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04/16 personalmagazin
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RECHT
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URTEILSDIENST
Internetnutzung: Browserdaten für Kündigung verwertbar
Immer wieder streiten sich Arbeitgeber
und Arbeitnehmer über die missbräuch-
liche Internetnutzung am Arbeitsplatz
oder während der Arbeitszeit. Dabei ist
eines nicht neu: Surfen Mitarbeiter aus-
lin-Brandenburg ein: Der Arbeitgeber
darf – und zwar ohne Zustimmung des
Mitarbeiters – den Browserverlauf des
Dienstrechners auswerten, um mögli-
chen Missbrauch nachzuweisen.
giebig und privat mit dem Dienstrech-
ner im Internet, droht die Kündigung.
Allerdings ist es meist schwer, einen
Missbrauch nachzuweisen. Genau hier
hakt ein aktuelles Urteil des LAG Ber-
URTEIL DES MONATS
Wichtig ist in diesen Fällen zunächst: Welche Regeln – also Verbot
der privaten Nutzung oder nicht – werden im Unternehmen ge-
lebt? Im aktuellen Fall vor dem LAG Berlin-Brandenburg hatte der
Mitarbeiter zwar einen Dienstrechner vom Unternehmen gestellt
bekommen, jedoch war es ihm nur in Ausnahmefällen erlaubt, zu
privaten Zwecken im Internet zu surfen. Weil sich der Arbeitnehmer
nicht daran hielt, folgte die Kündigung. Denn bei der Auswertung
des Browserverlaufs – ohne Zustimmung des Arbeitnehmers – hatte
der Arbeitgeber festgestellt, dass der Mitarbeiter den Rechner für
insgesamt etwa fünf Tage in einem Zeitraum von 30 Arbeitstagen
für private Zwecke genutzt hatte. Die LAG-Richter hielten die außer-
ordentliche Kündigung wegen der unerlaubten Internetnutzung für
rechtswirksam. Interessant war jedoch die Frage, ob der Arbeitge-
ber die womöglich rechtswidrig erlangten Daten durch den Brow­
ser-Check für das Kündigungsverfahren verwenden durfte. Das LAG
hatte hier keine Bedenken. Hinsichtlich des Browserverlaufs liege
kein Beweisverwertungsverbot zulasten des Arbeitgebers vor. Zwar
handele es sich um personenbezogene Daten, in deren Kontrolle
der Arbeitnehmer nicht eingewilligt habe. Eine Verwertung der Da-
ten sei jedoch statthaft. Schließlich erlaube das Bundesdatenschutz-
gesetz eine Speicherung und Auswertung des Browserverlaufs
BAGATELLE ODER BELÄSTIGUNG?
ZUSAMMENFASSUNG
Die sexuelle Belästigung einer Mitarbeiterin
durch den Abteilungsleiter ist ein wichtiger Grund für seine fristlose
Kündigung. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber erst ein Jahr
nach dem tatsächlichen Vorfall davon Kenntnis erlangt hatte.
RELEVANZ
Es hätte wohl für zwei Kündigungen gereicht: Zunächst
ging es „nur“ um eine wegen des Verzehrs eines Stückchens Fleisch
im Wert von 80 Cent. Erst danach erfuhr der Arbeitgeber von einer
sexuellen Belästigung. Für das LAG stand fest: Der Abteilungsleiter
hat ein Vermögensdelikt begangen, was zumindest eine ordentliche
Kündigung gerechtfertigt hätte. Unabhängig davon stützte das Ge-
richt sein Urteil auf die sexuelle Belästigung als wichtigen, die frist-
lose Kündigung begründenden Grund – obwohl er lange zurücklag.
MÜLLER ALS NEUER BOSMAN?
ZUSAMMENFASSUNG
Profifußballer sind keine „normalen“ Arbeit-
nehmer. Daher sind auch mehrfach befristete Verträge für Spieler
rechtmäßig. Das entschied das LAG Rheinland-Pfalz jetzt im Fall von
Heinz Müller, dem früheren Mainzer Bundesliga-Torwart.
RELEVANZ
Aufatmen im Profifußball: Das momentane System, Spie-
lern auch mehrfach befristete Zwei-, Drei- oder Vierjahresverträge
zu geben, bleibt erhalten. Anders als das Arbeitsgericht argumen-
tierte das LAG, dass bei Profifußballern eine besondere „Eigenart
der Arbeitsleistung“ und damit ein Sachgrund für die Befristung
vorliege. Eine zweite Bosman-Entscheidung im Fußball scheint da-
mit abgewendet. Aber: Noch ist nicht klar, ob sich die Parteien nun
einigen oder ob das BAG nochmals andere Maßstäbe setzt.
zur Missbrauchskontrolle auch ohne eine derartige Einwilligung.
Zudem führten die Richter ein rein tatsächliches Argument an: Der
Arbeitgeber habe im Fall keine Möglichkeit gehabt, den Umfang
der unerlaubten Internetnutzung nachzuweisen. Man darf gespannt
sein, ob das BAG diese Meinung oder zumindest das Ergebnis teilt.
Private Internetnutzung am Arbeitsplatz bleibt ein Dauerbrenner.
Quelle
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.1.2016, Az. 5 Sa 657/15
Quelle
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.2.1016, Az. 4 Sa 202/15
Quelle
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.11.2015, Az.2 Sa 235/15
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