wirtschaft und weiterbildung 6/2018 - page 23

wirtschaft + weiterbildung
06_2018
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Berater sollten gerade in Konfliktsituati­
onen beachten: In personenorientierten
Systemen werden Sachprobleme oft vor­
geschoben. Es geht in Wahrheit um die
Klärung von Beziehungsproblemen!
Rezept
Nr. 15
Nutze die Beobachtung Deines eigenen
Körpers zur Diagnose sozialer Systeme
(Bauchgefühl). Nimm die Beziehungsange-
bote und Einladungen zur Übernahme von
Funktionen wahr (diese fehlen nämlich im
System). Hör auf Deinen Bauch, aber gehor-
che ihm nicht!
Der eigene Körper kann ein Kommuni­
kationsmedium sein. Simon ist sich si­
cher: Jeder geschulte Berater spürt relativ
schnell, welche Kultur in einer Organi­
sation herrscht (zum Beispiel wenn der
schulterklopfende Chef sagt: „Bitte brin­
gen Sie den Laden auf Vordermann.“).
Der Körper spürt ein Beziehungsangebot,
aber der Berater darf nicht spontan han­
deln, sondern muss reflektieren.
Rezept
Nr. 16
Wenn Du bei einem anderen Menschen
psychische Änderungen erreichen willst,
dann variiere das Kommunikationsmuster,
an dem er beteiligt ist (zum Beispiel durch
Coaching) oder interveniere in seinen Orga-
nismus (zum Beispiel durch Entspannungs-
techniken).
Alle Reize der Umwelt wirken lediglich
irritierend, aber nicht determinierend.
Grundsätzlich hat man die Möglichkeit,
den Versuch zu unternehmen, in ein Sys­
tem zu intervenieren oder in seine Um­
welten (verbunden mit der Hoffnung,
dass Änderungen in der Umwelt ein Sys­
tem zu einer Reaktion ermuntern kön­
nen).
Rezept
Nr. 17
Wenn Du steuernd oder zielgerichtet ver-
ändernd in ein konkretes soziales System
intervenieren willst, wähle zwischen fol-
genden Möglichkeiten: Variiere Elemente
und Prozessmuster von Aktionen und Kom-
munikationen oder nimm Variationen bei
den Akteuren vor (tausche Menschen aus).
Rezept
Nr. 18
Wenn Du eine Organisation zielgerichtet
beeinflussen willst, so nutze die entscheid-
baren Entscheidungsprämissen: Verändere
Programme, tausche Personen aus, ändere
formale Strukturen. Wenn Du die Kultur
einer Organisation verändern willst, spiele
„über die Bande“.
Man sollte nicht versuchen, das zu be­
einflussen, was nicht „entscheidbar“ ist.
Niemand kann über eine Unternehmens­
kultur entscheiden und beschließen, man
habe am nächsten Tag eine andere Kul­
tur. Eine Kultur entwickelt sich langsam
und selbstorganisiert auf der Basis der
gelebten Tradition und unter Beteiligung
vieler interner Interessensgruppen. „Über
die Bande spielen“ heißt: Um eine Kul­
tur zu ändern, sollte die Unternehmens­
leitung Menschen neu einstellen und auf
hohe hierarchische Positionen setzen, die
nicht zu der Kultur passen. Die zu erwar­
tenden Konflikte mit den Neuen bieten
eine Chance, dass sich die ändert.
Rezept
Nr. 19
Sei Dir darüber im Klaren, dass jede Inter-
vention – auch wenn sie offiziell als Inter-
vention in einen einzelnen Menschen (einen
Organismus) ausgeflaggt ist – eine Inter-
vention in ein oder mehrere soziale Systeme
darstellt.
Eine Intervention in einen Einzelnen ist
auch eine soziale Intervention, weil der
Status des Betroffenen innerhalb des sozi­
alen Systems verändert wird. Ein Berater
muss damit rechnen, dass auch dem, was
Einzelnen passiert, eine große Bedeutung
beigemessen wird und dass er versuchen
sollte, die Interpretation solch einer Inter­
vention zu beeinflussen.
Rezept
Nr. 20
Rechne damit, dass Deine Interventionen
auf Dich zurückwirken.
Ausblick.
Fritz B. Simon will, dass die
Diskussion mit den Praktiker, die er mit
seinen „20 Rezepten“ angestoßen hat,
weitergeht. Dazu hat er im Internet die
Seite
ngerichtet.
Während das Buch „Formen“ von stren­
gem Denken, konsistentem Argumentie­
ren und Schlussfolgern geprägt ist, geht
es in dem Blog um die ungehemmte Dis­
kussion mit dem Leser. Das Wesen der
Systemik und sein Nutzen für die Praxis
wird hier bereits seit Mitte Mai umfas­
send diskutiert.
Martin Pichler
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