Personalmagazin 11/2016 - page 70

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RECHT
_ZEITARBEIT
personalmagazin 11/16
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
DR. THOMAS LEISTER
ist
Fachanwalt für Arbeitsrecht
und Partner bei Osborne
Clarke in München.
AÜG versagen oder nach § 5 Abs. 1 Nr. 3
AÜG widerrufen.
Nach dem Referentenentwurf zur Än-
derung des AÜG, der voraussichtlich am
1. Januar 2017 in Kraft treten wird, wird
dieses Verbot des Kettenverleihs aus-
drücklich im Gesetz verankert. Danach
ist Arbeitnehmerüberlassung nur dann
zulässig, wenn zwischen dem Verleiher
und dem Zeitarbeitnehmer ein Arbeits-
verhältnis besteht. Wörtlich heißt es in
§ 1 Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs: „Die Über-
lassung und das Tätigwerdenlassen von
Arbeitnehmern als Leiharbeitnehmer
ist nur zulässig, soweit zwischen dem
Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein
Arbeitsverhältnis besteht.“
Ein Verstoß gegen das Verbot des Ket-
tenverleihs soll mit einer Geldbuße von
bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Zu-
dem kommt eine Nichtverlängerung der
Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis be-
ziehungsweise ihr Widerruf in Betracht.
Das „Agency Model“
Da das „Principal Model“ in Deutsch-
land – jedenfalls soweit der Einsatz von
Zeitarbeitnehmern nicht von vornhe-
rein ausgeschlossen ist – nicht rechts-
wirksam umgesetzt werden kann, ist
ein modifiziertes Modell zu verwenden.
Die Lösung in Deutschland liegt in dem
sogenannten „Agency Model“. Nach die-
sem Modell bestehen direkte vertragli-
che Beziehungen zwischen dem Kunden
und den einzelnen Personaldienstleis-
tern. Im Gegensatz zu dem „Principal
Model“ hat der MSP bei dem „Agency
Model“ keine vertraglichen Beziehun-
gen zu den einzelnen Personaldienst-
leistern. Vielmehr bestehen die vertrag-
lichen Beziehungen direkt zwischen
den einzelnen Personaldienstleistern
und dem Kunden.
Nun mag man einwenden, dass der
Kunde bei diesem Modell nach wie vor
mit jedem einzelnen Personaldienstlei-
ster Verträge abschließen muss, was er
durch die Zwischenschaltung eines MSP
gerade vermeiden wollte. In der Tat be-
stehen die rechtlichen Beziehungen zwi-
schen dem Kunden und den einzelnen
Personaldienstleistern. Jedoch kümmert
sich der MSP um die Abwicklung dieser
Verträge. Der MSP kann insbesondere
als Vertreter des Kunden die Verträge
Bei diesem Modell bestehen die vertraglichen Beziehungen direkt zwischen dem Unter-
nehmen, das beispielsweise Zeitarbeitnehmer einsetzt, und dem Dienstleister selbst.
DAS AGENCY-MODELL
MSP
MSP-Vertrag
Vertrag
Arbeitnehmer­
überlassungs-
vertrag
Kunde
Tatsächliche Koordination
Dienstleister
(Zeitarbeitsunternehmen)
Zeitarbeitnehmer
Dienstleister
Freier Mitarbeiter
verhandeln und für den Kunden abschlie-
ßen, sofern der Kunde dies wünscht.
Die weitere Koordination und Kontrolle
der Dienstleister kann der MSP in dem
„Agency Model“ genau so ausführen wie
in dem „Principal Model“, das heißt, er
sucht die passenden Kandidaten über die
Personaldienstleister, kümmert sich um
die Rechnungstellung und stimmt sich
mit dem Kunden regelmäßig ab.
Differenz der Modelle
Der einzige rechtliche Unterschied zu
dem „Principal Model“ ist daher, dass
die vertraglichen Beziehungen unmit-
telbar zwischen dem Kunden und den
Personaldienstleistern bestehen. Inso-
weit besteht ein erheblicher rechtlicher
Unterschied. Bei der tatsächlichen Um-
setzung des „Agency Models“ ist dieser
Unterschied allerdings dann nicht rele-
vant, wenn der Kunde den MSP als Ver-
treter die Verträge mit Personaldienst-
leistern für den Kunden verhandeln und
abschließen lässt.
Für den MSP ist das „Agency Model“
interessant, weil er nicht selbst in sämt-
liche Verträge mit den Personaldienstlei-
stern als Vertragspartei eintreten muss.
Für das Kundenunternehmen wiederum
ist das „Agency Model“ insbesondere
dann vorteilhaft, wenn über das Vermö-
gen des MSP ein Insolvenzverfahren er-
öffnet wird oder wenn der Kunde nicht
länger mit dem MSP zusammenarbeiten
will. Denn die geschlossenen Verträge
bestehen zwischen demKunden und den
Personaldienstleistern.
Über diesen Weg kann einerseits ein
Managed-Services-Providing-Modell
auch bei der Überlassung von Zeitar-
beitnehmern rechtssicher umgesetzt
werden und andererseits eine größtmög-
liche Entlastung des Kundenunterneh-
mens erreicht werden.
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