CONTROLLER_MAGAZIN_04/2016 - page 106

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Internationaler Controller Verein eV
„Controller müssen sich ein Stück weit neu erfinden“
Siegfried Gänßlen: „In Zeiten des Wandels und radikaler Umbrüche kann das
Controlling beweisen, wo seine Stärken liegen“
Der 41. Congress der Controller verlief
äußerst erfolgreich: In München haben am
25. / 26. April 596 Manager und Controlling-
Experten aus Praxis, Wissenschaft und
Lehre die Herausforderungen der digitalen
Transformation an das Controlling beraten.
Ausführlich berichtete von der größten Cont-
rolling-Fachtagung Europas ICV-Experte
Manfred Grotheer im ICV-ControllingBlog
(siehe unter: blog.icv-controlling.com >
Kategorie „41. Congress der Controller“).
Der Congress 2016 lenkte den Blick der Control-
ling-Community auf Veränderungen und Auswir-
kungen, die sich aus der Digitalisierung für die
Unternehmenssteuerung ergeben. Die Begrü-
ßungsansprache hielt der Vorsitzende des gast-
gebenden Internationalen Controller Vereins,
Siegfried Gänßlen. Darin rief er die Controller
auf, angesichts der digitalen Transformation ihre
Rolle als Business Partner des Managements
„ein Stück weit neu zu definieren“ und sich digi-
tale Fähigkeiten und Kompetenzen anzueignen.
Gänßlen beschrieb einen „disruptiven Wandel“:
Neue Player mit digitalem Knowhow und innova-
tiven Ideen schafften neue Serviceangebote. Als
Herausforderer würden sie tief eingreifen in die
Geschäftsmodelle, in die Produktentwicklung
und in den Wettbewerb. Das sei ein „krasser
Wechselfall des Wirtschaftslebens“. Disruptive
Veränderungen verlangten adäquate Verände-
rungsprozesse. „Es geht nur zäh voran“, meinte
der ICV-Vorsitzende, „viele Unternehmen tun
sich mit dem ‚Change Management‘ schwer.
Andere wiederum scheinen angesichts der
dynamischen Evolution und der umwälzenden
Auswirkungen abzuwarten.“
Sowohl hinter dem Aktionismus als auch dem
abwartenden Zögern steckten ganz ähnliche
Gründe: „An erster Stelle steht immer noch das
Missverständnis, die digitale Transformation
besitze ausschließlich eine Technologie-Dimen-
sion. Aus diesem Missverständnis resultiert,
dass die Dringlichkeit des Wandels falsch einge-
schätzt wird.“ Laut Studien fühlten sich in nur
knapp einem Fünftel aller Unternehmen die Fir-
menchefs selbst für das Thema „Digitalisie-
rung“ zuständig. „Der sogenannte ‚digitale Fit‘
wird als technologische und organisatorische
Herausforderung gesehen. Die Unternehmen
verwenden viel Energie und Zeit darauf, Pro-
zesse zu flexibilisieren und Netzwerkstrukturen
im Unternehmen agil und smart zu gestalten. Es
wird aber oft vergessen, dass die Veränderun-
gen von der Unternehmensspitze ausgehen und
vom Management mitgetragen werden müs-
sen“, erklärte Gänßlen. „Die Mitarbeiter müssen
mitgenommen werden, denn sie sind die eigent-
lichen Macher der Veränderungsprozesse –
ohne sie bleibt alles nur PowerPoint.“
„Beweisen, wo die Stärken des
Controllings liegen“
„Gerade in Zeiten des Wandels und radikaler
Umbrüche kann das Controlling beweisen, wo
seine Stärken liegen“, erklärte der ICV-Vorsit-
zende und zählte vier Punkte auf: „Indem es
Klarheit schafft mit Blick auf Risiken, Potentiale
und Kosten, die mit der digitalen Transformation
der eigenen Wertschöpfung und des eigenen
Geschäfts verbunden sind; indem es auf dieser
Basis das Management dabei unterstützt, eine
starke, klar und mit Augenmaß formulierte
Vision des Wandels zu entwerfen und diese
Vision operationalisierbar zu machen; indem es
für die systematische Einplanung messbarer
Zwischenziele im Veränderungsprozess sorgt,
um entweder die Transformation durch „erste
Erfolgsmeldungen“ abzusichern oder bei aus-
bleibender Zielerreichung frühzeitig steuernd
eingreifen zu können; indem es nachvollzieh-
bare Argumente liefert, um schwierige unter-
nehmerische Entscheidungen mit schmerzhaf-
ten Folgen plausibel zu machen.“
Gänßlen zeichnete ein scharfes Zukunftsbild:
„Wir werden uns von manchen lieb gewordenen
Kennzahlen verabschieden müssen, weil sie –
wie die FAZ schrieb – im Zeichen der Digitalisie-
rung der Wirtschaft verblassen und an Aussa-
gekraft einbüßen. Andere, neue werden an ihre
Stelle treten.“ „Bei aller Digitalisierung“ würden
Controller aber eine kontinuierliche Weiterent-
wicklung ihrer klassischen Tool-Box benötigen,
so Gänßlen. Immer mehr Echtzeitdaten, deren
schnelle Verarbeitung und die nahezu uneinge-
schränkte Verfügbarkeit über mobile Endgeräte
machten erforderlich, dass Controller ihre Rolle
als Business Partner des Managements „ein
Stück weit neu definieren“. „Dazu müssen wir
uns digitale Kompetenzen und Fertigkeiten
aneignen. Wir lernen, zusätzliche Instrumente
wie etwa Advanced- oder Predictive-Analytics-
Tools einzusetzen oder aus den Unmengen an
Big Data für die Steuerung verwertbare ‚Smart
Data‘ zu generieren.“
n
Siegfried Gänßlen eröffnet (Bild links). Key Note: „Digitale Transformation im Finanzbereich & Controlling“ von
Carsten Knobel, CFO und Vorstandsmitglied Henkel AG&Co. KGaA. (rechts).
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