08/15 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
M
uss sich unser Unterneh
men eigentlich zwingend an
einen Tarifvertrag halten?
Diese Frage wird in der Pra
xis im Ergebnis häufig allein dann schon
bejaht, wenn das Unternehmen einem
Arbeitgeberverband angehört oder am
Abschluss eines Haustarifvertrags mit
gewirkt hat. Entsprechend wird diese Er
kenntnis dann meist dadurch umgesetzt,
dass in den Arbeitsverträgen aller Mitar
beiter auf diese Tarifbindung hingewiesen
Von
Thomas Muschiol
Geschlossene Gesellschaft
URTEIL.
Eine neue Praxis kommt auf Unternehmen zu: Tarifverträge enthalten häufig
Klauseln, die bestimmte Leistungen nur für Gewerkschaftsmitglieder vorsehen.
wird, indem etwa folgende Formulierung
auftaucht: „Im Übrigen gilt für das Ar
beitsverhältnis der Tarifvertrag xy“.
Die arbeitsrechtlich gespaltene
Belegschaft ist Realität
Arbeitsrechtlich gesehen reicht es für
eine exakte Beschreibung der Rechtsla
ge nicht aus, auf die Tarifbindung des
Unternehmens hinzuweisen. Vielmehr
müsste die Antwort auf die Ausgangs
frage wie folgt lauten: Da das Unterneh
men tarifgebunden ist, muss der Tarif
vertrag zwingend auf alle Mitarbeiter
angewandt werden, die ihrerseits tarif
gebunden sind, also der Gewerkschaft
angehören, die den Tarifvertrag mit
dem Verband, dem das Unternehmen
angehört, abgeschlossen hat. Für diese
Mitarbeiter entfaltet der Tarifvertrag in
soweit sogenannte normative Wirkung.
Das bedeutet, dass das Unternehmen
sich an einen solchen wie an ein Gesetz
halten muss, auch ohne dass im Arbeits
vertrag ein Wort über die Anwendung
des Tarifvertrags verloren wird. Geht
man davon aus, dass in kaum einem Un
ternehmen der Organisationsgrad bei
RECHT
_TARIFVERTRÄGE
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Nur für Mitglieder: Tarifverträge differenzieren
Leistungen nach Gewerkschaftszugehörigkeit.
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