Immobilienwirtschaft 2/2016 - page 43

43
0
2.2016
auf die Energiekosten möglich ist. Einen
wirklichen Nutzen haben grundsätzlich
nur diejenigen, die mit Abmahnungen
Geld verdienen. Die Branche ist von ei-
ner regelrechten Abmahnwelle erfasst
worden, wobei zahlreiche Abmahnungen
unberechtigt erfolgten, da nicht in jedem
Fall ein Energieausweis erforderlich ist
und somit auch die Angaben nicht erfol-
gen können.
Auch ist höchstrichterlich ungeklärt,
obMakler überhaupt indenAnwendungs-
bereich der entsprechendenVerpflichtung
fallen, da vom Wortlaut nur Verkäufer,
Vermieter, Verpächter und Leasinggeber
erfasst sind. Mittlerweile haben zahlreiche
Landgerichte so entschieden und entspre-
chende Unterlassungsklagen gegen Mak-
ler abgewiesen. Hier ist jedoch weiterhin
Vorsicht geboten. Auch Makler und Ver-
walter sollten sich – zunächst noch – als
Verpflichtete verstehen.
KRITIK AN NEUEN GESETZEN
Wenn es nach
dem Bundesjustizministerium geht, wird
der ortsüblichen Vergleichsmiete künftig
jede Dynamik genommen. Dass die Aus-
weitung des Bemessungszeitraums für
die ortsübliche Vergleichsmiete von vier
auf zehn Jahre eine massive Entwertung
des bestehenden Mietwohnbestandes
zur Folge hätte, wird dabei billigend in
Kauf genommen. Banken könnten deut-
lich zurückhaltender bei der Vergabe
von Finanzierungen agieren oder sogar
Nachbesicherungen verlangen, da sich
diese geplante Änderung auch auf die Be-
leihungswerte auswirken könnte. Auch
Investitionen würden sich nicht mehr
rechnen, da nicht einmal mehr ein Infla-
tionsausgleich gegeben wäre. Zudem soll
dieModernisierungsmieterhöhung derart
beschnitten werden, dass auch insoweit
privates Kapital ausbleiben wird. Es ist
abzuwarten, ob die Union das geplante
Mietspiegelmanipulationsgesetz mitträgt.
Der Immobilienverband IVD wird sich –
zusammen mit seinen Partnern – gegen
das geplante Gesetz einbringen.
Wer den Makler bestellt, soll ihn auch
bezahlen. Das hieraus abgeleitete Bestel-
lerprinzip in der Wohnungsvermittlung
sollte in erster Linie Wohnungssuchende
entlasten. Dass die Neuregelung jedoch
dazu geführt hat, dass es für Wohnungs-
suchende deutlich schwieriger geworden
ist, überhaupt an Wohnungsangebote zu
gelangen, wurde dabei übersehen. Das
öffentlich zugängliche Angebot hat sich
deutlich reduziert. Zwar werden nach
wie vor viele Mietwohnungen über Woh-
nungsvermittler angeboten. Zukünftig
wird das Bestellerprinzip jedoch dazu
führen, dass immermehrWohnungen von
Vermietern unter der Handweitergegeben
werden.
Letztlich hat die Politik den Woh-
nungssuchenden mit der neuen Provisi-
onsregelung also einen Bärendienst erwie-
sen. Natürlich lässt sich nicht verhehlen,
dass zahlreiche Vermittler wirtschaftlich
unter Druck geraten sind, da nicht jeder
Vermieter bereit ist, für die professionelle
Vermittlung seines Eigentums zu zahlen.
Dass die Neuregelung kein echtes Bestel-
lerprinzip ist, da es faktisch unmöglich ist,
als Wohnungssuchender einen Vermittler
kostenpflichtig zu beauftragen, soll dabei
nur am Rande Erwähnung finden. Denn
für die tägliche Praxis ist es ohne Belang,
da das Gesetz nun einmal da ist. Dies
könnte sich aber auch wieder ändern.
Der IVD unterstützt eine Verfassungs-
beschwerde seines Mitglieds Frank Baur,
mit der sich das Bundesverfassungsgericht
derzeit befasst. Eine Entscheidung ist noch
in diesem Jahr zu erwarten.
WIDERRUFSRECHT TROTZ TÜCKEN
DerWert
der Maklerleistung realisiert sich erst mit
Abschluss eines Hauptvertrags. Eine Pro-
visionmuss also erst dann gezahlt werden,
wenn aufgrund der Maklerleistung ein
Miet- oder Kaufvertrag geschlossen wur-
de. Trotzdem hat es die EU-Kommission
für erforderlich gehalten, dem Verbrau-
cher auch bei Maklerverträgen ein 14-tä-
giges Widerrufsrecht zu gewähren.
Unterbleibt oder erfolgt die Beleh-
rung über das gesetzliche Widerrufsrecht
unvollständig, kann dies für den Makler
dagegen weitreichende Folgen haben. Das
Widerrufsrecht erlischt in diesemFall erst
zwölf Monate und 14 Tage nach Abschluss
des Maklervertrags, sodass dem Verbrau-
cher die gezahlte Provision zurückgezahlt
werdenmuss oder die Zahlung verweigert
werden darf, nachdem ein Objekt gekauft
oder gemietet wurde.
RECHTSLAGE WEITESTGEHEND AKZEPTIERT
Die bisher gesammelten Erfahrungen zei-
gen jedoch, dass sich die Branche auf die
Neuregelung eingestellt hat und akribisch
darauf geachtet wird, ordnungsgemäß zu
belehren. Auch die Verbraucher, die sich
anfangs schwer damit getan haben, zu
akzeptieren, dass der Makler nicht ohne
ausdrückliche Erklärung vor Ablauf der
14 TageWiderrufsfrist tätig werdenwollte,
haben die neue Rechtslage weitgehend ak-
zeptiert. Letztlich hat das Widerrufsrecht
trotz der schwebenden Gefahr des Pro-
visionsverlustes auch etwas Gutes, da es
für Transparenz sorgt und somit auch zur
Professionalisierung der Branche beiträgt.
Glücklicherweise gibt es 2016 aber
auch Vorhaben, die etwas erfreulicher
sind. So liegt zumindest schon einmal
ein Gesetzentwurf zur Einführung eines
Sachkundenachweises für Makler und
Verwalter vor. Wenn es der Gesetzgebung
wirklich um Verbraucherschutz geht,
dann sollte dieses Vorhaben – aller euro-
parechtlichen Bedenken zumTrotz – nicht
auf die lange Bank geschoben werden. Da
Zuversicht alleine nicht reicht, wird der
IVD hier weiterhin am Ball bleiben.
SUMMARY
»
Das Bundesjustizministerium hat die Grundlinien für ein
Mietspiegelmanipulationsgesetz
vorgelegt.
»
Wegen des
Bestellerprinzips
sind zahlreiche Vermittler unter Druck geraten.
»
Auf das
Widerrufsrecht
hat sich die Branche eingestellt.
»
Wegen der
EnEV ist die Branche von einer regelrechten
Abmahnwelle
erfasst worden.
«
Jürgen Michael Schick, Präsident Immobilienverband
Deutschland IVD
1...,33,34,35,36,37,38,39,40,41,42 44,45,46,47,48,49,50,51,52,53,...76
Powered by FlippingBook