personalmagazin 04/2016 - page 77

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04/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
ger auf eigene Kosten Büros in der Nähe
des Auftraggebers anmieten.
Damit nicht genug: Laut Informatio-
nen des Rechtsexperten von Sthree bezö-
gen einige Firmen in die Entscheidung,
ob ein Interim-Manager beauftragt wird,
sogar ihren Betriebsrat mit ein. „Dass
er im Zweifel einer Festanstellung den
Vorzug vor einem Interim-Manager gibt,
ist zu erwarten.“ Konzerne wie BMW
erlauben Medienberichten zufolge nur
noch Verträge, deren Arbeitszeit auf 80
Prozent begrenzt sind. „Doch wie soll
ein Interim-Manager den freien Tag ver-
markten“, fragt sich Strack.
Wie angespannt die Lage für die ex-
ternen Führungskräfte inzwischen ist,
beschreibt Krebs in eindrucksvollen
Worten: Um sich gänzlich abzusichern,
bräuchten Interim-Manager ein zweites
Standbein, etwa als Provider anderer
Interim-Manager. „Kurios finde ich, mir
etwas aufbürden zu müssen, nur um den
Staat nicht gegen mich aufzustacheln.“
Auch das treibt sonderbare Blüten:
Krebs beruft sich auf eine Interim-Ma-
nagerin, die neben ihren Kernaufgaben
sogar einen Teilzeit-Job als angestellte
Sekretärin angenommen habe.
Bleibt die Frage, wie Provider sich
aus der Affäre ziehen. Auch sie müssen
ihre Geschäftspolitik auf den Prüfstand
stellen. Werner zufolge entschieden sich
immer mehr Firmen dazu, jegliche Koo-
perationen mit externen Dienstleistern
einem einzigen „Managed Service Provi-
der“ zu überantworten, der nicht zuletzt
auch für die Aufträge an Interim-Mana-
ger zuständig sei. Umnicht den Kürzeren
zu ziehen, müssen Interim-Manage-
ment-Provider möglichst rechtssicher
agieren. Ludwig Heuse, Geschäftsführer
des gleichnamigen Unternehmens in
Kronberg, lässt das Vertragswerk des-
halb regelmäßig von Rechtsexperten
überprüfen. Zudem würde untersucht,
ob der Kandidat „langjährige Erfahrung
als selbstständiger Dienstleister im
Fachgebiet“ aufweisen könne.
Auch Auftraggeber in der Pflicht
Chancenlos sei laut Heuse, wer kurz zu-
vor seine Anstellung verloren habe und
das Tätigkeitsfeld Interim Manager nur
als „Zwischenetappe auf dem Weg zu
einer neuen Festanstellung“ einordne.
Auch Auftraggeber nimmt Heuse in die
Pflicht. Rechtssicher seien allein Aufträ-
ge mit eindeutigem Projektcharakter.
„Lediglich eine Vakanz mit einem Inte-
rim-Manager zu überbrücken, lehnen
wir deshalb ab.“ Es sei denn, der Projekt-
charakter käme klar zur Geltung. Zum
Beispiel, wenn der HR-Interim-Manager
die Abteilung zunächst „organisatorisch
und inhaltlich neu aufstellen soll“.
Nicht zu verschweigen ist: Provider
profitieren von der großen Verunsiche-
rung im Markt. Insidern zufolge koo-
perieren Unternehmen kaum noch mit
Interim-Managern, die nicht über einen
Provider vermittelt werden. Krebs be-
zeichnet das als „erkaufte Sicherheit“.
Nicht minder gravierend für die derzeit
angespannte Stimmung im Markt: Inte-
rim-Management-Provider scheinen sich
mit der Idee anzufreunden, als „Vermitt-
ler“ oder gar „Verleiher“ von befristet an-
gestellten Führungskräften aufzutreten.
Womöglich eröffnet sich mit dieser Neu-
ausrichtung auch ein kräftiges Umsatz-
wachstum. Kritiker halten das für einen
„Tabubruch“, dem langjährigen Ethos des
Interim-Managements für nicht würdig.
Heuse wehrt ab. Er habe sein Geschäfts-
modell nicht auf neue Füße gestellt. Sei-
ne Kunden könnten auch künftig darauf
zählen, dass die von ihm angebotenen
Führungskräfte „schon mehrere Jahre
selbstständig als Interim-Manager unter-
wegs sind und so auch weiter tätig sein
wollen“. Spannend bleibt, ob dies auch
Leitlinie des deutschen Interim-Manage-
ments bleiben kann, wenn ein Gesetz tat-
sächlich kommen sollte.
© FIEDELS / FOTOLIA.DE
Ungewollt gedrängt: Unter-
nehmen zwingen Interim-
Manager in vermeintlich
rechtssichere Arbeitsformen.
WINFRIED GERTZ
ist freier Journalist aus
München.
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