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            RECHT
          
        
        
          _KÜNDIGUNG
        
        
          personalmagazin  11/16
        
        
          
            Tabelle
          
        
        
          Schritt-für-Schritt Anleitung für eine
        
        
          Arbeitgeber-Kündigung (HI1561761)
        
        
          Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
        
        
          Personal Office (HPO). Internetzugriff:
        
        
        
          
            ARBEITSHILFE
          
        
        
          B
        
        
          ei der Schlagzeile „Alkoholi-
        
        
          sierter Quad-Fahrer liefert sich
        
        
          Straßenrennen mit Sportwa-
        
        
          gen“ werden Sie wahrschein-
        
        
          lich mit Empörung an ein offensichtlich
        
        
          modernes Verkehrsdelikt denken. Ge-
        
        
          rade in letzter Zeit scheinen sich die
        
        
          Vorfälle zu häufen, in denen sich Ver-
        
        
          kehrsteilnehmer in unverantwortlichen
        
        
          Rennveranstaltungen im öffentlichen
        
        
          Straßenverkehr messen. Stellen Sie sich
        
        
          jetzt noch vor, aus einem Zeitungsartikel
        
        
          ergibt sich auch eindeutig das Unterneh-
        
        
          men, das den Verkehrsrowdy beschäf-
        
        
          tigt: nämlich das Ihrige, ein bekanntes
        
        
          Autohaus, spezialisiert auf hochpreisige
        
        
          Sportwagen. Der Quad-Fahrer arbeitet
        
        
          dort als Autoverkäufer. Die Boulevard-
        
        
          Presse berichtet zudem von einer Verfol-
        
        
          gungsjagd mit der Polizei einschließlich
        
        
          dem Überfahren von roten Ampeln und
        
        
          dass beim Rennen Alkohol im Spiel war.
        
        
          Vielleicht hätten Sie bei der Sachlage
        
        
          auch so wie der tatsächlich betroffene
        
        
          Unternehmer gehandelt. Dieser ging
        
        
          wohl nach der Überlegung „So jemanden
        
        
          Von
        
        
          
            Thomas Muschiol
          
        
        
          können wir doch nicht weiter beschäfti-
        
        
          gen“ vor und sprach dem Übeltäter die
        
        
          fristlose Kündigung aus. Auf den ersten
        
        
          Blick eine nachvollziehbare Reaktion.
        
        
          Aber hält diese auch einer arbeitsgericht-
        
        
          lichen Überprüfung stand? Das Arbeits-
        
        
          gericht Düsseldorf (Urteil vom 12.7.2016,
        
        
          Az. 15 Ca. 1769/16) musste über die Fra-
        
        
          ge entscheiden, ob das Quadrennen auch
        
        
          arbeitsrechtliche Konsequenzen haben
        
        
          kann. Im Ergebnis gaben die Arbeitsrich-
        
        
          ter dem Autohaus Recht. Das Urteil zeigt
        
        
          jedoch eindrucksvoll auf, dass Sachver-
        
        
          halte aus dem privaten Bereich kündi-
        
        
          gungsrechtlich schwierig zu bewerten
        
        
          sind. Ganz nebenbei zeigt es, wie fanta-
        
        
          sievoll Einlassungen sein können, wenn
        
        
          es um das Bestreiten entscheidungser-
        
        
          heblicher Tatvorwürfe geht.
        
        
          Straßenrennen im Zusammenhang
        
        
          mit der betrieblichen Tätigkeit?
        
        
          Beginnen wir mit der Überlegung, wie
        
        
          das strafbare Verhalten des Mitarbeiters
        
        
          zu bewerten gewesen wäre, wenn das
        
        
          Straßenrennen im Rahmen der betrieb-
        
        
          lichen Tätigkeit, etwa in Absprache mit
        
        
          einem interessierten Kaufinteressenten
        
        
          für einen Sportwagen gewesen wäre?
        
        
          Dann dürfte der Fall hier klar gewe-
        
        
          sen sein und das Arbeitsgericht hätte
        
        
          sicherlich nicht 13 Seiten Urteilstext
        
        
          gebraucht, um zu begründen, dass ein
        
        
          illegales Autorennen imDienst und noch
        
        
          dazu alkoholisiert, eine außerordent-
        
        
          liche Kündigung rechtfertigt und nicht
        
        
          nur lediglich einen Abmahnungsgrund
        
        
          darstellen kann.
        
        
          Aber unstreitig hatte das Autorennen
        
        
          in der Freizeit des Autoverkäufers statt-
        
        
          gefunden, was die Rechtsprechung des
        
        
          Bundesarbeitsgerichts auf den Plan rief,
        
        
          von der auch die Düsseldorfer Arbeits-
        
        
          richter nicht abweichen wollten. Außer-
        
        
          dienstliches Verhalten, so wird denn
        
        
          auch in den Urteilsgründen unmissver-
        
        
          ständlich eingeräumt, sei grundsätzlich
        
        
          ungeeignet, eine außerordentliche Kün-
        
        
          digung zu rechtfertigen.
        
        
          Kündigungsgrund 1:
        
        
          der Führerscheinentzug
        
        
          Wenn es somit schwierig ist, aus einem
        
        
          privaten Verhalten einen Kündigungs-
        
        
          grund abzuleiten: Kann nicht die bloße
        
        
          Tatsache, dass der Autoverkäufer mit
        
        
          seiner alkoholisierten Rennfahrt gleich-
        
        
          zeitig seinen Führerschein eingebüßt
        
        
          hat, für die Kündigung ausreichen?
        
        
          Kann denn das Autohaus hier nicht
        
        
          einwenden, dass es nicht wegen des
        
        
          Verhaltens, sondern wegen des Führer-
        
        
          scheinentzugs kündigen musste, weil
        
        
          der Mitarbeiter schlicht und einfach sei-
        
        
          nen Vertrag nicht mehr erfüllen kann?
        
        
          Kündigungsrechtlich ist dies in der
        
        
          Tat möglich, es handelt sich dann nicht
        
        
          mehr um eine verhaltensbedingte, son-
        
        
          dern eine personenbedingte Kündigung.
        
        
          Insoweit wäre die Ausgangslage die
        
        
          gleiche, als wenn dem Mitarbeiter aus
        
        
          krankheitsbedingten Gründen die Fahr-
        
        
          erlaubnis entzogen worden wäre. Zu
        
        
          prüfen ist in solchen Fällen aber stets
        
        
          noch, ob es nicht für den Arbeitgeber zu-
        
        
          mutbar ist, eine führerscheinlose Zeit zu
        
        
          überbrücken, etwa unbezahlten Urlaub
        
        
          zu gewähren oder bei Mitarbeitern, bei
        
        
          denen die Fahrtätigkeit nur ein Nebena-
        
        
          spekt ist, organisatorische Maßnahmen
        
        
          Zur Kündigung gerast
        
        
          
            URTEIL.
          
        
        
          Auf ein illegales Autorennen folgte die Entlassung: In welchen Fällen Sach
        
        
          verhalte aus dem privaten Bereich der Mitarbeiter für eine Kündigung relevant sind.