personalmagazin 06/18
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RECHT
_URTEILSDIENST
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Bestimmte Religion ist keine Einstellungsvoraussetzung
Grundsätzlich darf die Religion eines
Bewerbers bei der Einstellung keine
Rolle spielen. Entsprechend sind auch
Arbeitgeberfragen nach Religion oder
Weltanschauung eines Bewerbers in
vergeben. Dass dies nicht bei jeder aus-
geschriebenen Position europarechts-
konform ist, hat nun der Europäische
Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen
Urteil klargestellt.
Vorstellungsgesprächen tabu. Kirchli-
che Arbeitgeber haben hierbei jedoch
eine Sonderstellung. Bislang durften sie
Stellen auch ausschließlich an Bewer-
ber mit einer bestimmten Konfession
URTEIL DES MONATS
Pauschal dürfen kirchliche Arbeitgeber nicht eine bestimmte
Religion zur Einstellungsvoraussetzung für Bewerber machen. Dies
widerspricht laut EuGH der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie. Nach
Auffassung der Richter darf eine konfessionsgebundene Stellenaus-
schreibung nur dann erfolgen, wenn die Konfession für die beruf-
liche Tätigkeit auch „objektiv geboten“ und verhältnismäßig ist. Die
Abwägung müsse zudem gerichtlich überprüfbar sein.
Grundsätzlich haben Kirchen und religiöse Organisationen auch nach
den EU-Vorgaben das Recht, Stellenbewerber mit Blick auf Religion
oder Weltanschauung ungleich zu behandeln. Entscheidend sei
jedoch laut EuGH, dass das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen ge-
gen das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers auf Gleichbehand-
lung abgewogen werden müsse. Es dürfe nicht von vornherein aus
weltanschaulichen oder religiösen Gründen diskriminiert werden.
Im konkreten Fall hatte sich eine konfessionslose Sozialpädagogin
auf eine Referentenstelle beim diakonischen Werk EKD beworben.
Es ging bei der Tätigkeit um eine projektweise Berichterstattung zur
UN-Antirassismuskonvention. In der Stellenausschreibung forderte
der Arbeitgeber die Mitgliedschaft in einer evangelischen Kirche.
Nachdem die Sozialpädagogin nicht zum Vorstellungsgespräch ein-
geladen wurde, fühlte sie sich aufgrund ihrer Konfessionslosigkeit
MINDESTLOHNAUSNAHME
ZUSAMMENFASSUNG
Bis Anfang des Jahres galt für Zeitungszusteller
eine Übergangsregelung zum Mindestlohn. Das Bundesarbeitsge-
richt hat diese nun für verfassungsgemäß erklärt und zudem seine
Rechtsprechung zu Zuschlägen bei Nachtarbeit bestätigt.
RELEVANZ
Gemäß § 24 Abs. 2 Mindestlohngesetz galt für Zeitungs-
zusteller – gestaffelt bis Ende 2017 – ein reduzierter Mindestlohn.
Die Regelung sei verfassungsgemäß, entschied nun das BAG. Einen
höheren Lohn für die vergangenen Jahre erhielt die Arbeitnehmerin
also nicht. Sie hatte die Zeitungen jedoch regelmäßig bis spätestens
sechs Uhr morgens zuzustellen. Bei Dauernachtarbeit stehe ihr laut
BAG ein Zuschlag von 30 Prozent des Bruttoarbeitsentgelts zu. Der
Arbeitgeber hielt zehn, die Vorinstanz 25 Prozent für angemessen.
GMBH-GESCHÄFTSFÜHRER
ZUSAMMENFASSUNG
Ein Geschäftsführer, der zugleich GmbH-Gesell-
schafter ist, ist nicht abhängig beschäftigt, wenn er die Rechtsmacht
besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die
Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen. Das ist regelmäßig der
Fall, wenn er mehr als 50 Prozent der Anteile am Stammkapital hält.
Bei geringerer Beteiligung bedarf es einer Sperrminorität, um nicht
genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern.
RELEVANZ
Das BSG bekräftigte die bisherige Rechtsprechung. In
beiden Fällen hielten die Geschäftsführer weniger als 50 Prozent am
Stammkapital. Zwar verfügten sie über weitreichende Befugnisse im
Außenverhältnis. Für das BSG war aber der rechtlich durchsetzbare
Einfluss auf Beschlüsse der Gesellschafterversammlung elementar.
diskriminiert und klagte. Nach dem EuGH-Urteil im Vorabentschei-
dungsverfahren muss nun das BAG prüfen, ob die Anforderung der
Konfession im speziellen Fall notwendig und angesichts des Ethos
der betreffenden Kirche oder Organisation aufgrund der Art der
beruflichen Tätigkeit objektiv geboten und verhältnismäßig war.
Religionszugehörigkeit als Einstellungskriterium? Pauschal nicht.
Quelle
EuGH, Urteil v. 17.4.2018, Az. C-414/16 (Egenberger)
Quelle
BSG, Urteile v. 14.3.2018, Az. B12KR 13/17 R und B12R 5/16 R
Quelle
BAG, Urteil v. 25.4.2018, Az: 5 AZR 25/17