PM spezial bAV 04/2016 - page 26

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SPEZIAL BAV
_ABRECHNUNG
spezial bAV 04/16
MARKUS KELLER
ist
Geschäftsführer der febs
Consulting GmbH.
und pflegeversicherten Arbeitnehmer
eine „Doppelverbeitragung“ zur Folge,
denn die späteren Leistungen sind als
Versorgungsbezug in der gesetzlichen
Kranken- und Pflegeversicherung voll zu
verbeitragen. Vieles spricht also dafür,
den 1.800-Euro-Freibetrag nicht zu nut-
zen, zumal dieser auch nur für „Neuzu-
sagen“ ab 2005 gilt und die Abgrenzung
zu eventuell bestehenden Altzusagen
schwierig sein kann.
Vereinbarte Beitragsdynamiken sind
im Zusammenhang mit den Fördergren-
zen besonders problematisch. Erhöht
sich der jährliche Umwandlungsbetrag
mehr als die Renten-BBG, wird die Vier-
Prozent-Grenze oder sogar die zusätzliche
1.800-Euro-Grenze früher oder später
überschritten. Dann ist der darüber hi-
naus gehende Beitrag voll lohnsteuer- und
sozialversicherungspflichtig. Dabei gilt:
Wird eine Beitragsdynamik aufgenom-
men, sollte der Beitrag auf die Höhe von
vier Prozent der jeweils geltenden Renten-
BBG beschränkt werden. Damit läuft die
Entgeltumwandlung in der Abrechnung
stets nach dem „gleichen Muster“.
Arbeitgeberzuschüsse zur bAV
Spart der Arbeitgeber durch die Entgelt-
umwandlung Sozialversicherungsbei-
träge, ist ein Arbeitgeberzuschuss schon
aus moralischen Gründen angezeigt.
Manche Unternehmen gewähren des-
halb die jeweilige Sozialversicherungs-
ersparnis als Arbeitgeberzuschuss. In
der Abrechnungspraxis erweist sich
dieses Vorgehen aber als Zeitfresser:
Nicht nur, dass die Sozialversicherungs-
ersparnis von Arbeitnehmer zu Arbeit-
nehmer schwankt, der Arbeitgeberzu-
schuss ist auch nach jeder Anpassung
der Beitragssätze und -bemessungs-
grenzen neu zu berechnen. Dazu kom-
men gegebenenfalls der Wechsel von
der gesetzlichen in die private Kranken-
versicherung oder BBG-Überschreitun-
gen durch Gehaltserhöhungen.
Günstiger ist deshalb ein Arbeitgeber-
zuschuss in Form eines Festbetrags oder
in Prozent des Umwandlungsbetrags
des Arbeitnehmers – unabhängig von
der tatsächlichen Sozialversicherungs-
ersparnis. Soweit einige Arbeitnehmer
Beträge aus Entgelt oberhalb der Bei-
tragsbemessungsgrenzen umwandeln
und damit für den Arbeitgeber keine
Ersparnis vorliegt, kann im Sinne einer
„Durchschnittsbildung“ zum Beispiel
ein Zuschuss von zehn Prozent auf alle
Umwandlungsbeträge gewährt werden.
Bei mischfinanzierten Direktversi-
cherungen sollte der Gesamtbeitrag aus
Entgeltumwandlung sowie Arbeitgeber-
zuschuss auf vier Prozent der Renten-
BBG begrenzt werden. Dies vermeidet das
zuvor beschriebene 1.800-Euro-Problem.
Melde- und Aufzeichnungspflichten
Eine in der Praxis typische Fehlerquelle
bei den gesetzlichen Aufzeichnungs- und
Meldepflichten nach § 5 LStDV ist die
Elternzeit: Arbeitnehmer haben wäh-
rend einer entgeltlosen Zeit das Recht
zur Fortführung der Versicherung mit
Eigenbeiträgen (§ 1a Abs. 4 Satz 1 Be-
trAVG), die aus bereits versteuertem
Einkommen entrichtet werden. Die spä-
tere Rente aus der Direktversicherung,
die mit diesen Eigenbeiträgen finanziert
wurde, ist nur mit dem Ertragsanteil zu
versteuern. Deshalb: Eigenbeiträge in
Elternzeit müssen dem Versicherer drin-
gend gemeldet werden, damit nicht die
komplette Leistung aus der Direktversi-
cherung voll versteuert werden muss.
Als Fazit zwei Empfehlungen, um
Abrechnungsfehler und hohen Arbeits-
aufwand zu vermeiden: Erstens sollte
ein Lohnabrechner bereits bei der Aus-
gestaltung der Versorgungsordnung
eingebunden sein. Selbst ohne vertiefte
bAV-Kenntnisse fällt diesem meist sofort
auf, wenn zum Beispiel gut gemeinte Fle-
xibilität bei der Entgeltumwandlung zu
uferlosem Aufwand in der Abrechnung
führt. Zweitens ist bAV-Weiterbildung
unerlässlich: Trotz aller Automatisierung
sind einzelne Geschäftsvorfälle nur dann
korrekt abzurechnen, wenn die rechtli-
chen Hintergründe bekannt sind.
Viele Abrechnungs- und Verwaltungsprobleme mit Direktversicherungen sind „haus-
gemacht“. Deshalb sollten folgende Punkte schon bei Einrichtung klar geregelt sein.
• Vorgaben zur Entgeltumwandlung: Eine Beitragsbegrenzung auf vier Prozent der
Renten-BBG, die Vorgabe gleich bleibender Beiträge innerhalb eines Jahres und Bei-
tragsdynamiken allenfalls analog BBG-Steigerungen haben sich bewährt.
• Arbeitgeberzuschüsse: Arbeitgeberzuschüsse sollten nicht an der individuellen Sozial-
versicherungsersparnis aus der Entgeltumwandlung bemessen werden. Besser: Zuschuss
als Fixbetrag oder prozentual vom Umwandlungsbetrag des Arbeitnehmers.
• Rechtssicherheit durch Versorgungsordnung: Alle Regelungen sollten in einer Versor-
gungsordnung festgehalten sein, die auch als Leitfaden für die Abrechnung dient.
• Abfindung: Die bAV dient der Versorgung, deshalb sollten Abfindungswünsche im
laufenden Arbeitsverhältnis abgelehnt werden. Damit vermeidet man auch alle mit der
Abfindung verbundenen Abrechnungsfragen und -fehler.
• Übernahme vom Vorarbeitgeber: Direktversicherungen vom Vorarbeitgeber sollten
grundsätzlich nicht oder nur nach Einzelprüfung übernommen werden. Ansonsten
drohen Haftungsrisiken sowie eine Vielzahl von „Einzelabrechnungen“ individueller Bei-
träge, die zudem an unterschiedliche Versicherer überwiesen werden müssen. Besser:
Übertragung des Kapitals in eine neue Versicherung nach eigenen Vorgaben.
Einfache Abrechnung durch klare Regeln
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