ENERGIE UND TECHNIK
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ligen zu können. „Länger wollen wir die Mieter
nicht belasten“, so Schulze. Die Fallstricke seien
nicht allzu groß. Lediglich bei den Öffnungen der
Installationsschächte in der Küche, die sich nach
dem Mindestvolumenstrom richteten, müsste
man aufpassen, damit hinterher die Einbauküche
wieder reinpasst. Eingebaut würden die Lüftun-
gen sowieso nur, wenn eine komplexe Sanierung
anstünde. Dann sei erst mal für 15 Jahre Ruhe, so
lange würden seiner Erfahrung nach die Lüftun-
gen halten. Die Installationskosten würden dabei
gegen null tendieren, weil die WOBA sehr darauf
achte, nur wartungsarme Systeme einzubauen.
Veränderte Geräuschkulisse
Einen kleinen „Nachteil“ gebe es dennoch für
die Mieter in den Plattenbautypen WBS 70. Das
statische Lüftungssystem vorher machte keine
Geräusche. Nun kämen welche hinzu, zum einen
durch die Ventilatoren auf dem Dach, zum ande-
ren durch die Strömungsgeschwindigkeit in den
Lüftungsschächten. Die könne man nicht verhin-
dern, so Schulze. Allerdings wurden alle Mieter
darüber aufgeklärt und zeigten sich nun entspre-
chend zufrieden. Inzwischen seien dieMieter auch
so sensilibisiert, dass sie auf Fehlgeräusche bei der
Lüftung achteten und dies schnell der Verwaltung
meldeten.
Nachrüsten musste die WG Freiberg nur die Fens-
ter. Diemechanische Lüftungwurde in ihren Plat-
tenbauten, die zwischen den 1970er Jahren und
1989 entstanden, schon von Anfang an eingebaut.
Jede Wohnung war in Bad und Küche mit Abluft-
schächten ausgerüstet. Auf den Dächern sorgen
schon immer elektronisch geregelte Ventilato-
ren für den Abtransport der verbrauchten Luft.
Dennoch kam es zu Schimmelbildung. „Das lag
an den Fenstern“, erläutert Kriesten. Die hatten
noch nicht – wie heute üblich – Zwangslüftungen in
den Fensterrahmen eingebaut. Mit der Auswechs-
lung der alten Fenster imZuge einer umfassenden
energetischen Sanierung zwischen 1990 bis 2005
verschwand das Problem fast. Wenn es dennoch
zu Schimmelbildung käme, so Kriesten, läge das
eindeutig am Mieterverhalten.
Die mechanischen Lüftungen waren
bei der Wohnungsgenossenschaft
Freiberg noch aus DDR-Zeiten vor-
handen. Modernisierter Plattenbau
in der Johanna-Römer-Straße
Quelle: WG Freiberg
Alle wesentlichen Normen für den Lüftungsbau in Neubau und Bestand finden
sich in der DIN 1946, Teil 6. Hier einige Schwerpunkte:
Unabhängig von energetischen Maßnahmen (etwa durch EnEV, in Zukunft
durch Gebäudeenergiegesetz, GEG) soll die Einhaltung garantieren, dass
Schimmelbildung vermieden wird. Diese wird insbesondere durch dichte
Gebäudehüllen, Wasserdampfbildung in Wohnungen (durch Wäschewaschen,
Grünpflanzen etc.) begünstigt.
Eine nutzungsunabhängige Lüftung ist Voraussetzung für den Fensteraus-
tausch im Sanierungsfall.
Die Lüftungswärmeverluste werden im Wohnbereich über den erforderlichen
Mindestaußenluftvolumenstrom bestimmt, der sich aus hygienischen und
gesundheitlichen Gründen der Schadstoffbelastung des Gebäudes ergibt.
Die Lüftung kann über zwei Wege erfolgen:
1. mehrere Stoßlüftungen über 24 Stunden durch den Mieter/Bewohner
2. nutzerunabhängige Lüftungseinrichtung
In der Norm sind vier Grundlüftungsprinzipien ausgeführt:
1. Lüftung zum Feuchteschutz (FL)
2. Mindestlüftung (ML)
3. Grundlüftung (GL)
4. Intensivlüftung (IL)
Eine Wohnung muss so geplant werden, dass auch bei Abwesenheit des Nutzers
und geschlossenen Fenstern keine kritische Raumluftfeuchte mit dem Risiko
der Schimmelbildung auftreten kann. Das gilt schon seit der Einführung der
Wärmeschutzverordnung 1995 (WSVO 95).
Info:
Der häufig in Mietverträgen benutzte Begriff „ausreichend“ für die
Lüftung ist weder quantifizierbar noch qualifizierbar. Eine normgerechte
nutzerunabhängige Lüftung ist in vielen Fällen nur durch den Einsatz der hier
beschriebenen kontrollierten Wohnungslüftung zu realisieren.
NORMEN FÜR LÜFTUNGEN