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2.2016
Wenn nun Verkäufer- und Käuferseite
ihre jeweiligen Positionen in Reinform
durchsetzen wollen, dauert es nicht lan-
ge, bis die eine oder andere Seite das Wort
„Dealbreaker“ ausspricht.
Dann kann eine Gewährleistungsver-
sicherung helfen, den gordischen Knoten
zu durchschlagen. Diese sichert Schäden
aus der Verletzung bestimmter im Kauf-
vertrag vereinbarter Garantien ab und ent-
schädigt den Versicherten. Damit ermög-
licht eine Gewährleistungsversicherung,
sowohl dem Verkäuferinteresse an einem
schnellen und endgültigen Exit als auch
demKäuferinteresse an einer Absicherung
gegen unbekannte Risiken durch einen
Haftenden mit einer akzeptablen Bonität
Rechnung zu tragen.
Vertraglich umgesetzt wird dies da-
durch, dass es neben dem Kaufvertrag
eine Versicherungspolice gibt, die ins-
besondere das versicherte Risiko, die
Deckungssumme, die Laufzeit, etwaige
Bagatellgrenzen oder Selbstbehalte, Ob-
liegenheiten des Versicherungsnehmers,
Mitwirkungsrechte des Versicherers und
natürlich die Prämie festlegt. Vertrags-
partner der Versicherung und Versiche-
rungsnehmer kann der Verkäufer (so ge-
nannte Verkäufer-Police) oder der Käufer
(so genannte Käufer-Police) sein.
Die Verkäufer-Police ähnelt im Prin-
zip einer Haftpflichtversicherung, denn
sie deckt (ganz oder teilweise) die Haf-
tung des Verkäufers aus dem Kaufvertrag
einschließlich der Abwehr unberechtigter
Forderungen des Käufers ab. ImHaftungs-
fall muss der Käufer den Verkäufer in An-
spruch nehmen, der sich dann seinerseits
an die Versicherung wenden muss.
Die in der Praxis häufigere Käufer-
Police gibt dem Käufer einen direkten
Anspruch gegen den Versicherer ohne
„Umweg“ über den Verkäufer und be-
steht unabhängig von einer Haftung aus
demKaufvertrag. Dementsprechend wird
der Verkäufer hierbei darauf bestehen,
dass seine Haftung im Kaufvertrag aus-
geschlossen oder auf einen Höchstbetrag
von einen Euro begrenzt wird. Käufer-Po-
licen decken auch Fälle ab, in denen der
Verkäufer absichtlich oder grob fahrläs-
sig Tatsachen nicht offengelegt oder sonst
arglistig gehandelt hat. Bei Verkäufer-Po-
licen ist die Haftung des Versicherers in
solchen Fällen ausgeschlossen – wie auch
sonst bei Versicherungen üblich, wenn es
um das vorsätzliche oder grob fahrlässige
Handeln des Versicherungsnehmers geht.
In Immobilientransaktionen in letzter
Zeit besonders häufig zu finden ist die so
genannte „Seller flip-over Buyer-Police“,
bei der die Verkäuferseite die Verhand-
lungen mit dem Versicherer einleitet, in-
dikative Angebote einholt und die Police
im Laufe der Transaktion auf den Käufer
transferiert, der letztlich Vertragspartner
der Versicherung und Versicherungsneh-
mer wird.
Wichtig zu wissen ist, dass die „normale“
Gewährleistungsversicherung lediglich
unbekannte Risiken abdeckt. Gegen be-
reits offengelegte oder im Laufe der Due
Diligence bekannt werdende Risiken
bietet sie keinen Schutz. Die Gewährleis-
tungsversicherung darf auch nicht als
Ersatz für die Due Diligence (Ankaufs-
prüfung) verstanden werden. Vielmehr
bestehen die Versicherer in aller Regel auf
einer marktüblichen Due Diligence.
IM EINZELFALL ABWÄGEN
Wird aber im
Laufe einer Transaktion zum Beispiel ein
erhebliches Steuerrisiko oder ein dro-
hender wesentlicher Rechtsstreit erkannt,
streiten die Kaufvertragsparteien nicht
selten darum, wer die daraus resultie-
renden Risiken tragen soll – und diese
Frage kann sich schnell zu einem poten-
ziellenDealbreaker entwickeln. Solche be-
kannten Risiken wird der Versicherer in
der Regel aus der Hauptpolice ausschlie-
ßen. In den letzten Jahren sindVersicherer
jedoch zunehmend dazu übergegangen,
für bestimmte bekannte Risiken separate,
gesondert zu vergütende Policen anzubie-
ten. Diese relativ neue Entwicklung hat in
der Praxis bei dem ein oder anderen tot
geglaubten Deal doch noch zu einem er-
folgreichen Abschluss geführt.
Alle potenziellen Dealbreaker lassen
sich durch eine Gewährleistungsversiche-
rung jedoch nicht aus der Welt schaffen.
Die Praxis zeigt, dass Versicherer gerade
bei bekannten Risiken sehr genau prüfen,
ob sie Ausnahmen von den standardi-
sierten Ausschlüssen machen. Die Frage,
ob eine Gewährleistungsversicherung in
Immobilientransaktionen empfehlens-
wert ist, lässt sich dementsprechend nicht
allgemeingültig beantworten. Vielmehr
sollte dies für jede Transaktion im Ein-
zelfall abgewogen werden.
SUMMARY
»
Wenn Verkäufer und Käufer bei Transaktionen ihre Interessen in Reinform durchsetzen wollen,
dauert es nicht lange,
bis die eine oder die andere Seite das Wort „Dealbreake“ ausspricht.
»
Eine Gewährleistungsversicherung
sichert Schäden aus der Verletzung
bestimmter im Kaufvertrag vereinbarter Garantien ab.
»
Man unterscheidet
die Verkäufer- und die (in der Praxis häufigere) Käufer-Police.
In der letzten Zeit besonders häufig sind „Seller flip-over Buyer-Policen“, bei denen die Versicherung im Laufe der Transaktion vom Verkäufer auf
den Käufer überwechselt.
Foto: Commerz Real AG
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Dr. Constanze Kugler und Dr. Christian Thiele,
Rechtsanwälte bei Latham & Watkins LLP