CONTROLLER Magazin 03/2015 - page 86

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nenden und zu maximierenden Kennzahl. Auch
die Erweiterung auf zwei finanzielle Entschei-
dungsgrößen Rendite und Risiko bildet die Ent-
scheidungsprämissen nur anteilig ab. Regelmä-
ßig sind mehrere, fallweise auch zahlreiche
Zielstellungen und/oder Einflussgrößen in
die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Zur
Bewertung und Unterstützung dieser Entschei-
dungssituationen dienen sogenannte multi-
kriterielle Verfahren (Multi-Criteria-Decision-
Making, MCDM).
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Multikriterielle Entscheidungsprobleme beinhal-
ten mehrere Entscheidungskriterien (z. B. ver-
schiedene Standortfaktoren) und diverse Alter-
nativen zur Problemlösung (z. B. alternative
Standorte, wobei jede Alternative anhand der
unterschiedlichen Kriterien insgesamt zu be-
werten ist). Oft kommt es zu einem Kriterien-
konflikt, wobei die Verbesserung einer Zielgröße
zu einer Verschlechterung einer anderen Ziel-
größe führt (z. B. Rendite und Risiko, Zentralität
und Grundstückskosten).
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Außerdem sind ver-
schiedene Erhebungsmethoden und Einheiten
zu beachten und zusammenzuführen (z. B.
Standortrating als Score, Finanzergebnis in
Euro). Multikriterielle Entscheidungsmodelle
können nach der Art und der Anzahl der Kriteri-
en sowie nach der Anzahl der betrachteten Al-
ternativen unterteilt werden. Multiattributive
Entscheidungsverfahren (Multi Attribute Decisi-
on Making, MADM) beinhalten eine endliche
(diskrete) Anzahl an Alternativen und führen zu
Zieloptimierung mittels einer Entscheidungsma-
trix. Nutzbar ist dies beispielsweise in der kom-
plexen Optimierung einer Portfoliostruktur bezo-
gen auf ein übergeordnetes Performanceziel.
Für stetige Entscheidungsprobleme (z. B. Finan-
zierungsgrad, Anzahl Verwalter) kommen multi-
objektive Verfahren (Multi Objective Decision
Making, MODM) zum Einsatz. Die Menge der
Handlungsalternativen ist bei diesen Entschei-
dungsproblemen unbestimmt, auch werden
mehrere Ziele gleichzeitig tangiert (z. B. Gewinn,
Rating, Organisationsauwand, Flexibilität). Ein
MODM-Verfahren wird somit zur Berechnung
einer Alternative für mehrere Zielstellungen, ein
MADM-Verfahren dagegen zur Auswahl aus ei-
ner Menge an Alternativen entsprechend einer
vorgegebenen Zielstellung genutzt.
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Diverse MADM-Ansätze basieren auf Nutz-
wert-Modellen wie dem Analytisch Hierarchi-
sche Prozess (AHP), der Nutzwertanalyse oder
dem Scoring.
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Soweit der Entscheidungsträger
nicht in der Lage ist, Gewichtungen und Präfe-
renzen ex ante festzulegen, führen strukturier-
te, mehrstufige Entscheidungsprozesse wie das
Outranking zu Lösungen
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, welche darüber hin-
aus auch ungünstige Ausgleichswirkungen zwi-
schen guten und schlechten Kriterienausprä-
gungen vermeiden.
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Einfache Nutzwertanalysen und Scoring-
Modelle als Vertreter der klassischen MADM-
Modelle werden im Immobilien- und Banken-
bereich, z. B. im Standort- und Kundenrating,
bereits vielfach eingesetzt und können als be-
kannt und akzeptiert angesehen werden.
Erweiterte Verfahren wie das Outranking sind
dagegen in der Branche fast unbekannt (vgl.
Abbildung 5).
Komplexe multikriterielle Modelle werden vor-
aussichtlich nie die Verbreitung von Wirtschaft-
lichkeitsrechnungen erlangen.
Sie dienen spe-
zialisierten Analysten und sind vor allem zur
Beurteilung komplexer Investitionsentschei-
dungen geeignet.
Damit lassen sich solche im-
mobilienwirtschaftlichen Alternativen verglei-
chen, welche mit Hilfe der Finanzmathematik
Abb. 5: Kenntnis und Anwendung von multikriteriellen Modellen in der Entscheidungsunterstützung (Quelle: Branchenumfrage Immobilienwirtschaft
Ökonomische Entscheidungsmodelle
1...,76,77,78,79,80,81,82,83,84,85 87,88,89,90,91,92,93,94,95,96,...116
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