personalmagazin 04/2016 - page 78

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RECHT
_HAFTUNG
personalmagazin 04/16
S
teigt eine Führungskraft zum
Vorstand oder Geschäftsführer ei-
nes Unternehmens auf, verwirk-
lichen sich oft Karriereträume.
Damit daraus keine Albträume werden,
müssen sich die Aufsteiger des geänder-
ten Rechte- und Pflichtenkreises, in dem
sie sich fortan bewegen, bewusst sein.
Neben den herkömmlichen Schutzrech-
ten, welche die neuen Unternehmenslei-
ter in der Komfortzone des Arbeitsrechts
zurücklassen, gelten namentlich bei der
Haftung für Fehlverhalten große Unter-
schiede. Im Grundsatz haften sowohl das
Von
Volker Teigelkötter
Organ als auch die (Arbeitnehmer-) Füh-
rungskraft für Schäden, die sie durch
eine schuldhafte Verletzung der ihnen
obliegenden Pflichten verursachen.
Wann eine Pflichtverletzung vorliegt
Die mannigfaltigen Pflichten eines Or-
gans ergeben sich primär aus Gesetz,
Dienstvertrag und Satzung. Neben deren
Einhaltung ist die Organisation und Lei-
tung des Unternehmens sowie die Füh-
rung und Überwachung der Mitarbeiter
geschuldet. Der Geschäftsleiter muss
Sorge dafür tragen, Regelverstöße im Un-
ternehmen zu erkennen und zu ahnden.
Pflichtverletzungen von Mitarbeitern auf
unteren Ebenen können zugleich eine
Pflichtverletzung des Unternehmenslei-
ters begründen, wenn Fehler in der Orga-
nisation die Pflichtverletzungen ermög-
licht oder zumindest begünstigt haben.
Abgesehen davon läuft das Organ nahe-
zu täglich Gefahr, unternehmerische Ent-
scheidungen zu treffen, die sich später als
falsch erweisen und dem Unternehmen
Schaden zufügen. In diesem Bereich des
unternehmerischen Ermessens schützt
die sogenannte „Business Judgment Rule“
das Organ vor ansonsten nahezu grenzen-
loser, jegliches unternehmerisches Risi-
ko hemmender Haftung. Diese aus dem
amerikanischen Rechtsraum stammende
Regel übernahm der deutsche Gesetz-
geber 2005 ausdrücklich in § 93 Abs. 1
Satz 2 Aktiengesetz (AktG). Danach liegt
keine Pflichtverletzung vor, wenn das
Vorstandsmitglied bei einer unternehme-
rischen Entscheidung vernünftigerweise
annehmen durfte, auf der Grundlage an-
gemessener Information zum Wohle der
Gesellschaft zu handeln.
Der Pflichtenkreis des Arbeitnehmers,
ob Führungskraft oder nicht, wird hin-
gegen maßgeblich bestimmt und ein-
gegrenzt durch die arbeitsvertraglich
übertragenen Aufgaben. Da diese im
Arbeitsvertrag oft gar nicht oder nur
schlagwortartig bezeichnet sind, kommt
der ausführlichen Stellenbeschreibung
eine erhebliche Bedeutung für die Be-
stimmung der Hauptleistungspflichten
Raus aus der Komfortzone?
ÜBERBLICK.
Im Schadensfall stellt sich oft die Haftungsfrage des Beschäftigten. Die
Situation von Führungskräften und von Organen unterscheidet sich dabei gravierend.
© PHLOXII / SHUTTERSTOCK.COM
Beförderung zum Firmen-Chef:
Angestellte verlassen dann die
Komfortzone der Schutzrechte.
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