Personalmagazin 8/2017 - page 80

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RECHT
_DIGITALE WAHLEN
personalmagazin 08/17
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
M
it der zunehmenden Digitalisierung von Arbeit
werden auch viele Prozesse interner Entschei-
dungsfindung mit digitalen Mitteln vereinfacht.
Das gilt auch für Abstimmungen, sei es bei der
Aufstellung von Urlaubsplänen oder für soziale Angelegenhei-
ten wie bei der Bestimmung des Tages einer Weihnachtsfeier.
Daher ist es naheliegend, auch bei betrieblichen Wahlen digi-
tale Mittel in Form von computergestützten Wahl-
programmen einzusetzen – zum Beispiel bei
Wahlen zumBetriebsrat oder der Arbeitneh-
mervertreter in Aufsichtsräten.
Zumal Onlinewahlsysteme eine Rei-
he an Vorteilen versprechen: So wird
das Wahlverfahren durch ein Compu-
terprogramm unterstützt, wodurch
typische Fehler des Wahlverfah-
rens nahezu vollständig verhindert
werden können. Das gilt insbeson-
dere bei der Erstellung der Wähler-
verzeichnisse und Kandidatenlisten.
Wahlberechtigte, die sich regelmäßig
oder dauerhaft außerhalb des Betriebs
befinden, können einfacher an Wahlen teil-
nehmen, ohne in den Betrieb kommen zu müs-
sen. Dadurch erhöht sich die Wahlbeteiligung und mit
ihr die Legitimation der gewählten Kandidaten. Dieser Effekt
der Onlinewahlsysteme erhöht die Akzeptanz des Wahlergeb-
nisses und stärkt die Position der Gewählten.
Auch Arbeitszeit wird gewonnen, weil direkt vom Arbeits-
platz aus gewählt werden kann, ohne Anstehen an den Wahlka-
binen. Zudem werden Kosten, zum Beispiel für die Herstellung
der Wahlunterlagen, vermieden. Abgegebene Stimmen können
schneller erfasst und Wahlergebnisse schneller festgestellt
werden. Bei der Auszählung der Stimmen kann die Fehlerquo-
te der manuellen Auszählung auf null reduziert werden. Da-
mit erhöht sich die Rechtssicherheit und die Zahl erfolgreicher
Wahlanfechtungen dürfte stark abnehmen. Und bei genauer
Untersuchung kann man feststellen, dass das Onlinewahlsys­
Von
Manteo Eisenlohr
tem ohne Zweifel die demokratischen Grundsätze, also unmit-
telbare, freie, gleiche und geheime Wahlen, einhält.
Erste Erfahrungen in Betrieben mit Online-Wahlsystemen
sind durchaus positiv. Arbeitgeber, Mitarbeiter und Betriebsräte
sprechen sich zunehmend für das Verfahren aus. Onlinewahl-
systeme scheinen also auf dem Vormarsch zu sein und einen
weiteren Bereich des betrieblichen Alltags zu digitalisieren.
Trotz aller Vorteile ist aus arbeitsrechtlicher Sicht noch Vor-
sicht geboten: Gesetzlich ist das Onlinewahlverfahren weder
vorgesehen noch reglementiert. Technische Voraus-
setzungen für ein Onlinewahlsystem sind ge-
setzlich nicht definiert, die einschlägigen
Wahlordnungen sowohl für die Betriebs-
ratswahl als auch für die Wahl nach den
Gesetzen über die Mitbestimmung
der Arbeitnehmer in Aufsichtsräten
sehen ein solches Verfahren nicht
vor. Konsequenterweise hat das
Arbeitsgericht Hamburg in einem
jüngst ergangenen Beschluss (Az.
15 BV 16/16) aus dem Umstand der
fehlenden gesetzlichen Regelung
den Schluss gezogen, dass eine digital
durchgeführte Betriebsratswahl an einem
wesentlichen Mangel leide – weshalb die An-
fechtung der Betriebsratswahl erfolgreich war.
Der Gesetzgeber ist daher gefragt, das in vielerlei Hin-
sicht vorteilhafte Onlinewahlverfahren zu reglementieren und
es so zu einem rechtmäßigen System für betriebliche Wahlen
zu machen. Solange diese gesetzliche Grundlage jedoch fehlt,
könnten auch andere Gerichte betriebliche Onlinewahlen für
ungültig erklären. Bis zur Ergänzung der Wahlordnungen
bleibt folglich eine rechtliche Unsicherheit, die Arbeitgebern
wie Betriebsräten bewusst sein sollte.
KOLUMNE.
Den Betriebsrat online zu wählen, ist praktisch und für alle Seiten vorteil-
haft. Es ist aber ziemlich riskant, weil das Gesetz ein solches Verfahren nicht vorsieht.
Die Lücke im Gesetz
DR. MANTEO EISENLOHR,
Rechtsanwalt und
Partner bei K&L Gates LLP, äußert sich regelmäßig an
dieser Stelle zu den aktuellen Entwicklungen in der
digitalen Arbeitswelt.
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