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Beurteilung langfristiger Investments breite Be-
achtung. DCF und IRR stellen oft die primäre
Entscheidungsgrundlage dar.
Höhere Ausbaustufen mit zahlreichen Einfluss-
größen begünstigen jedoch auch Irrtümer bzw.
bewusste Manipulationen. Ein wesentliches
Problem stellt die Datenprognose dar. Fort-
schreibungen historischer Daten oder reine
Schätzungen liefern oft nur mindere Ergebnis-
qualität. Prognosequalität bzw. Prognoserisko
sind stark vom gewählten Zeithorizont abhän-
gig.
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Die jeweilige Prognosequalität bedingt un-
mittelbar auch die Qualität der darauf aufbauen-
den Entscheidungsvorlagen (vgl. Abbildung 2).
Bikriterielle Entscheidungsmodelle auf Ba-
sis von Rendite- bzw. Wertmaximierung
sowie Risikobegrenzung
Monokriterielle Entscheidungsmodelle beurtei-
len eine Investition ex ante lediglich anhand der
erwarteten Finanzergebnisse (z. B. Rendite). Bi-
kriterielle Entscheidungsmodelle ermöglichen
dagegen die Betrachtung miteinander korres-
pondierender Entscheidungsgrößen wie Ren-
dite und Risiko (vgl. Abbildung 3).
Immobilienwirtschaftliche Risiken können als
Nebenbedingung, als gleichrangige Kennzahl
oder als Bestandteil einer übergeordneten Per-
formancerechnung in das Entscheidungsmodell
einbezogen werden.
Die Integration einer Nebenbedingung „Risiko“
bewahrt grundsätzlich die bisherige Prämisse,
eine einzelne Zielkennzahl (z. B. eine bestimm-
ten Rendite) zu optimieren. Hinzu kommt die
Festlegung von risikobezogenen Nebenbedin-
gungen. Hierzu ist der Parameter Risiko explizit
zu bewerten.
Häufig wird das immobilienwirtschaftliche Risi-
ko mit einem Ausfallrisiko gleichgesetzt. Einsei-
tige Risikomaße bewerten die möglichen nega-
tiven Abweichungen von einem Erwartungswert
oder einer anderen Bezugsgröße. Risiken im
Sinne dieser Modelle sind z. B. die Unterschrei-
tung einer Zielrendite oder eines prognostizier-
ten Mietertrages.
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Als statistische Risikomaße
dieser Kategorie dienen untere partielle Mo-
mente (Lower Partial Moments, Shortfall). Sie
bewerten insbesondere Ausfallwahrscheinlich-
keiten.
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Darüber hinaus können in bestimmten,
schrittweisen Ableitungen der Basisrechnung
auch Shortfall-Erwartungswerte und andere
Kenngrößen ermittelt werden. Mit den einzel-
nen Parametern wird eine Verteilungsfunktion
beschrieben, wobei als Referenzgröße der Er-
wartungswert oder ein gesetztes Minimum
(z. B. eine Mindestrendite) dient.
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Ein solcher
Shortfall-Bereich orientiert sich somit an einer
individuellen Untergrenze, welche sich z. B. aus
dem Investmentprofil, der internen Planung
oder externen Vorgaben ergibt.
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Die statisti-
schen Methoden zur Risikoquantifizierung sind
in der Praxis nur teilweise bekannt. Die Anwen-
dungsfälle liegen sogar bei der einfachen Kenn-
zahl der Ausfallwahrscheinlichkeit (LPM1) unter
10%, selbst wenn man die nur gelegentliche
Anwendung einbezieht. Allenfalls der Value at
Risk weist mit 19% signifikante Anwendungs-
zahlen (Antwortbereich „häufig“ und „primär“)
auf. Dies steht aber immer noch im inhaltlichen
Widerspruch zur Tätigkeit der Teilnehmer, wel-
che mit 41% Immobilienbewertung, 29% Port-
foliomanagement und 24% Asset Management
angaben.
Risiko kann alternativ auch als Grad der
Schwankung um einen Mittelwert, d. h. im
Sinne von Volatilität verstanden werden.
Zweiseitige, schwankungsbezogene Risikoma-
ße betrachten ausgehend vom Erwartungswert
Abweichungen in beide Richtungen. Das immo-
bilienspezifische Risiko wird somit als rich-
tungsunabhängiger Grad der Zielverfehlung ge-
messen.
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Klassische Risikomaße wie Varianz,
Standardabweichung und Volatilität quantifizie-
ren als zentrales Moment zweiter Ordnung die
Streuung um einen Erwartungswert. Höhere
Ordnungen des zentralen Moments wie Schiefe
und Wölbung kennzeichnen spezifische Para-
meter der Verteilung und sind als erweiterte
Risikomaße zu betrachten. Risiken im Sinne
einer Volatilität können ersatzweise auch über
Konzentrationsmaße bestimmt werden.
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Zwar
erreichen Konzentrationsmaße nicht die Genau-
igkeit zentraler Momente, sie bilden jedoch eine
Bewertungsoption im Falle fehlender oder un-
vollständiger Daten an. Messzahlen sind bei-
spielsweise der Herfindahl-Koeffizient, der Ex-
ponential-Koeffizient (bzw. Exponential-Index)
oder der Gini-Koeffizient.
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Die Entscheidungskriterien Rendite und Risiko
können auch gleichberechtigt bzw. parallel be-
trachtet werden. Dies folgt der Prämisse,
dass
mit dem höheren Erwartungswert der Ren-
dite i.d.R. auch ein zunehmendes Risiko
einhergeht.
Insbesondere durch die moderne
Portfoliotheorie nach Markowitz wird der be-
nannte Zusammenhang explizit modelliert und
in das Optimierungskalkül einbezogen. Die
Autor
PD Dr. habil Steffen Metzner MRICS
berät als Gesellschafter der RES Consult GmbH Immobilienfonds,
Banken, Pensionskassen und Softwareunternehmen zu Themen
des Immobiliencontrollings, der Risikoanalyse und des Portfolio-
managements. Am Institut der Universität Leipzig und an der
Bauhaus-Universität Weimar lehrt er als Privatdozent.
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Ökonomische Entscheidungsmodelle
Abb. 3: Bikriterielle Entscheidungsmodelle auf Basis von Rendite und Risiko
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