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            RECHT
          
        
        
          _AUSSCHLUSSKLAUSELN
        
        
          personalmagazin  11/16
        
        
          Bei Fragen wenden Sie sich bitte an 
        
        
        
          
            HENNING HORST
          
        
        
          ist Fach-
        
        
          anwalt für Arbeitsrecht und
        
        
          Partner der Kanzlei Reckler &
        
        
          Horst in Nürnberg.
        
        
          Klauseln nur dann wirksam, wenn sie
        
        
          auch für den Arbeitgeber bindend sind.
        
        
          Zudem ist in Verfallklauseln deutlich
        
        
          auf ihre Rechtswirkung hinzuweisen. Es
        
        
          muss deutlich werden, dass Ansprüche
        
        
          verfallen, wenn sie nicht innerhalb der
        
        
          vereinbarten Frist geltend gemacht wer-
        
        
          den. Bei zweistufigen Verfallklauseln ist
        
        
          zudem darauf hinzuweisen, dass Ansprü-
        
        
          che auch dann verfallen, wenn sie nicht
        
        
          innerhalb der vereinbarten weiteren Frist
        
        
          gerichtlich geltend gemacht werden.
        
        
          Die Fristen, innerhalb derer Ansprü-
        
        
          che zu verlangen und gegebenenfalls
        
        
          klageweise geltend zu machen sind,
        
        
          dürfen nicht zu kurz bemessen sein.
        
        
          Nach der Rechtsprechung des Bundes-
        
        
          arbeitsgerichts (BAG) sind Klauseln
        
        
          unwirksam, die eine Frist von weniger
        
        
          als drei Monaten zur außergerichtlichen
        
        
          Geltendmachung vorsehen. Bei zwei-
        
        
          stufigen Verfallklauseln ist zudem eine
        
        
          weitere Frist von mindestens drei Mona-
        
        
          ten zur gerichtlichen Geltendmachung
        
        
          vorzusehen. Es handelt sich hierbei um
        
        
          Mindestfristen. Längere Fristen können
        
        
          also durchaus vereinbart werden. Ferner
        
        
          ist bereits bei der Vertragsgestaltung zu
        
        
          berücksichtigen, dass Ausschlussfristen
        
        
          an die Fälligkeit von Ansprüchen an-
        
        
          knüpfen.
        
        
          Nicht alle Ansprüche sind erfasst
        
        
          Arbeitsvertragliche Verfallklauseln und
        
        
          Ausschlussfristen gelten jedoch nicht
        
        
          für jede Art von Ansprüchen aus dem
        
        
          Arbeitsverhältnis. So unterfallen zum
        
        
          Beispiel Stammrechte aus der betrieb-
        
        
          lichen Altersversorgung, Ansprüche
        
        
          aus einer Ruhegeldzusage oder aber
        
        
          auch der Anspruch auf Rücknahme ei-
        
        
          ner rechtswidrigen Abmahnung keinen
        
        
          Ausschlussfristen.
        
        
          Besonderheiten gelten auch bei
        
        
          Mindestlohn- und Mindestentgeltan-
        
        
          sprüchen. Gemäß § 3 Satz 1 Mindest-
        
        
          lohngesetz (MiLoG) sind Verfallklauseln,
        
        
          die eine Geltendmachung von Mindest-
        
        
          lohnansprüchen nach dem MiLoG be-
        
        
          schränken oder ausschließen, „insoweit“
        
        
          unwirksam. Die Geltendmachung von
        
        
          Mindestlohnansprüchen kann folglich
        
        
          nicht durch Verfallklauseln beschränkt
        
        
          werden. Umstritten ist die Frage, ob Ver-
        
        
          fallklauseln die Regelungen zu § 3 Satz
        
        
          1 MiLoG berücksichtigen müssen und
        
        
          aus Gründen der Transparenz bereits in
        
        
          der Klausel hervorzuheben ist, dass Min-
        
        
          destlohnansprüche nach demMiLoG von
        
        
          der Verfallklausel und den Ausschluss-
        
        
          fristen nicht erfasst sind. Vergleichbare
        
        
          Rechtsfragen stellen sich bei sonstigen
        
        
          Mindestentgeltansprüchen sowie bei
        
        
          tarifvertraglichen Ansprüchen, auf die
        
        
          nicht verzichtet werden kann.
        
        
          Das BAG hat eine richtungsweisende
        
        
          Entscheidung (Urteil vom 24.8.2016,
        
        
          Az. 5 AZR 703/15) getroffen, zu der bei
        
        
          Redaktionsschluss lediglich eine Presse-
        
        
          mitteilung vorlag. Ob diese Rechtspre-
        
        
          chung auch auf Mindestlohnansprüche
        
        
          nach dem MiLoG oder auf weitere Min-
        
        
          destentgeltansprüche übertragbar ist,
        
        
          ist zumindest bis zur Vorlage der aus-
        
        
          führlichen Entscheidungsgründe noch
        
        
          offen. Auch in der juristischen Litera-
        
        
          tur werden insoweit unterschiedliche
        
        
          Auffassungen vertreten. Arbeitgebern
        
        
          ist jedoch zu raten, die Verfallklauseln
        
        
          unter Berücksichtigung der BAG-Recht-
        
        
          sprechung anzupassen und klarer zu
        
        
          formulieren.
        
        
          Künftig neu: Text- statt Schriftform
        
        
          Zusätzlich zu den genannten Vorgaben
        
        
          des AGB-Rechts müssen Arbeitgeber bei
        
        
          der Formulierung von Verfallklauseln
        
        
          nun auch eine Änderung des Gesetzge-
        
        
          bers berücksichtigen. Denn bislang sa-
        
        
          hen arbeitsvertragliche Verfallklauseln
        
        
          regelmäßig vor, dass Ansprüche inner-
        
        
          halb der vereinbarten Frist „schriftlich“
        
        
          gegenüber der anderen Vertragspartei
        
        
          geltend zu machen sind. Eine solche Re-
        
        
          gelung war mit der bisherigen Rechtslage
        
        
          zu § 309 Nr. 13 BGB auch vereinbar. Al-
        
        
          lerdings musste auch schon nach der bis-
        
        
          herigen Rechtslage – entgegen dem, was
        
        
          für manche Arbeitgeber oder Arbeitneh-
        
        
          mer nach dem Wortlaut der Klausel zu
        
        
          vermuten wäre – regelmäßig kein hand-
        
        
          schriftlich unterzeichnetes Schreiben
        
        
          vorgelegt werden. Auch bislang genügte
        
        
          in Zweifelsfällen eine fristwahrende Gel-
        
        
          tendmachung in telekommunikativer
        
        
          Form, also per E-Mail oder per Telefax. Es
        
        
          genügte also, die Ansprüche in Textform
        
        
          geltend zu machen. Um für Rechtsklar-
        
        
          heit zu sorgen, hat der Gesetzgeber § 309
        
        
          Nr. 13 BGB nunmehr neu gefasst. Danach
        
        
          sind Klauseln in Allgemeinen Geschäfts-
        
        
          bedingungen und damit auch in Arbeits-
        
        
          verträgen unwirksam, durch die für An-
        
        
          zeigen oder Erklärungen eine strengere
        
        
          Form als „Textform“ verlangt wird.
        
        
          Aufgrund von Übergangsvorschriften
        
        
          wird diese Neuregelung auf sogenannte
        
        
          Altverträge und die darin verwendeten
        
        
          Verfallklauseln keine Auswirkungen ha-
        
        
          ben. Bei Arbeitsverhältnissen, die nach
        
        
          dem 30. September 2016 entstehen, ist
        
        
          die Neuregelung jedoch zu berücksichti-
        
        
          gen. Bei diesen sollten arbeitsvertragliche
        
        
          Verfallklauseln an die neue Rechtsla-
        
        
          ge angepasst werden. Denn die bisher
        
        
          verwendeten Vertragsklauseln, wonach
        
        
          Ansprüche gegenüber der anderen Ver-
        
        
          tragspartei „schriftlich“ geltend zu ma-
        
        
          chen sind, dürften nicht mehr wirksam
        
        
          sein. Die Folgen können für Arbeitgeber
        
        
          erheblich sein: Statt – wie eigentlich ge-
        
        
          wollt – schnell Klarheit über bestehende
        
        
          Ansprüche von Arbeitnehmern zu erhal-
        
        
          ten, dürften diese sich auf die gesetzliche
        
        
          Verjährungsfrist von drei Jahren berufen
        
        
          können. Nach alledem ist Arbeitgebern
        
        
          dringend zu raten, die in den Arbeitsver-
        
        
          trägen verwendeten Verfallklauseln zu
        
        
          prüfen und an die aktuelle Rechtslage
        
        
          anzupassen.
        
        
          
            Fachbeitrag
          
        
        
          Überblick zu tarifvertraglichen
        
        
          Ausschlussklauseln (HI2524105)
        
        
          Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
        
        
          Personal Office (HPO). Internetzugriff:
        
        
        
          
            ARBEITSHILFE