personalmagazin 8/2015 - page 73

08/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
M
uss sich unser Unterneh­
men eigentlich zwingend an
einen Tarifvertrag halten?
Diese Frage wird in der Pra­
xis im Ergebnis häufig allein dann schon
bejaht, wenn das Unternehmen einem
Arbeitgeberverband angehört oder am
Abschluss eines Haustarifvertrags mit­
gewirkt hat. Entsprechend wird diese Er­
kenntnis dann meist dadurch umgesetzt,
dass in den Arbeitsverträgen aller Mitar­
beiter auf diese Tarifbindung hingewiesen
Von
Thomas Muschiol
Geschlossene Gesellschaft
URTEIL.
Eine neue Praxis kommt auf Unternehmen zu: Tarifverträge enthalten häufig
Klauseln, die bestimmte Leistungen nur für Gewerkschaftsmitglieder vorsehen.
wird, indem etwa folgende Formulierung
auftaucht: „Im Übrigen gilt für das Ar­
beitsverhältnis der Tarifvertrag xy“.
Die arbeitsrechtlich gespaltene
Belegschaft ist Realität
Arbeitsrechtlich gesehen reicht es für
eine exakte Beschreibung der Rechtsla­
ge nicht aus, auf die Tarifbindung des
Unternehmens hinzuweisen. Vielmehr
müsste die Antwort auf die Ausgangs­
frage wie folgt lauten: Da das Unterneh­
men tarifgebunden ist, muss der Tarif­
vertrag zwingend auf alle Mitarbeiter
angewandt werden, die ihrerseits tarif­
gebunden sind, also der Gewerkschaft
angehören, die den Tarifvertrag mit
dem Verband, dem das Unternehmen
angehört, abgeschlossen hat. Für diese
Mitarbeiter entfaltet der Tarifvertrag in­
soweit sogenannte normative Wirkung.
Das bedeutet, dass das Unternehmen
sich an einen solchen wie an ein Gesetz
halten muss, auch ohne dass im Arbeits­
vertrag ein Wort über die Anwendung
des Tarifvertrags verloren wird. Geht
man davon aus, dass in kaum einem Un­
ternehmen der Organisationsgrad bei
RECHT
_TARIFVERTRÄGE
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Nur für Mitglieder: Tarifverträge differenzieren
Leistungen nach Gewerkschaftszugehörigkeit.
© MARKUS DEHLZEIT / FOTOLIA.DE
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