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          Liebe Leser, es ist leider eine erschreckend
        
        
          und von allen „Betroffenen“ weitgehend
        
        
          verschwiegene Tatsache, dass aufgrund
        
        
          eklatanter methodischer Schwächen die
        
        
          meisten implementierten Risikomanage-
        
        
          mentsysteme nicht einmal für ihre primäre
        
        
          Aufgabe taugen, nämlich eine Bestands-
        
        
          bedrohung des Unternehmens rechtzeitig
        
        
          zu erkennen.
        
        
          Dies zeigt ein kritischer Blick auf ein Risikoin-
        
        
          ventar oder ein Risikoportfolio. Dort findet man
        
        
          in der überwiegenden Zahl Risiken, deren Ein-
        
        
          trittswahrscheinlichkeit in der Bandbreite von
        
        
          5 bis 50% liegt. Eine Auswertung der Kombina-
        
        
          tionseffekte der Risiken mittels Monte-Carlo-Si-
        
        
          mulation, also die vom IDW PS 340 zum KonTraG
        
        
          geforderte Risikoaggregation, findet man nicht.
        
        
          Dabei ist völlig offensichtlich: Selbst ein nur
        
        
          durchschnittlich stabiles mittelständisches
        
        
          Unternehmen mit z. B. einem „BB-Rating“ hat
        
        
          normalerweise keine bestandsbedrohenden
        
        
          Einzelrisiken, die eine Eintrittswahrscheinlich-
        
        
          keit von 5% oder mehr aufweisen. Die durch
        
        
          das Rating ausgedrückte Insolvenzwahrschein-
        
        
          lichkeit liegt bei 1 bis 2%! Womit sich ein auf
        
        
          die Erfüllung der KonTraG-Anforderung aus-
        
        
          gerichtetes Risikomanagement damit primär
        
        
          befassen muss, ist die Identifikation und
        
        
          Quantifizierung von Risiken mit hoher Wirkung
        
        
          und wesentlich geringeren Eintrittswahrschein-
        
        
          lichkeiten (1 oder 2% oder weniger). Und genau
        
        
          mit diesen „Extremrisiken“ beschäftigt sich das
        
        
          Risikomanagement vieler Unternehmen kaum.
        
        
          Ein auf Bestandssicherung ausgerichtetes Risi-
        
        
          komanagement sollte den Umgang mit Risiken,
        
        
          die z. B. alle 10 Jahre eintreten, als durchaus
        
        
          nützliche „Kür“ auffassen. Zu untersuchen ist
        
        
          aber primär, ob ein Nachfrageeinbruch, der
        
        
          einmal in 50 oder 100 Jahren vorkommt, oder
        
        
          der Ausfall gleich mehrerer Schlüsselkunden
        
        
          oder der extreme Zinsanstieg in einer globalen
        
        
          Finanzkrise bedrohlich ist. Zudem sind es in
        
        
          der Regel nicht eingetretene Einzelrisiken, son-
        
        
          dern die kombinierte Wirkung mehrerer Risiken,
        
        
          die den Bestand eines Unternehmens (sein
        
        
          Rating in der Zukunft) bedrohen. Genau des-
        
        
          halb ist eine simulationsbasierte Aggregation
        
        
          der Risiken im Kontext der Planung, also die
        
        
          Berechnung risikobedingt möglicher Zukunfts-
        
        
          szenarien und ihre Auswirkungen auf das zu-
        
        
          künftige Rating, zwingend notwendig.
        
        
          Fazit: Um auch nur die minimale Anforderung
        
        
          an ein Risikomanagement zu erfüllen, ist es
        
        
          nötig, sich gerade mit seltenen Extremrisiken
        
        
          und den Kombinationseffekten von Risiken zu
        
        
          befassen (Risikoaggregation). Leider werfen
        
        
          Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte,
        
        
          Controller, Risikomanager und auch Wirtschafts-
        
        
          prüfer viel zu selten einen kritischen Blick auf
        
        
          diesen, auch haftungstechnisch relevanten,
        
        
          „Problembereich“.
        
        
          Liebe Leser, ich möchte Ihnen nachdrücklich
        
        
          empfehlen, sich die Risikoreports Ihres Risiko-
        
        
          managements einmal unter diesem Gesichts-
        
        
          punkt anzusehen.
        
        
          Zu dieser Sensibilisierung für die Bedeutung
        
        
          des Risikomanagements tragen natürlich auch
        
        
          die beiden Veröffentlichungen zum Risikoma-
        
        
          nagement bei, die Sie in dieser Ausgabe des
        
        
          Controller Magazins lesen können: Herr Pape
        
        
          informiert über die Bedeutung von Bilanz-
        
        
          Ratings für das Risikomanagement und
        
        
          Herr Dr. von Metzler über Chancen und Gefah-
        
        
          ren mit Kapitalanlagen im Unternehmen.
        
        
          Interessante Anregungen beim Lesen wünscht
        
        
          Prof. Dr. Werner Gleißner
        
        
          P. S. Kostenlose, wissenschaftliche Stellung-
        
        
          nahme zu Risikoinventar und Risikoreport
        
        
          gewünscht? Im Rahmen eines Hochschul-
        
        
          Forschungsprojektes können Sie – selbst-
        
        
          verständlich vertraulich und kostenlos – eine
        
        
          Kurzstellungnahme zum „Output“ (Risikobe-
        
        
          richt, Risikoinventar) Ihres Risikomanagements
        
        
        
        
          Studie dann auch die Studienergebnisse.
        
        
        
          TOP
        
        
          EVENT
        
        
          08. Mai 2015
        
        
          – Sitzung Arbeitskreis
        
        
          „Supply Chain Risk Management“ bei Berlin
        
        
          Chemie (Menarini) in Berlin
        
        
          08. Mai 2015
        
        
          – Sitzung Arbeitskreis
        
        
          „Risikomanagement im Mittelstand“
        
        
          19. Mai 2015
        
        
          – Sitzung Arbeitskreis
        
        
          „Interne Revision & Risikomanagement“ in Bonn
        
        
          Bereits jetzt vormerken!
        
        
          21./22. September 2015
        
        
          – Risk Management
        
        
          Congress 2015 – Die 10. RMA-Jahreskonferenz
        
        
          in Stuttgart
        
        
          Impressum
        
        
          Ralf Kimpel
        
        
          Vorsitzender des Vorstands der
        
        
          Risk Management Association e.V.
        
        
        
           V.i.S.d.P.
        
        
          RMA-Geschäftsstelle
        
        
          Risk Management Association e. V.
        
        
          Englmannstr. 2, D-81673 München
        
        
          Tel.: +49.(0)1801 – RMA TEL (762 835)
        
        
          Fax: +49.(0)1801 – RMA FAX (762 329)
        
        
          E-Mail:
        
        
        
          web: 
        
        
        
          Dr. Werner Gleißner
        
        
        
          Tel.: +49.(0)711- 79 73 58 30
        
        
          
            CM Mai / Juni 2015
          
        
        
          Ihr Risikomanagement beschäftigt sich vermutlich
        
        
          leider primär mit wenig relevanten Risiken!
        
        
          Prof. Dr. Werner Gleißner