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RECHT
_BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG
personalmagazin 01/17
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
I
n Betrieben mit weniger als zehn
Beschäftigten besitzen nur etwa 28
Prozent der Mitarbeiter eine An-
wartschaft auf eine Betriebsrente.
Das will Bundesarbeitsministerin And-
rea Nahles mit einer Reform der betrieb-
lichen Altersversorgung (bAV) ändern
und vor allem kleine und mittlere Betrie-
be und Geringverdiener stärker in das
System einbinden. Der Referentenent-
wurf für das Betriebsrentenstärkungsge-
setz liegt nun vor. Ihn kennzeichnen vor
allem drei wesentliche Eckpunkte, die
die bAV stärken sollen: das Sozialpart-
nermodell, die Zielrente ohne garantier-
te Höhe und eine steuerliche Förderung.
Für Unternehmen stellt sich die Frage,
ob und wie sie von diesen Änderungen
profitieren und wie sie reagieren sollten.
Tarifverträge übernehmen die maß-
gebliche Rolle bei der Verbreitung
In dem neu geplanten Sozialpartnermo-
dell spielen Tarifverträge eine maßgeb-
liche Rolle bei der weiteren Verbreitung
der bAV. Ein Grund dafür ist ihr struk-
turell kollektiver Charakter, mit dessen
Hilfe sich erhebliche Kosten- und Effi-
zienzvorteile erzielen lassen. Zudem
sind die tariflichen Systeme auf die Be-
sonderheiten der jeweiligen Branchen
zugeschnitten. Die Tarifpartner einigen
sich bei der neuen Form der Betriebs-
rente auf ein sogenanntes Opting-out-
Verfahren: Der Arbeitgeber verpflichtet
sich per Tarifvertrag zu einer automa-
tischen Entgeltumwandlung und jeder
Beschäftigte nimmt an der betrieblichen
Von
Lars Kuchenbecker
Das Sozialpartnermodell kommt
AUSBLICK.
Die Bundesregierung hat ihren Entwurf zum Betriebsrentenstärkungs
gesetz vorgelegt. Wir zeigen, inwieweit Betriebe davon profitieren können.
Altersversorgung teil, sofern er nicht
ausdrücklich widersprochen hat.
Zielrente bringt beschränkte Haftung
und Kostensicherheit für Arbeitgeber
Der größte Reiz des neuen Modells für
Unternehmen besteht darin, dass die
Tarifpartner künftig Zielrenten verein-
baren können. Bei diesem Konzept sa-
gen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern im
Rahmen einer reinen Beitragszusage
nur noch die Einzahlung zu, aber keine
Garantie mehr für die später daraus re-
sultierende Rente. Die Höhe der Versor-
gungsleistung richtet sich nach dem An-
lageerfolg des investierten Beitrags. Die
diesbezüglichen Chancen und Risiken
verbleiben beim Arbeitnehmer.
Bislang sorgen sich gerade mittelstän-
dische Unternehmer wegen unklarer
Haftungsrisiken. Die Reform räumt
nun gleich zwei Hindernisse aus dem
Weg: Nach dem Prinzip des „Pay and
forget“ beschränkt sich die Haftung des
Arbeitgebers ausschließlich auf die zu-
gesagten Beiträge und für die spätere
Versorgungsleistung hat nur der allein-
haftende Versorgungsträger einzuste-
hen. Unternehmer müssen also nicht wie
bisher fürchten, für schlechte Renditen
eines Versorgungsträgers zur Verant-
wortung gezogen zu werden. Zugleich
Andrea Nahles will die Verbreitung der bAV
fördern. Ob ihr das mit dem Sozialpartner-
modell gelingt, muss sich noch zeigen.
© BMAS