personalmagazin 06/2015 - page 20

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TITEL
_HR-KARRIERE
personalmagazin 06/15
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Experte. Doch dass der CHRO durch die-
se Ähnlichkeit besser für den CEO-Job
geeignet wäre, sei ein klassischer Fehl-
schluss. „Da wird Korrelation mit Kausa-
lität verwechselt“, so Hüffer. Wer fit für
den Weg an die Spitze sein wolle, brau-
che vor allem politische Kompetenzen
und einen guten Draht zu den wichtigen
Instanzen wie Aufsichtsrat, Eigentümer
und Aktionärsvertreter. „Ich muss zei-
gen, dass ich Konzernzentrale kann und
nicht im Gestrüpp der Gremien unterge-
he“, sagt Hüffer.
Ein guter Personaler müsse vor allem
in zwei Bereichen fit sein, erklärt Katha­
rina Heuer. „Er muss sich einerseits
um die Menschen und ihre Belange als
Mitarbeiter kümmern, andererseits um
die wirtschaftlichen Belange des Unter-
nehmens und seine Zukunftsfähigkeit
– und das Zusammenspiel aus beidem
gestalten“, so die DGFP-Chefin. Dazu
brauche er nicht nur fachliche Exper-
tise, sondern müsse auch das Geschäft
verstehen und die wesentlichen Erfolgs-
faktoren kennen. Und er müsse ein ziel-
gerichtetes Stakeholder-Management
beherrschen, da er für seine Tätigkeiten
stets die Fachbereiche und Interessens-
vertretungen hinter sich bringen müs-
se. Jungen Personalern rät sie, vor allem
an ihrer strategischen Kompetenz und
Problemlösungsfähigkeit zu arbeiten.
„Ich muss wissen, welche wichtigen
Zukunftstrends es gibt und welche Ge-
schäftsentwicklungen und Lösungen
ich proaktiv dafür finden muss“, so die
DGFP-Chefin.
Business-Kompetenz ist entscheidend
Hier gibt es für Thomas Perlitz oft noch
den größten Nachholbedarf. „Ein guter
Personaler muss eine Gewinn-Verlust-
Rechnung lesen, die relevanten Fragen
erkennen und daraus Businessent-
scheidungen ableiten können“, sagt der
Personalchef. Für ihn sei es daher ent-
scheidend, dass HR-Einsteiger betriebs-
wirtschaftliches Wissen mitbringen.
Das andere – wie Recht und Eignungsdi-
agnostik – könne man extern zukaufen.
Dabei habe HR sogar strategische Vor-
teile gegenüber anderen Vorständen.
Als Verantwortlicher für die Talentent-
wicklung kenne ein guter Personaler die
Toptalente. „Er weiß, wo die Mitarbeiter
mit dem größten Potenzial sind und wen
man entwickeln sollte, um so das Unter-
nehmen voranzubringen“, so Perlitz. Da-
bei gehe es nicht nur darum, die besten
Talente zu gewinnen, sondern auch die
optimale Zusammensetzung zu finden.
„Im Moment fahren viele Unternehmen
ein Modell wie die Oligarchen bei ihren
Fußballclubs“, lästert der Personalchef.
„Die kaufen sich die besten Spieler und
wundern sich, dass das nicht zum Erfolg
der Mannschaft führt.“
CEOs setzen sich als Alphatiere durch
So mancher HR-Manager scheitere aber
auch an der falschen Persönlichkeits-
struktur. „Im Top-Management hat man
es mit Alphatieren zu tun und die wol-
len, dass man auf ihrer Augenhöhe einen
Kampf besteht“, so Perlitz. „Die Masse
der HR-Manager kann das nicht und
wird daher auch nicht ernst genommen.“
Viele seien nicht bereit, für etwas zu
kämpfen. „Wer nach oben will, darf sich
nicht so schnell umhauen lassen“, sagt
Perlitz. „Im männerdominierten Top-
Management braucht man für den Auf-
stieg ein gewisses Maß an Narzissmus,
Machiavellismus und Soziopathie“, sagt
Thomas Bachmann, Geschäftsführer des
Artop Instituts an der Humboldt-Univer-
sität zu Berlin. Diese drei Eigenschaften,
die man als die „Dunkle Triade“ bezeich-
net, seien auf dem Weg nach ganz oben
implizit gefordert. Doch im HR-Bereich
seien diese eher männlichen und macht-
orientierten Eigenschaften seltener zu
finden und fehlen daher, um sich auf
dem Weg nach oben durchzusetzen.
Doch gibt es überhaupt genug Perso-
nalmanager, die an die Spitze streben?
Sie erlebe sehr viele Personaler, die
gestalten und HR als wichtige unter-
nehmerische Funktion verstehen, sagt
DGFP-Chefin Heuer. Das sei wie bei an-
deren Funktionen auch: Ein Drittel fühlt
sich wohl im Job, ein Drittel will inner-
halb von HR durch Funktionswechsel
von der Vielfalt profitieren und ein Drit-
tel möchte danach in seiner Karriere an-
dere Geschäftsbereiche kennenlernen.
Reine HR-Karriere ist passé
Ob der Weg zum CEO künftig überhaupt
noch über den HR-Vorstand führt, be-
zweifelt Klaus Hansen. „HR wird zu
einem elementaren Baustein im Unter-
nehmen, eingebettet in das größere Gan-
ze“, behauptet der Geschäftsführer von
Odgers Berndtson Deutschland. Früher
sei Personalarbeit eher eine ordnende,
verwaltende Arbeit gewesen. Heute ste-
he HR vor der wichtigen Aufgabe, eine
immer knappere und anspruchsvollere
Ressource zu gewinnen. „Das verlangt
nach Kreativität, Dynamik, Flexibilität
und neuen Wegen“, so der Personalbera-
ter. Heute gehe es daher um „Vermark-
tung und Gewinnung statt um Verwal-
tung und Gerinnung.“
Mirjam Bamberger sieht CHROs daher
vor einer großen Herausforderung. „Sie
müssen heutzutage Business und People
Skills vereinen“, so die Leiterin HR beim
Schweizer Versicherungskonzern Axa
Winterthur. Und das funktioniere nicht
mehr in reiner HR-Karriere. Die wirklich
guten Personalvorstände mit solidem
betriebswirtschaftlichem Hintergrund
seien dünn gesät. „Den Schritt zum CEO
schaffen nur diejenigen unter uns, die
51 Prozent Unternehmerdenke mit 49
Prozent Menschenfreund kombinieren“,
sagt sie. „Und nicht andersrum.“
BÄRBEL SCHWERTFEGER
ist freie Journa-
listin und Fachautorin in München.
Um die Funktion als
Personalvorstand gut
auszufüllen, ist betriebs-
wirtschaftliches Wissen
wichtig. Nur damit be-
steht auch die Chance,
zum CEO aufzusteigen.
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