entscheidungen schon
mit Sicherheit, welche Konsequenzen sich dar-
aus ergeben, wäre es ein leichtes, vernünftige
Entscheidungen zu treffen. Mit diesen Chancen
und Gefahren (Risiken im weiteren Sinne)
soll sich ja nun gerade das Risikomanagement
beschäftigen. Es ist somit klar, dass vor
(wesentlichen) unternehmerischen Entscheidun-
gen analysiert werden muss, welche Risiken
damit eingegangen werden und dies ist entspre-
chend in der Entscheidungsgrundlage auch
transparent darzustellen. Es muss ersichtlich
sein, dass vor der Entscheidung abgewogen
wurde, welche Konsequenzen diese für das
Ertrag-Risiko-Profil des Unternehmens hatte. In
dem Beitrag von Werner Gleißner wird verdeut-
licht, dass dies ohne quantitative Informationen
zu den einzelnen Risiken und eine Ableitung
vor allem des Gesamtrisikoumfangs nicht mög-
lich ist. Ebenso wird erläutert, dass hierzu eine
stochastische Planung (Risikoaggregation)
notwendig, die ein enges Zusammenspiel zwi-
schen Controlling und Risikomanagement erfor-
dert. Da Risiken im Gegensatz zu Kosten oder
Erlösen eben leider nicht addierbar sind,
kann eine adäquate Risikoaggregation nur mit
Hilfe einer Monte-Carlo-Simulation gelingen.
Wie in dem Beitrag auch gezeigt wird, ist eine
Risikoaggregation zur Erfüllung der Anforderun-
gen aus dem KonTraG zwingend notwendig.
Nur durch sie kann „früh“ auf „bestandsbedro-
hende Entwicklungen“ hingewiesen werden, da
meistens Kombinationseffekte mehrerer Risiken
das zukünftige Rating und den Bestand eines
Unternehmens bedrohen. Dies ist nämlich die
Kernanforderung aus § 91 (2) AktG. Ein Über-
wachungssystem, dass dies gewährleisten will,
darf nicht erst nach einer Entscheidung auf
zeigen, dass mit dieser sich der Risikoumfang
so verändert hat, dass man nun einer bestands
bedrohenden Entwicklung ausgesetzt ist.
Ein quantitatives, auf Entscheidungen ausge-
richtetes Risikomanagement, die Risikoaggre-
gation als Schlüsseltechnologie und damit
auch eine enge Verknüpfung zwischen Risiko
management und Controlling sind also mehr
oder weniger die Kernaspekte, um gesetzlichen
Anforderungen in der Unternehmensführung
gerecht zu werden.
Gerne darf ich sie auch auf unseren kommen-
den Risk Management Congress hinweisen,
auf dem neben Themen wie Analyse-Methoden,
Supply-Chain-Risiken und Risikoreporting
gerade auch die Verbindung von Risikomanage-
ment & Controlling näher beleuchtet wird.
Die Jahreskonferenz der Risikomanager öffnet
in diesem Jahr ihre Tore am 19. und 20.
September 2016 in Stuttgart. Weitere Informa-
tionen zum 11. Risk Management Congress
unter:
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.
Marco Wolfrum
TOP
EVENT
13. Juli 2016
– 12. Münchener
Risikomanager-Stammtisch in München
15. September 2016
– 6. Sitzung des AK von
DIIR und RMA „Prüfung des Risikomanagements“
bei PVS in Mülheim/Ruhr
19. / 20. September 2016
–
11. Risk Management Congress in Stuttgart
21. September 2016
– Sitzung des AK
„Risikoquantifizierung“ bei TransNetBW in Stuttgart
Impressum
Ralf Kimpel
Vorsitzender des Vorstands der
Risk Management Association e. V.
V.i.S.d.P.
RMA-Geschäftsstelle
Risk Management Association e. V.
Englmannstr. 2, D-81673 München
Tel.: +49.(0)1801 – RMA TEL (762 835)
Fax: +49.(0)1801 – RMA FAX (762 329)
E-Mail:
Web:
Prof. Dr. Werner Gleißner
Tel.: +49.(0)711- 79 73 58 30
CM Juli / August 2016
Risikomanagement:
Gesetzliche Pflicht nicht nur des KonTraG wegen
Marco Wolfrum, Mitglied des Vorstands
1
Vgl. Z.B. Graumann, M.: Die angemessene Informationsgrundlage bei Entscheidung, WISU,
Heft 3/2014, S. 317-320 oder Graumann, M./Grundei, J.: Nachweis einer „angemessenen Information“
im Sinne der Business Judgement Rule, in: ZCG 5/15, S. 197-204