Immobilienwirtschaft 2/2016 - page 35

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Unternehmen zumeist zwischen dem30. und dem35. Lebensjahr
stattfindet, haben Frauen aufgrund von Geburten und der darauf
folgenden Aufteilung traditioneller Rollenerwartungen nur eine
eingeschränkte Teilhabe amArbeitsleben. Sie gehen so häufig bei
der Besetzung der Top-Positionen leer aus.
An einemMangel anQualifikation kann es nicht mehr liegen.
Seit 1999 gehen Schülerinnen mit höheren Abschlüssen aus den
Schulen als Jungs. Seit 2006 sind die Hochschulabsolventen in
der Mehrheit junge Frauen. Bei einer Klasse der IMMOebs in
Regensburg war ich erfreut festzustellen, dass über 70 Prozent
der Teilnehmer weiblich waren. Das, was ihnen aber im Beruf
Schwierigkeiten bereiten kann, sind die Beurteilungskriterien,
nach denen ihre Karrierechancen verteilt werden.
Karrieren in Deutschland werden auch von einem Wettbe-
werb um Anwesenheitszeiten und kommunikative Präsenz be-
stimmt. EinAchtstundentagmuss überMeetings an der Bar noch
verlängert werden. Auch dasWochenende kannman in der Regel
vergessen. Und man sollte immer erreichbar sein. Nur wer sein
Privatleben der Firma opfert, zeigt ausreichende Motivation. Ein
Projekt oder ein Unternehmen muss so geleitet werden, dass ein
normaler Achtstundentag nicht ausreicht. Das ist doch klar!
Aber ein Blick nach Skandinavien zeigt auch andereMöglich-
keiten. Wer als Führungskraft in Stockholm nach 17:00 Uhr am
Schreibtisch sitzt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auf seine
Familienprobleme angesprochen. Minister haben dort Heimar-
beitsplätze und Top Manager kaufen am Nachmittag im Super-
markt für die Familie ein. Von Führungskräftenwird zunehmend
verlangt, dass sie sich auch um ihre Familien kümmern. Sonst
gelten sie als Minderleister, die ihr Leben nicht im Griff haben
und ein Risiko für die Firma sind.
GENERATION Y
Die Rettung ist auch in Deutschland in Form der
Generation Y in Sicht. Sie hat ihr Berufsleben gerade begonnen
und ist die erste Generation, die wirtschaftlich unabhängig ist und
ein ausgewogenes Leben führen will. Na, so was! Für die Zukunft
lässt sich erwarten, dass auch die Immobilienwirtschaft zuneh-
mend auf qualifizierte, weibliche Führungskräfte angewiesen ist.
Denn über die sozialen und moralischen Argumente hinaus gibt
es wirtschaftliche und qualitative Gründe, Frauen und Männer
im Arbeitsleben gleichzustellen.
Wie Frauen die Unternehmen beeinflussen, ist bekannt. Sie
sind nicht unbedingt die besseren Führungskräfte, sorgen aber für
mehr Vielfalt. Sie bringen andere Perspektiven ein, kommunizie-
ren mehr innerhalb der Gruppe und gehen weniger Risiken ein.
Gemischte Teams sind deutlich erfolgreicher und produzieren
bessere Ideen als Gruppen aus lauter Gleichen (Sheryl Sandberg,
Adam Grant, How Men Can Succeed..., New York Times).
GEMISCHTE TEAMS
Demnach sind Unternehmen mit einem hö-
heren Frauenanteil in der Leitung erfolgreicher als ausschließlich
von Männern geführte (z.B. Studie der US-Frauenorganisation
Catalyst). Was ich meine, wird durch ein Erlebnis deutlich: Bei
einem Bauvorhaben geht es umWohnen und Arbeiten in einem
Gebäude. Schnell sind alle anwesenden Männer sich einig, das
geht nur mit separaten Aufzügen. Warum? Ernstgemeinte Ant-
wort: Sonst müsste ja der Rechtsanwalt mit der Mutter und dem
Kinderwagen zusammen fahren! Unzumutbar!
Aber es gibt auchHoffnung: Auf einemNeujahrsempfang be-
richtet ein Notar, der ein Start-up-Unternehmen mit Gründern,
Geburtsjahr 1985, betreut. Als es in dem Gesellschaftervertrag
umdie Babypause für die Gründer während der ersten, entschei-
denden drei Jahre des Unternehmens geht, meint der Notar, ganz
Babyboomer, natürlich eine einmalige Pause. Doch alle Gründer
waren sich einig, dass das selbstverständlich für jedes Kind gelten
soll. Das erste Förderprojekt, auf das sich die Jury des Fonds Per-
spektive vor einem Jahr einigen konnte, war L’ESPACE FÉMININ
von Niche Berlin. Wie verändern Frauen unsere Städte?, war die
Ausgangsfrage für den diskursiven Prozess. Gemeinschaftliche
Nutzungen öffentlicher Räume, die Beteiligung von Jugendlichen
an Planungsprozessen, die Stadt der kurzen Wege, gemischte
Quartiere, die Wiedereingliederung sozial Schwacher und koo-
perative Strategien waren einige der vorgestellten Themen.
Die Old-Boys-Networks sind bald eine kuriose Erinnerung
an längst vergangene Zeiten.
Work-Life-Balance? In einer von Männern des Babybooms dominierten
Welt? Kann das gehen, wenn wir Weltmeister werden wollen? Oder
werden Old-Boys-Networks schon bald vergangenen Zeiten angehören?
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ZUR PERSON
Eike Becker
leitet seit Dezember 1999 zusammen mit Helge Schmidt das Büro Eike Becker_Architekten in Berlin.
Internationale Projekte und Preise bestätigen seitdem den Rang unter den erfolgreichen Architekturbüros in Europa. Eike Becker_Architekten
arbeiten an den Schnittstellen von Architektur und Stadtplanung mit innovativen Materialien und sozialer Verantwortung.
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