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          11/16  personalmagazin
        
        
          Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
        
        
        
          Arbeitsverträgen künftig neu formuliert
        
        
          werden sollten.
        
        
          Das kollektivrechtliche Pendant zu
        
        
          den arbeitsvertraglichen sind die tarif-
        
        
          lichen Verfallklauseln. Auf diese soll in
        
        
          diesem Beitrag nicht näher eingegangen
        
        
          werden. Nur so viel sei gesagt: Diese
        
        
          unterliegen keiner AGB-Kontrolle. Die
        
        
          strengen Grenzen und Anforderungen
        
        
          an wirksame Verfallklauseln, wie sie bei
        
        
          arbeitsvertraglichen Regelungen gelten,
        
        
          sind also bei tariflichen Ausschlussklau-
        
        
          seln nicht zu berücksichtigen. Regelmä-
        
        
          ßig wird man daher von der Wirksamkeit
        
        
          tariflicher Ausschlussklauseln ausgehen
        
        
          können.
        
        
          Varianten bei Verfallklauseln
        
        
          Bei arbeitsvertraglichen Ausschluss-
        
        
          klauseln wird im Wesentlichen zwi-
        
        
          schen den sogenannten einstufigen und
        
        
          den zweistufigen Verfallklauseln diffe-
        
        
          renziert.
        
        
          Einstufige Verfallklauseln sehen ledig-
        
        
          lich vor, dass Ansprüche verfallen, wenn
        
        
          sie nicht innerhalb einer vereinbarten
        
        
          Frist gegenüber der jeweils anderen
        
        
          Vertragspartei geltend gemacht werden.
        
        
          Regelungen zur gerichtlichen Geltend-
        
        
          machung enthalten einstufige Verfall-
        
        
          klauseln hingegen nicht, sodass eine
        
        
          Klage zur Durchsetzung außergerichtlich
        
        
          geltend gemachter Ansprüche grundsätz-
        
        
          lich an keine Frist gebunden ist. Sofern
        
        
          Ansprüche nicht verjährt sind oder un-
        
        
          ter besonderen Umständen Verwirkung
        
        
          eingetreten ist, können solche Ansprüche
        
        
          auch erst nach erheblichem Zeitablauf im
        
        
          Gerichtswege durchgesetzt werden.
        
        
          Auch zweistufige Verfallklauseln
        
        
          sehen vor, dass Ansprüche zunächst
        
        
          außergerichtlich innerhalb einer ver-
        
        
          einbarten Frist gegenüber der anderen
        
        
          Vertragspartei formwirksam geltend zu
        
        
          machen sind (erste Stufe). Lehnt diese
        
        
          den Anspruch ab oder äußert sie sich
        
        
          hierzu nicht, verfallen Ansprüche jedoch
        
        
          auch dann, wenn sie nicht innerhalb ei-
        
        
          ner weiteren Frist gerichtlich geltend
        
        
          gemacht werden (zweite Stufe). Bei
        
        
          zweistufigen Verfallklauseln ist damit
        
        
          frühzeitig ein arbeitsgerichtliches Ver-
        
        
          fahren einzuleiten, um den Verfall von
        
        
          Ansprüchen zu verhindern.
        
        
          Kriterien für eine AGB-Prüfung
        
        
          Da arbeitsvertragliche Verfallklauseln
        
        
          regelmäßig einer Prüfung nach den
        
        
          AGB-Bestimmungen gemäß §§ 305 ff.
        
        
          BGB unterliegen, sind sie nur unter be-
        
        
          stimmten Voraussetzungen wirksam. Im
        
        
          Wesentlichen sollten bei der Vertragsge-
        
        
          staltung nachfolgende Aspekte berück-
        
        
          sichtigt werden. Verfallklauseln sind für
        
        
          einen Arbeitnehmer überraschend und
        
        
          für diesen nicht bindend, wenn sie im
        
        
          Arbeitsvertrag an ungewöhnlicher Stel-
        
        
          le oder unter einer missverständlichen
        
        
          Überschrift wie zum Beispiel „Son-
        
        
          stiges“ oder „Schlussbestimmungen“
        
        
          aufgenommen wurden. Verfallklauseln
        
        
          sind daher an üblicher Stelle in den Ar-
        
        
          beitsvertrag aufzunehmen und mit einer
        
        
          eindeutigen Überschrift zu versehen.
        
        
          Die vertragliche Bestimmung zum
        
        
          Ausschluss von Ansprüchen, die die
        
        
          Vertragsparteien nicht innerhalb einer
        
        
          bestimmten Frist geltend  gemacht  ha-
        
        
          ben, ist ebenfalls unwirksam, wenn die-
        
        
          se nur einseitig für den Arbeitnehmer
        
        
          gelten sollen. Vielmehr sind derartige
        
        
          Das BAG hat zuletzt für die Pflegebranche entschieden, inwieweit Mindestlohnan-
        
        
          sprüche bei Verfallklauseln ausgenommen werden müssen. Trotz besonderer Umstän-
        
        
          de bleibt die Frage, wie sich das Urteil auf den gesetzlichen Mindestlohn auswirkt.
        
        
          Die Klägerin dieses Rechtsstreits war bei dem beklagten ambulanten Pflegedienst vom
        
        
          15. Juli bis 15. Dezember 2013 als Pflegehilfskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der
        
        
          Klägerin sah eine Verfallklausel vor, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem
        
        
          Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen,
        
        
          verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der
        
        
          anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch
        
        
          ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung
        
        
          des Anspruchs, so soll der Anspruch nach dieser Klausel auch dann verfallen, wenn er
        
        
          nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich
        
        
          geltend gemacht wird.
        
        
          In dem Verfahren stritten die Parteien über Entgeltfortzahlungsansprüche im Krank-
        
        
          heitsfalle nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Die Klägerin verlangte zunächst
        
        
          außergerichtlich die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und erhob Klage, nachdem
        
        
          trotz Aufforderung entsprechende Zahlungen ausblieben. Nach dem Wortlaut der ver-
        
        
          einbarten Verfallklausel wären diese Ansprüche jedoch bereits verfallen.
        
        
          Nach Auffassung des BAG (Urteil vom 24.8.2016, Az. 5 AZR 703/15, bislang erst als
        
        
          Pressemitteilung vorliegend) ist die vereinbarte Verfallklausel wegen Verstoßes gegen
        
        
          das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB insgesamt unwirksam. Eine im
        
        
          Arbeitsvertrag vorgesehene Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das
        
        
          Mindestentgelt nach § 2 der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Verordnung über
        
        
          zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) erfasst, verstoße
        
        
          nach Ansicht des BAG im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 in
        
        
          Verbindung mit § 13 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) und sei deshalb unwirksam.
        
        
          Damit sei der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht wegen der
        
        
          Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erloschen. Die Verfallklausel könne nach
        
        
          Ansicht des BAG auch nicht für andere Ansprüche aufrechterhalten werden, da dem das
        
        
          Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegenstehe. Im Ergebnis konnte die
        
        
          Klägerin daher den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 Abs. 1
        
        
          EFZG gerichtlich durchsetzen.
        
        
          Sonderfall in der Pflegebranche
        
        
          
            URTEIL