CONTROLLER Magazin 03/2015 - page 101

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Liebe Leser, es ist leider eine erschreckend
und von allen „Betroffenen“ weitgehend
verschwiegene Tatsache, dass aufgrund
eklatanter methodischer Schwächen die
meisten implementierten Risikomanage-
mentsysteme nicht einmal für ihre primäre
Aufgabe taugen, nämlich eine Bestands-
bedrohung des Unternehmens rechtzeitig
zu erkennen.
Dies zeigt ein kritischer Blick auf ein Risikoin-
ventar oder ein Risikoportfolio. Dort findet man
in der überwiegenden Zahl Risiken, deren Ein-
trittswahrscheinlichkeit in der Bandbreite von
5 bis 50% liegt. Eine Auswertung der Kombina-
tionseffekte der Risiken mittels Monte-Carlo-Si-
mulation, also die vom IDW PS 340 zum KonTraG
geforderte Risikoaggregation, findet man nicht.
Dabei ist völlig offensichtlich: Selbst ein nur
durchschnittlich stabiles mittelständisches
Unternehmen mit z. B. einem „BB-Rating“ hat
normalerweise keine bestandsbedrohenden
Einzelrisiken, die eine Eintrittswahrscheinlich-
keit von 5% oder mehr aufweisen. Die durch
das Rating ausgedrückte Insolvenzwahrschein-
lichkeit liegt bei 1 bis 2%! Womit sich ein auf
die Erfüllung der KonTraG-Anforderung aus-
gerichtetes Risikomanagement damit primär
befassen muss, ist die Identifikation und
Quantifizierung von Risiken mit hoher Wirkung
und wesentlich geringeren Eintrittswahrschein-
lichkeiten (1 oder 2% oder weniger). Und genau
mit diesen „Extremrisiken“ beschäftigt sich das
Risikomanagement vieler Unternehmen kaum.
Ein auf Bestandssicherung ausgerichtetes Risi-
komanagement sollte den Umgang mit Risiken,
die z. B. alle 10 Jahre eintreten, als durchaus
nützliche „Kür“ auffassen. Zu untersuchen ist
aber primär, ob ein Nachfrageeinbruch, der
einmal in 50 oder 100 Jahren vorkommt, oder
der Ausfall gleich mehrerer Schlüsselkunden
oder der extreme Zinsanstieg in einer globalen
Finanzkrise bedrohlich ist. Zudem sind es in
der Regel nicht eingetretene Einzelrisiken, son-
dern die kombinierte Wirkung mehrerer Risiken,
die den Bestand eines Unternehmens (sein
Rating in der Zukunft) bedrohen. Genau des-
halb ist eine simulationsbasierte Aggregation
der Risiken im Kontext der Planung, also die
Berechnung risikobedingt möglicher Zukunfts-
szenarien und ihre Auswirkungen auf das zu-
künftige Rating, zwingend notwendig.
Fazit: Um auch nur die minimale Anforderung
an ein Risikomanagement zu erfüllen, ist es
nötig, sich gerade mit seltenen Extremrisiken
und den Kombinationseffekten von Risiken zu
befassen (Risikoaggregation). Leider werfen
Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte,
Controller, Risikomanager und auch Wirtschafts-
prüfer viel zu selten einen kritischen Blick auf
diesen, auch haftungstechnisch relevanten,
„Problembereich“.
Liebe Leser, ich möchte Ihnen nachdrücklich
empfehlen, sich die Risikoreports Ihres Risiko-
managements einmal unter diesem Gesichts-
punkt anzusehen.
Zu dieser Sensibilisierung für die Bedeutung
des Risikomanagements tragen natürlich auch
die beiden Veröffentlichungen zum Risikoma-
nagement bei, die Sie in dieser Ausgabe des
Controller Magazins lesen können: Herr Pape
informiert über die Bedeutung von Bilanz-
Ratings für das Risikomanagement und
Herr Dr. von Metzler über Chancen und Gefah-
ren mit Kapitalanlagen im Unternehmen.
Interessante Anregungen beim Lesen wünscht
Prof. Dr. Werner Gleißner
P. S. Kostenlose, wissenschaftliche Stellung-
nahme zu Risikoinventar und Risikoreport
gewünscht? Im Rahmen eines Hochschul-
Forschungsprojektes können Sie – selbst-
verständlich vertraulich und kostenlos – eine
Kurzstellungnahme zum „Output“ (Risikobe-
richt, Risikoinventar) Ihres Risikomanagements
Studie dann auch die Studienergebnisse.
TOP
EVENT
08. Mai 2015
– Sitzung Arbeitskreis
„Supply Chain Risk Management“ bei Berlin
Chemie (Menarini) in Berlin
08. Mai 2015
– Sitzung Arbeitskreis
„Risikomanagement im Mittelstand“
19. Mai 2015
– Sitzung Arbeitskreis
„Interne Revision & Risikomanagement“ in Bonn
Bereits jetzt vormerken!
21./22. September 2015
– Risk Management
Congress 2015 – Die 10. RMA-Jahreskonferenz
in Stuttgart
Impressum
Ralf Kimpel
Vorsitzender des Vorstands der
Risk Management Association e.V.
V.i.S.d.P.
RMA-Geschäftsstelle
Risk Management Association e. V.
Englmannstr. 2, D-81673 München
Tel.: +49.(0)1801 – RMA TEL (762 835)
Fax: +49.(0)1801 – RMA FAX (762 329)
E-Mail:
web:
Dr. Werner Gleißner
Tel.: +49.(0)711- 79 73 58 30
CM Mai / Juni 2015
Ihr Risikomanagement beschäftigt sich vermutlich
leider primär mit wenig relevanten Risiken!
Prof. Dr. Werner Gleißner
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