Personalmagazin 11/2016 - page 73

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
zur Tätigkeitsumgestaltung zu ergrei-
fen. Im konkreten Fall stellte sich heraus,
dass der Mitarbeiter bei seiner Wettfahrt
schon gar keinen Führerschein mehr ge-
habt hatte. Diesen hatte er – man höre
und staune – anlässlich einer alkoholi-
sierten Dienstfahrt mit dem Fahrzeug
seines Arbeitgebers schon ein Jahr zuvor
verloren und dabei laut Urteil „zugleich
eine Straßenbahnhaltestelle, die Halte-
stellenbegrenzung, eine Straßenlaterne
und ein Bauzaun beschädigt“.
Es drängt sich die Frage auf, wie der
Mitarbeiter seine Tätigkeit als Autover-
käufer in seiner bestehenden führer-
scheinlosen Zeit hinbekommen hat. Zu
auswärtigen Terminen, so die kleinlaute
Erklärung des Arbeitgebers, habe stets
ein anderer Mitarbeiter abgestellt wer-
den müssen. Man habe dies geduldet,
weil der Kläger in der Tat sehr gute Ver-
kaufszahlen habe vorweisen können und
er stets versichert habe, er werde den
Führerschein in Kürze wieder zurück-
erlangen. Beim jetzigen Wiederholungs-
fall, so das Argument des Autohauses
könne man allerdings nicht mehr davon
ausgehen, dass der Mitarbeiter „in Kür-
ze“ seine Fahrerlizenz zurückerhalte.
Aufgrund der schweren verkehrsrecht-
lichen Verfehlung müsse man vielmehr
sogar damit rechnen, dass dem Mitar-
beiter sogar auf Lebenszeit der Führer-
schein entzogen werde.
Nun trat der Kläger die Flucht nach
vorne an und versuchte, diese Prognose
mit der Erklärung zu widerlegen, dass
es sich bei dem angeblichen Wettrennen
in Wirklichkeit um die Verfolgung eines
Autodiebs gehandelt habe. Dazu gab er
eine geradezu abenteuerliche Geschich-
te zu Protokoll (siehe Kasten).
Kündigungsgrund 2:
Normen wiederholt missachtet
Zu einer Entscheidung des Gerichts
unter dem Aspekt des fehlenden Füh-
rerscheins kam es jedoch nicht. Denn
das Autohaus hatte als zusätzlichen
Kündigungsgrund vorgetragen, dass
sich der Kläger durch sein Verhalten als
ungeeignet gezeigt habe, weiter für sei-
nen Arbeitgeber als Automobilverkäufer
tätig zu sein. Das wiederholte Führen
eines Fahrzeugs im alkoholisierten Zu-
stand und ohne die nötige Fahrerlaubnis
zeige, dass er nicht gewillt sei, sich an
die von der Gesellschaft gegebenen Nor-
men und Vorgaben seines Arbeitgebers
zu halten und diese zu akzeptieren. Das
Autohaus wolle nicht riskieren, einen
Mitarbeiter zu beschäftigen, der in die-
ser Weise wiederholt allgemeingültige
Normen missachte und dabei leichtfer-
tig riskiere, dass vielleicht in Zukunft
Menschen oder auch Fahrzeuge von
Kunden oder seines Arbeitgebers zu
Schaden kommen. Zumal auch die Be-
richterstattungen in der Zeitung und in
lokalen Fernsehsendern dem Ansehen
des Unternehmens schaden würden.
Diese Argumentation erwies sich als
prozessabkürzend, denn sie führte das
Gericht zielgerichtet auf eine Ausnahme
vom eingangs geschilderten Grundsatz,
nämlich, dass privates Fehlverhalten
grundsätzlich nicht als Kündigungs-
grund für eine verhaltensbedingte Kün-
digung herhalten kann.
BAG: Wann privates Verhalten einen
Kündigungsgrund liefern kann
Privates Verhalten, so gibt es auch das
Bundesarbeitsgericht (BAG) in ständi-
ger Rechtsprechung vor, kann dann aus-
nahmsweise einen Kündigungsgrund
darstellen, wenn es konkrete Auswir-
© LUKAS GOJDA / SHUTTERSTOCK.COM
Illegales Autorennen: Auch
privates Verhalten kann zur
Kündigung führen.
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