CONTROLLER Magazin 03/2015 - page 85

83
Minimierung des Risikos wird damit zu einer
gleichberechtigten Bewertungsprämisse neben
dem klassischen Ziel einer Renditemaximie-
rung.
12
Da Risikoänderungen nicht zwingend zu
gleich starken Renditeanpassungen führen,
können Entscheidungsmodelle bestimmte, op-
timale Rendite-Risiko-Kombinationen empfeh-
len. Das Basis-Modell resultiert aus der von
Harry M. Markowitz entwickelten Portfolio Se-
lection, welche im Jahr 1952 publiziert wurde.
13
Diese sogenannte Moderne Portfoliotheorie
stellte nicht mehr die Auswahl eines optimalen
Einzelinvestments in den Mittelpunkt, sondern
vielmehr die Optimierung eines gesamten Port-
folios. Rendite-Risiko-Kombinationen und Port-
folio-Strukturen können immobilienwirtschaft-
lich für verschiedener Asset-Klassen, Teilmärk-
te oder Einzelinvestments modelliert werden.
Die Portfolio Selection nach Markowitz ist in der
Immobilienwirtschaft zunehmend als bekannt
und theoretisch akzeptiert anzusehen. Der Be-
kanntheitsgrad liegt in der Summe der ersten
drei Antwortoptionen bei 67% der Umfrageteil-
nehmer.
Die Parameter Rendite und Risiko können zu
einer einheitlichen Zielkennzahl aggregiert
werden. Kennzahlen dieser Art sind eindeutig
vergleichbar,
sie führen zu einer Rangfolge
mehrerer Alternativen.
Eine einfache Variante
bilden Korrekturverfahren, die den Erwartungs-
wert um risikobezogene Abschläge korrigieren.
Die Korrektur kann bei Eingangsgrößen oder
direkt bei der ausgewiesenen Performance er-
folgen. Es ergeben sich Messgrößen wie der
Return On Risk-Adjusted Capital (Korrektur
der Kapitalgröße), der Risk-Adjusted Return On
Capital (Korrektur der Ertragsgröße) oder die
Risk-Adjusted Performance bzw. die Market
Risk-Adjusted Performance (Korrektur der
Renditegröße). In der Praxis sind die Korrektur-
Verfahren wenig verbreitet. Demnach bestehen
allenfalls für die Risk-Adjusted Performance
wahrnehmbare Anwendungserfahrungen.
Eine weitere Gruppe von Entscheidungsmodel-
len richtet die Bewertung an Markt-Bench-
marks aus. Ziel ist es, die Mehr- oder Minder-
rendite eines bestimmten Assets in Relation
zum erhöhten oder verminderten Risiko zu set-
zen. Der Vergleichsmaßstab ist i.d.R. der „Ge-
samtmarkt“, was immobilienökonomisch bei-
spielsweise aus einer Indexentwicklung für eine
bestimmte Region und Nutzungsart abzuleiten
ist. Die berechneten Rendite-Risiko-Ratios sind
als spezifische Bewertungskennziffern zu ver-
stehen, welche eine Performance entweder ab-
solut oder relativ bezogen auf den Markt oder
eine andere Benchmark nachweisen.
14
Basie-
rend auf dem Capital-Asset-Pricing-Model
bzw. dem Arbitrage-Pricing-Model können di-
verse spezifische Ratio-Kennzahlen definiert
werden. Zu nennen wären beispielsweise das
Jensen-Alpha, welches eine bestimmte Zusatz-
Rendite (positives Alpha) bzw. Minder-Rendite
(negatives Alpha) gegenüber einem Benchmark
(z. B. Marktportfolio) kennzeichnet
15
, die Infor-
mation-Ratio, das Treynor-Mazuy-Maß, die
Treynor-Ratio oder die Sharpe-Ratio. Es über-
rascht, dass sich diese Performance-Maße als
weitgehend unbekannt bzw. ungenutzt präsen-
tierten. Die Modelle sind laut Befragung allen-
falls einigen Spezialisten geläufig.
Die meisten der genannten mathematisch-sta-
tistischen Methoden liefern der Praxis exakte,
aussagefähige und gut zu interpretierende Risi-
kokennzahlen. Ein Vorteil liegt in der
Anwend-
barkeit für beliebige Massendatenphäno-
mene
, die über Verteilungsfunktionen darstell-
bar sind.
16
Auch liegen die benötigten Basisda-
ten oft vor (z. B. eine Menge an Mietpreisdaten
in einem größeren Portfolio). In der weiteren
Entwicklung wäre zu prüfen, ob das festgestell-
te Akzeptanzproblem durch geeignete Weiter-
entwicklungen oder Qualifizierungsmaßnah-
men abgebaut werden könnte oder ob es fall-
weise als Ausschlusskriterium gesehen werden
muss. Perspektivisch ergibt sich eine hohe
Praxisrelevanz der Modelle, auch wenn dies
die Empirie derzeit noch nicht widerspiegelt
(vgl. Abbildung 4).
Multikriterielle Entscheidungsmodelle
unter Einbeziehung qualitativer Faktoren
Immobilienwirtschaftliche Entscheidungen ba-
sieren selten auf nur einer, eindeutig zu berech-
Abb. 4: Kenntnis und Anwendung von Bikriteriellen Modellen in der Entscheidungsunterstützung (Quelle: Branchenumfrage Immobilienwirtschaft)
CM Mai / Juni 2015
1...,75,76,77,78,79,80,81,82,83,84 86,87,88,89,90,91,92,93,94,95,...116
Powered by FlippingBook