personalmagazin 04/2016 - page 42

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MANAGEMENT
_PERSONALSTRATEGIE
personalmagazin 04/16
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
ist möglich, aber deutlich aufwendiger
als zwei bis sechs Monate am Ende ei-
nes Projektes zu pausieren.“ Gerade für
jüngere Berater sind allerdings auch die
offenen Büros und Extras wie flexible
Mobilitätskonzepte – vom Elektrofahr-
rad bis zum Carsharing – Anreize. Und
natürlich das digitale Netzwerken: intern
und in Kooperation mit Start-ups und
Kunden im Digital Hub in Berlin, wo jun-
ge kooperative IT-Projekte angesiedelt
sind. „Gerade junge Berater motiviert
die unternehmerische Atmosphäre, viele
unserer Kollegen gründen später ein ei-
genes Unternehmen“, sagt Personalerin
Kammer. „Aber auch nach der Zeit bei
uns wollen wir den Kontakt halten.“
Neue Führungs- und Firmenkultur
Um Digitalexperten an sich zu binden,
dafür sind Digital Labs der letzte Schrei.
Die Management- und IT-Beratung Cap-
gemini fährt in München-Riehm ein
Innovation-Lab, in dem Berater und
Kunden, Start-ups und Universitäten in
Workshops die digitale Transformation
erleben – und vorantreiben sollen. „Die
Zeiten des Methodenpapstes sind vor-
bei“, sagt Steffen Elsässer, als Senior Vice
President für Personal verantwortlich.
„Es geht um die Fähigkeit Industriekom-
petenz aufzubauen.“ McKinsey hat 2015
für diese Experten schon das weltweit
neunte Digital Lab eingerichtet. In Ber-
lin. Doch aller web-affinen Veränderung
bleibt sich das US-Unternehmen bei der
Personalstrategie treu. „Noch immer gibt
es nur die Alternative zwischen Aufstieg
und Ausstieg“, betont Thomas Fritz. „Al-
lerdings hätte ein Großteil der Kollegen,
die uns nach einer gewissen Zeit verlas-
sen, von uns aus ruhig bleiben können.“
Für Spezialisten gibt es so etwas wie ei-
nen dritten Weg: die Expertengleise, auf
denen zum Beispiel Marketing oder Pro-
zessoptimierung betrieben werden.
Ernst & Young hat die gesamte HR-
Strategie eng an die Vision 2020 geknüpft
– und viel Power in die Anbindung von
Personal-Know-how an das Beratungsge-
schäft gesteckt. Denn ein Lieblingsthema
von Ana-Cristina Grohnert, Mitglied der
Geschäftsführung und oberste Personal-
frau für Deutschland, Österreich und die
Schweiz, ist die Führungskultur in der
neuen Arbeitswelt: in gemischten Teams
arbeiten und lernen, Feedback-Tools nut-
zen und die Ergebnisse umsetzen, mit-
einander reden, Fundraising für soziale
Projekte oder in Baumwollplantagen
ackern, Mobilität individuell gestalten,
Teams ohne lange Anlaufphase zusam-
mensetzen, weil ein gemeinsamer Spirit
herrscht. Mitarbeiter und Berater sol-
len, so Grohnert, ein Gefühl mitnehmen:
„Egal, wie lange ich bei Ernst & Young
arbeite, ich habe etwas für mich und mei-
ne Karriere gelernt.“ Die HR-Stärkung
nimmt Einfluss auf das Karrieretempo.
„ImSinne einer Karriereentwicklung gibt
es deutlich verkürzte Beförderungszyk-
len bis zum Vice President“, beschreibt
Capgemini-Mann Elsässer. „Das wird
möglich, indem wir die Trainings- und
Entwicklungsmaßnahmen individueller
anbieten und die Consultants sie auch
deutlich stärker nutzen“. Für den Perso-
naler komme es darauf an, „sicherzustel-
len, relevantes Wissen im Kundenbezug
verwendbar zu machen“.
Öffnung der Karrierepfade
Über eine vorsichtige Öffnung der Kar-
rierepfade, die eben nicht mehr nur steil
nach oben führen, sondern Seitensprün-
ge ins Sabbatical oder in ein Praktikum
beim Kunden erlauben, denken große wie
kleinere Beratungen nach. „Die Prioritä-
ten und Anforderungen der Menschen
verschieben sich“, hat Claudio Felten er-
kannt. Der Geschäftsführer der 50-köpfi-
gen Buw Consulting GmbH in Osnabrück
wagt sich aktuell ans Jobsharing. Gera-
de werden die ersten Externen für das
Pilot-Tandem ausgewählt. „Man muss die
Paarfähigkeit testen, die Bedingungen be-
sprechen und vertraglich absichern“, be-
schreibt er. „Wir machen einen Zwilling.“
Eine Visitenkarte für beide Berater soll
es geben. Der Kunde weiß, dass er jeden
der Zwei ansprechen kann. Die Variable
würde sich das Tandem gemeinsam er-
arbeiten und dann teilen. Bis Ende 2016
wird der Pilot begleitet. Wenn es klappt,
können sich weitere aktuelle und neue
Mitarbeiter zum Tandem zusammentun.
So experimentell geht es nicht bei al-
len zu, aber alle denken daran, dass sie
Mitarbeiter und Partner anders als früher
„Mitarbeiter sollen das Gefühl mitneh-
men, dass sie bei EY etwas für sich und
ihre Karriere gelernt haben.“
Ana-Cristina Grohnert, Ernst & Young
„Was die Karrierepfade angeht, gibt es
bei uns noch immer nur die Alternative
zwischen Aufstieg und Ausstieg.“
Thomas Fritz, McKinsey
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