personalmagazin 01/17
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SPEZIAL
_ENTGELT
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
ist, wenn der Mitarbeiter während der
Beschäftigung die Regelaltersgrenze er-
reicht. Hat er sich für eine Versicherungs-
freiheit entschieden, so bleibt es dabei:
Der Minijob bleibt auch ab Erreichen der
Regelaltersgrenze versicherungsfrei. Ein
Verzicht, um eine rentensteigernde Wir-
kung zu erzielen, ist nicht mehr möglich.
Überschreitet der Minijobber jedoch
mit einem versicherungspflichtigenMini-
job „im Gepäck“ seine Regelaltersgrenze,
so wird dieser zunächst wieder versiche-
rungsfrei. In diesem Fall kann der Mitar-
beiter nach den neuen Regeln auf diese
Versicherungsfreiheit erneut verzich-
ten und der Minijob wird postwendend
wieder in den vorherigen Zustand (pau-
schaler Arbeitgeberbeitrag und Eigenbei-
trag des Minijobbers) zurückgesetzt.
Variante 2:
Nach Erreichen der Regelal-
tersgrenze nimmt der Mitarbeiter erst-
malig ab Januar 2017 einen Minijob auf.
Dieser Fall ist am einfachsten zu er-
läutern, denn der Minijob ist dann (wie
bisher) automatisch versicherungsfrei.
Er wird versicherungspflichtig, wenn
eine Verzichtserklärung vorgelegt wird.
Variante 3:
Der Mitarbeiter hat bereits
2016 vor dem Erreichen der Regelalters-
grenze einen Minijob ausgeübt:
Nach der Systemänderung wäre dies
eigentlich ein normaler Minijob. Es gilt
aber auch hier Vertrauensschutz, sodass
diese Fälle versicherungsfrei bleiben.
Der Minijobber kann jedoch auf diese
Versicherungsfreiheit verzichten – und
damit eine Pflicht zur Zahlung des pau-
schalen Arbeitgeberbeitrags und des
Eigenanteils auslösen. Diese Entschei-
dung muss er nicht sofort treffen. Die
Verzichtserklärungen sind nicht fristge-
bunden, sie können zu einem beliebigen
Zeitpunkt ausgesprochen werden.
Arbeitsvertragliche Gestaltung:
vor Eintritt der Regelaltersgrenze
„Ich würde gerne vor dem Erreichen mei-
ner Regelaltersgrenze in Teilrente gehen,
aber so viel hinzuverdienen, dass ich ins-
gesamt genauso viel Einkommen wie zu
meiner aktiven Zeit habe.“ Dieser Wunsch
Die Regelaltersgrenze ist Ausgangspunkt für unterschiedliche Pflichten des Arbeit
gebers, ebenso wie für neue Gestaltungsoptionen nach dem neuen Recht.
Nach der derzeitigen gesetzlichen Definition ist die sogenannte Regelaltersgrenze zwar
einheitlich auf das 67. Lebensjahr festgelegt. Aufgrund von Übergangsvorschriften fällt
sie aber bei den aktuell zu beurteilenden Mitarbeitern auf einen früheren Zeitpunkt,
abhängig vom Geburtsmonat. Erst mit dem Jahrgang 1964 kann daher von einer einheitli-
chen Grenze für alle gesprochen werden. Für den Beschäftigten selbst ist seine Regel-
altersgrenze entscheidendes Kriterium für den Hinzuverdienst, der vor dieser zu einer
Rentenkürzung (Teilrente) führen kann, nach Erreichen dann – wie bisher auch – ohne
jegliche Beschränkungen auf die Rentenhöhe möglich ist. Sowohl für die Pflichten des Ar-
beitgebers bei der Entgeltabrechnung, als auch für seine arbeitsvertraglichen Gestaltungs-
möglichkeiten, ist auch die Frage entscheidend, wann ein Mitarbeiter seine persönliche
Regelaltersgrenze erreicht hat. So hängt die sozialversicherungsrechtliche Einstufung des
Hinzuverdienstes davon ab und der Arbeitsvertrag endet in den meisten Fällen automa-
tisch mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Die persönliche Regelaltersgrenze
ÜBERBLICK
Die Flexirente soll mehr Möglichkeiten bringen, die Rente des Beschäftigten zu stei
gern. Gerade für Minijobber meldet da unser Autor Thomas Muschiol Bedenken an.
Das Steigern der Rentenansprüche durch einen Verzicht auf die Versicherungsfreiheit,
auch jenseits der Regelaltersgrenze, wird von der Politik als reizvolle Möglichkeit
verkauft, die Rente eigenverantwortlich zu steigern. Dabei ist das Modell nicht gänzlich
neu. Auch bisher kann jeder vom Angebot der gesetzlichen Rentenversicherung Gebrauch
machen, freiwillige Eigenbeiträge zur Rentensteigerung einzubringen. Flächendeckend ist
davon aber bisher kein Gebrauch gemacht worden. Zugegeben: Das neue Modell ist mit
freiwilligen Beitragsleistungen nicht deckungsgleich, schließlich wird durch den Verzicht
auf die Rentenversicherungsfreiheit auch der Arbeitgeberbeitrag bei Regelaltersrentnern
auf dem Beitragskonto gutgeschrieben. Gleichwohl dürften sich beschäftigte Rentner
eher dafür entscheiden, die Arbeitnehmeranteile für den laufenden Lebensunterhalt zu
verwenden, als sie für die bekanntlich wenig üppigen Renditen bei der DRV zu opfern.
Vor allem werden Wetten dazu angenommen, wie viele auf Minijob-Basis beschäftigte
Rentner sich für eigene Beitragszahlungen entscheiden werden. So gut wie keiner? Die
Wettquoten dieses Ergebnisses dürften bereits bei geringem Einsatz einen ordentlichen
Gewinn versprechen. Der Grund: Eigene Beitragszahlungen können für Minijobber zwar
wichtig sein, wenn sie dazu führen, dass rentenbegründende Zeiten erfüllt werden. Wer
aber versucht auszurechnen, wann eine freiwillige Versicherungspflicht im Rentenalter zu
einer signifikanten Rentenerhöhung von – sagen wir mal – hundert Euro pro Monat führen
wird, der wird erkennen: Der zusätzliche „Hunderter“ dürfte etwa ab dem 100. Geburts-
tag erreicht sein – aber nur, wenn der Minijob bis dahin lückenlos ausgeübt wird.
Beim Blick in das neue Gesetz ist zudem zu konstatieren: Die Rentenkasse verliert nichts,
wenn sich das Argument der Rentensteigerung als Fehlgriff herausstellt. Im Gegenteil, sie
gewinnt. Belassen es die Rentner bei der Versicherungsfreiheit, bleibt nämlich die Pflicht
der Zahlung einer Abgabe in Höhe des fiktiven Arbeitgeberbeitrags, der im Ergebnis eine
steuerähnliche Zuwendung an die Rentenkasse ohne Zweckbestimmung ist, bestehen.
„Wetten werden angenommen“
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