personalmagazin 04/2016 - page 79

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04/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
zu. Dies gilt gerade auf der Ebene des
mittleren und oberen Managements, auf
der sich aus der reinen Stellenbezeich-
nung („HR Business Partner für Segment
X“) selten Aussagekräftiges ableiten
lässt. Neben den vertraglichen Hauptlei-
stungspflichten treffen den Arbeitneh-
mer eine Reihe von vertraglichen und
gesetzlichen Nebenpflichten wie etwa
das Wettbewerbsverbot und die Pflicht
zur Wahrung von Betriebsgeheimnissen.
Entlastungspflicht oder Erleichterung?
Grundsätzlich haftet, wer einen Schaden
vorsätzlich oder fahrlässig, also schuld-
haft herbeigeführt hat. Für Vorstände und
Geschäftsführer konkretisieren § 93 Abs.
2 Satz 1 AktG und § 43 Abs. 2 GmbH-Ge-
setz den Verschuldensmaßstab: Unterneh-
mensleiter haben eine Pflichtverletzung
zu vertreten, wenn sie die Sorgfalt eines
ordentlichen Geschäftsmanns nicht einge-
halten und dabei zumindest fahrlässig ge-
handelt haben. Streiten sich Unternehmen
und (ehemaliges) Organ im Schadenser-
satzprozess über die Verschuldensfrage,
so obliegt nicht etwa dem klagenden Un-
ternehmen der Beweis für das schuldhafte
Verhalten der beklagten Partei. Vielmehr
muss Letztere den vollen Beweis dafür
erbringen, die Sorgfalt eines ordentlichen
und gewissenhaften Geschäftsleiters an-
gewandt zu haben. Trotz ausdrücklicher
Verankerung zumindest im Aktiengesetz
(§ 93 Abs. 2 Satz 2 AktG) ist diese Pflicht
zur Entlastung unter Vorständen und Ge-
schäftsführern noch nicht allgemein be-
kannt und sorgt nicht selten für unange-
nehme Überraschungen.
Zugunsten der Arbeitnehmer regelt
§ 619a BGB das genaue Gegenteil. Der
Arbeitgeber trägt die Beweislast für das
Verschulden des Mitarbeiters. Darü-
ber hinaus hat die Rechtsprechung die
Grundsätze des innerbetrieblichen Scha-
densausgleichs entwickelt. Diese tragen
dem Umstand Rechnung, dass sich klei-
ne Unachtsamkeiten bei der Arbeit kaum
vermeiden lassen und die Verantwor-
tung für die Organisation des Betriebs
beimArbeitgeber liegt. Danach greift bei
betrieblich veranlassten Tätigkeiten ein
dreistufiges Haftungsmodell: Während
bei leichter Fahrlässigkeit der Arbeit-
geber den Schaden allein zu tragen hat,
findet bei mittlerer Fahrlässigkeit eine
Quotelung statt. Der Arbeitnehmer wird
abhängig von den Umständen des Einzel-
falls beteiligt. Dabei sind Grad des Ver-
schuldens, Höhe des Schadens, Stellung
des Arbeitnehmers im Betrieb, Höhe des
Arbeitsentgelts, das möglicherweise ei-
ne Risikoprämie enthält, und ein vom
Arbeitgeber einkalkuliertes und durch
Versicherung abdeckbares Risiko zu be-
rücksichtigen. Bei grober Fahrlässigkeit
haftet der Arbeitnehmer in der Regel in
voller Höhe. Ausnahmen sind möglich,
zum Beispiel bei einem Missverhältnis
von Einkommen und Haftungsrisiko.
Ist der Schaden durch eine Be-
triebshaftpflichtversicherung des Ar-
beitgebers versichert, gebietet es die
arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht,
von dieser Möglichkeit vorrangig Ge-
brauch zu machen. Eine freiwillig vom
Arbeitnehmer abgeschlossene private
Haftpflichtversicherung wirkt sich
grundsätzlich nicht auf die interne Ri-
sikoverteilung aus. Etwas anderes kann
gelten, wenn die Vertragsparteien den
Abschluss einer Berufshaftpflichtversi-
cherung vertraglich vereinbart haben
und der Arbeitnehmer dafür eine er-
höhte Vergütung erhält. Eine allgemeine
Haftungsbeschränkung auf – wie teil-
weise gefordert – drei Monatsverdienste
für Arbeitnehmer wird von der Recht-
sprechung abgelehnt. In Einzelfällen
haben Gerichte eine Begrenzung auf ein
Jahresentgelt für angemessen erachtet.
Vertragliche Begrenzung und D&O
Da der Aufsichtsrat einer Aktiengesell-
schaft (AG) dieser gegenüber schadens-
ersatzpflichtig wird, falls er Schadens-
ersatzansprüche gegen Vorstände nicht
durchsetzt, und der Verzicht auf entstan-
dene Ansprüche erst nach drei Jahren
mit Zustimmung der Hauptversammlung
zulässig ist, scheiden dienstvertragliche
Haftungsbegrenzungen des Vorstands
aus. Größere Freiheit genießen die GmbH
und ihre Geschäftsführer. Hier sind Re-
gelungen denkbar, welche die Haftung
einerseits auf Vorsatz und grobe Fahr-
lässigkeit und andererseits auf einen
Höchstbetrag begrenzen.
Alternativ oder ergänzend empfiehlt
sich eine Directors-and-Officers-Versi-
cherung (D&O). Obwohl diese Absiche-
rung inzwischen zum Standard gehört,
besteht Optimierungsbedarf bei der
Regelung der D&O-Versicherung im An-
stellungsvertrag. Häufig beschränken
sich die Vertragsparteien auf die lapida-
re Aufzählung dieser Versicherungsart
in einer Liste weiterer Versicherungen,
welche das Unternehmen zugunsten
des Organs abzuschließen gedenkt. Aus
Sicht des Organs kommt es indes darauf
an, sich mindestens zusichern zu lassen,
dass die D&O-Versicherung in einer be-
stimmten Höhe besteht, für die Dauer der
Verjährungsfristen für Ansprüche aus
Pflichtverletzungen zu unveränderten
Bedingungen aufrechterhalten und
bei Inanspruchnahmen die Deckungs-
summe wieder aufgefüllt wird. Die
Angemessenheit der Deckungssumme
sollte regelmäßig überprüft werden.
VOLKER TEIGELKÖTTER
ist
Fachanwalt für Arbeitsrecht
bei McDermott Will & Emery
in Düsseldorf.
Künftige Unterneh-
mensleiter müssen sich
nach der Beförderung
dem geänderten Rech-
te- und Pflichtenkreis,
in dem sie sich fortan
bewegen, bewusst sein.
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