Personalmagazin 7/2017 - page 40

personalmagazin 07/17
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MANAGEMENT
_TALENT MANAGEMENT
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
in Prozessen sind viel teurer, als es pro-
fessionelles Talent Management je sein
könnte; Versuch und Irrtum sind keine
Option für schnell wachsende Unterneh-
men. Ein gut aufgestelltes Unternehmen
im Wachstum plant mit Szenarien – die-
se helfen nicht nur bei der Finanzie-
rung, sondern auch bei der Steuerung.
Szenarien bereiten Sie vor auf sehr
unterschiedliche Entwicklungen im
Wachstum. Das macht handlungsfähig,
auch im Krisenfall.
Der Auftrag von HR
Zur Gesamtsteuerung in schnell wach-
senden Unternehmen gehört auch ein
klarer HR-Auftrag. HR hat ein breites
Aufgabenspektrum im Talent Manage-
ment: Prozesse von Einstellung bis
Zielvereinbarung wollen definiert und
gemanagt sein, Führungskräfte suchen
Unterstützung. Früher oder später sind
auch strategische Projekte erforderlich,
wie die Schärfung der Arbeitgebermar-
ke und die Einführung treffsicherer Per-
sonalauswahlverfahren. Oft hinkt der
Aufbau von HR anderen Funktionen im
Unternehmen hinterher, und HR-Profis
werden zu spät eingestellt, da sie nicht
als wertschöpfend gelten. Doch erfolg-
reiche Unternehmen handeln anders.
Auch HR in wachsenden Unterneh-
men braucht Steuerung. Wer im Aufbau
alles annimmt, ohne Prioritäten und kla-
re Ziele, erlebt oft wenig Erfolge, im Ge-
genteil: HR ist nie gut genug, weil immer
irgendein Anspruch unbefriedigt bleibt.
Ein Auftrag hilft, Ansprüche und Verant-
wortlichkeiten zu klären.
HR-Schwerpunkte laufend anpassen
Hilfreich für das Wachstum ist daher ein
klarer Auftrag, verbunden mit passen-
den Schwerpunkten für HR und Talent
Management. Diese Schwerpunkte gilt
es im Wachstum immer wieder zu klä-
ren. Denn erst mit klarer Stoßrichtung
kann sich HR als echter Business Part-
ner für das Gründerteam und als Rück-
grat des Wachstums positionieren.
Liegt zum Beispiel ein Schwerpunkt
auf dem Recruiting, braucht es Rollen-
konzepte für die Personalauswahl. Sie
helfen, Aufgaben, Verantwortlichkeiten
und notwendige Kompetenzen für „Job
Families“ sauber zu definieren und die
Personalauswahl zu strukturieren. Ge-
nerell empfiehlt sich früh eine Bewer-
bersoftware, die es HR wie auch den
Führungskräften erlaubt, sich jederzeit
den Überblick zu verschaffen.
Wenn das Unternehmen noch eher un-
bekannt ist, gilt es, Netzwerke zu aktivie-
ren und das Alleinstellungsmerkmal auf
dem Bewerbermarkt klar herauszuarbei-
ten. Warum sollten die besten Köpfe für
Sie arbeiten? Die clevere Antwort bietet
ein verständliches wie ehrliches Wert-
versprechen am Arbeitsmarkt; „Start-
up-Fieber“ reicht nicht aus, das bieten
inzwischen (zu) viele.
Gilt es, eine Prozessinfrastruktur
einzurichten? Onboarding-Prozesse,
Gehaltsabrechnung, die Dokumentati-
on von Zielvereinbarungen und andere
Verwaltungsfunktionen benötigt jedes
Unternehmen; möglicherweise sind
arbeitsrechtliche Themen zu beachten.
Hier ist es wichtig zu klären, wer die HR-
Infrastruktur schafft.
Verspricht das Unternehmen Per-
sonalentwicklung statt ältlicher Wei-
terbildungsangebote, dann benötigen
Führungskräfte Unterstützung, wie sie
auch überfachliche Kompetenzen syste-
matisch entwickeln können. HR sollte
entlang der strategischen Businesspla-
nung Entwicklungspfade für Talente er-
arbeiten und umsetzen. Dabei ist es auch
wichtig, auf die systematische Auswahl
zu achten, damit die Richtigen in Füh-
rungspositionen kommen.
Steht die Mitarbeiterbindung im Vor-
dergrund, dann braucht es dynamische
HR-Expertise im Talent Management, in
der Potenzialbeurteilung und für interne
Nachfolgeprozesse. Hier können wach-
sende Unternehmen wirklich punkten,
denn sie bieten besondere Entwick-
lungsmöglichkeiten.
Ein weiterer Punkt, der ab der ersten
Wachstumsphase zählt: Gibt es Inhouse-
Kompetenz oder externe Ansprech-
partner für die weniger erfreulichen
Seiten der Personalarbeit? Kritik-, Ab-
mahnungs- oder Trennungsgespräche
braucht keiner, und doch sind sie früher
oder später Realität in jedem Unterneh-
men, genauso wie böse Kommentare auf
Arbeitgeberbewertungsplattformen. Es
muss klar sein, wie HR mit solchen The-
men umgeht.
Und „last but not least“: Hat HR ein
Selbstverständnis, gibt es eine Personal-
politik im Unternehmen, die den Auftrag
von HR stützt? Ist klar, wie HR Unter-
nehmensinteressen vertritt und wie sich
HR-Mitarbeiter im Konfliktfall zwischen
Mitarbeitern und Führungskräften ver-
halten? Wenn dem nicht so ist, wird HR
schnell zu einer Funktion, bei der alles
aufläuft und wo doch nichts passiert.
REGINA BERGDOLT
ist selbst-
ständige Unternehmensbera-
terin für wachsende Unterneh-
men und Talent Management.
Häufig tappen Persona-
ler in schnell wachsen-
den Unternehmen in
klassische Wachstums-
fallen. So beschränkt
sich Talent Management
oft nur auf Recruiting.
HR braucht einen kla-
ren Auftrag. Erst dann
kann sich HR als echter
Business Partner für
das Gründerteam und
als Rückgrat des Wachs-
tums positionieren.
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