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RECHT
_BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG
personalmagazin 01/17
Ist der Betriebsrat eingebunden? Das ist notwendig,wenn bestehende Verträge per
Betriebsvereinbarung oder auf individualvertraglicher Grundlage abgelöst bezie-
hungsweise in das neue Modell überführt werden sollen.
Sind die Billigkeitsanforderungen (keine unzumutbare Härte, Verhältnismäßigkeit,
Vertrauensschutz) des BAG erfüllt? Gegebenenfalls sind Übergangslösungen für
rentennahe Jahrgänge oder allgemeine Härteklauseln aufzunehmen.
Ist schriftlich dokumentiert, dass die Mitarbeiter umfassend und richtig über die Vor-
und Nachteile der Übertragung bestehender bAV-Lösungen informiert wurden, und
lässt sich die Entscheidung des Arbeitnehmers im Streitfall belegen?
Besteht eine wirksame Rechtsgrundlage für die Übertragung bestehender Verträge?
Zu den arbeitsrechtlichen Pflichten des Arbeitgebers gehört bislang, dass er das
Anlagerisiko nicht einseitig auf den Arbeitnehmer abwälzen darf.
Erfolgt die Übertragung für alle Mitarbeitergruppen unter Beachtung des Grundsat-
zes der Gleichbehandlung?
Werden alle Vorgaben des einschlägigen Tarifvertrags eingehalten?
Gibt es eine arbeitsrechtliche Vereinbarung, die auch künftig die steuerrechtliche
Zulässigkeit der Entgeltumwandlung sicherstellt?
Besteht die Gefahr, Alt- und Neuzusagen zu vermengen, sodass zulässige Höchstbe-
träge überschritten werden?
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
regelungen durch entsprechende Öff-
nungsklauseln zuließen.
Regelungen zu Versorgungsträgern
und der Insolvenzsicherung
Die künftig allein haftenden Versorgungs-
träger müssen nicht zwingend eigene Vor-
sorgeeinrichtungen der Tarifpartner sein.
Die Tarifvertragsparteien können sich
auch vorhandener Versorgungsträger be-
dienen (Pensionskassen, Pensionsfonds
oder Direktversicherungen), wenn der
Einfluss der Sozialpartner sichergestellt
ist. Dies ermöglicht zugleich, dass die
Tarifparteien unter den für ihre Branche
und Mitglieder geeigneten Versorgungs-
trägern und -konzepten wählen können.
Bei einem allein haftenden Versor-
gungsträger auf der Grundlage einer
reinen Beitragszusage müssen Arbeit-
nehmer nicht mehr gegen die Insolvenz
des Arbeitgebers, sondern gegen den
Ausfall des Versorgungsträgers oder
Leistungsminderungen als Reaktion auf
eine verschlechterte Vermögenslage ab-
gesichert werden. Im Hinblick auf den
Schutz gegen Insolvenz wird das Versi-
cherungsaufsichtsgesetz dahingehend
geändert, dass ein Pensionsfonds als
Versorgungsträger künftig ein geson-
dertes Sicherungsvermögen für reine
Beitragszusagen einrichten und dabei
die Vorgaben aus dem Tarifvertrag be-
achten muss. Pensionskassen oder
andere Lebensversicherer sollen als Ver-
sorgungsträger der neuen Zielrenten ei-
nen gesonderten Anlagestock aufbauen,
der für Kapitalanlagen der fonds- und in-
dexgebundenen Lebensversicherungen
gilt. Das Bundesfinanzministerium kann
künftig in Abstimmung mit demArbeits-
ministerium durch Rechtsverordnung
Anforderungen an das Risikomanage-
ment regeln, um die Volatilität der Höhe
lebenslanger Zahlungen zu begrenzen.
Was passiert mit bestehenden
Verträgen?
Für den Mittelstand ist das neue bAV-
Modell vor allem im Hinblick auf die
Haftungsbegrenzung von Interesse, bei
Konzernunternehmen eher wegen der
absoluten Kosten- und Budgetsicherheit.
Das gilt vor allem für die Ablösung von
Direktzusagen, bei denen der Arbeitge-
ber innerbetriebliche Pensionsrückstel-
lungen bilden muss, denn diese können
sofort und vollständig aus den Bilanzen
entfernt werden. Deshalb nennt die Be-
gründung des Gesetzentwurfs als einen
der Vorteile der Neuregelung, dass die
Sozialpartner im Tarifvertrag detailliert
regeln können, ob und wie bereits be-
stehende Versorgungen auf betrieblicher
Ebene berücksichtigt werden können. Ein
im Vorfeld von der Bundesregierung ein-
geholtes Rechtsgutachten von Hanau und
Arteaga schlägt als Lösung bei Direktver-
sicherungen vor, die bestehende Zusage
durch eine reine Beitragszusage des Ar-
beitgebers und eine davon getrennte Ver-
sorgungszusage des Trägers abzulösen.
Denkbar ist auch die Beitragsfreistellung
in einer bestehenden Versorgung und die
Fortsetzung durch das neue Modell.
Zusammenfassendlässtsichsagen:Das
Betriebsrentenstärkungsgesetz schafft
einen weiteren Durchführungsweg in der
bAV. Für viele Unternehmen können von
den Tarifparteien vorstrukturierte und
rechtlich geprüfte Versorgungslösungen
tatsächlich die Komplexität auflösen und
risikofreie Lösungen schaffen. Zudem
dürfte der Wegfall der Haftungsrisiken
das neue Modell attraktiv machen. Wer
vor diesem Hintergrund nun überlegt,
bestehende Versorgungen in die neue
Form zu übertragen oder durch eine
reine Beitragszusage zu ersetzen, sollte
dennoch genau prüfen, wie handhabbar
die Regelungen in seinem Fall sind und
genaues Augenmerk auf die arbeits-
rechtlichen Anforderungen legen.
Die folgenden Fragen sollten Sie unbedingt genau durchgehen, wenn Sie bestehende
bAV-Modelle ablösen wollen, um von der reformierten Betriebsrente zu profitieren.
Rechtliche Risiken reduzieren
CHECKLISTE
LARS KUCHENBECKER
ist
Fachanwalt für Arbeitsrecht
und Partner in der Kanzlei
Menold Bezler in Stuttgart.