wirtschaft + weiterbildung
        
        
          06_2018
        
        
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          tische und ideologiefreie Mittelstandspolitik ableiten. Ziel sollte
        
        
          sein, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand attraktiv zu
        
        
          halten. Das betrifft viele Politikfelder von Bürokratieabbau,
        
        
          Fachkräfteausbildung, Arbeitsgesetze, bis hin zu den steuer-
        
        
          lichen Rahmenbedingungen. Sich eine oder wenige einzelne
        
        
          Maßnahmen rauszugreifen, halte ich für wenig hilfreich – vor
        
        
          allem auch deshalb, weil dann am Ende eines Jahres auch
        
        
          immer nur einzelne Bereiche und Teilgruppen des Mittelstands
        
        
          profitieren.
        
        
          Interview: Christoph Stehr
        
        
          Angst vor der Digitalisierung?
        
        
          Der Begriff „Industrie 4.0“ wird im Mittelstand kaum ver-
        
        
          wendet. Man spricht ganz praktisch von Automatisierung
        
        
          oder Innovation. Der Markt entscheidet, was gemacht wird.
        
        
          Verlangt ein Kunde eine bestimmte Softwareeinbindung,
        
        
          dann wird diese Investition pragmatisch und eben nicht
        
        
          ideologisch getätigt. Generell lässt sich Digitalisierung in
        
        
          drei Handlungsstränge aufteilen.
        
        
          Erstens:
        
        
          · Automatisierung in Administration oder Produktion.
        
        
          · Die Notwendigkeit zur Digitalisierung wird erkannt.
        
        
          · Man achtet auf die Veränderungen am Markt, die den
        
        
          internen Arbeitsaufwand rechtfertigen.
        
        
          · Aber: Digitalisierung muss sich rechnen.
        
        
          Zweitens:
        
        
          · Aufbau von Kenntnissen und Fähigkeiten für neue Sys-
        
        
          teme.
        
        
          · Digitalisierung ist Herausforderung für die Beschäftigten.
        
        
          · Qualifikation ist Investition in die Zukunft.
        
        
          · Aber: Die Ängste bei den Beschäftigten gilt es, zielstrebig
        
        
          zu überwinden.
        
        
          Drittens:
        
        
          · Eigene Produktentwicklung als Anbieter digitaler Lösungen
        
        
          oder beteiligtes Unternehmen
        
        
          · Digitalisierung ist der Zukunftsmarkt schlechthin.
        
        
          · Man fühlt sich mit dem eigenen Geschäftsmodell gut auf-
        
        
          gestellt.
        
        
          · Aber: Die Prophezeiungen von Disruption prallen oft an
        
        
          Kunden ab.
        
        
          Digitalisierung ist kein Selbstzweck
        
        
          Für die kommenden Herausforderungen fühlten sich die
        
        
          Befragten selbst gut gerüstet und sehen Probleme eher bei
        
        
          anderen. Vereinzelt mischt sich Skepsis darunter, sofern
        
        
          im eigenen Markt kein wirklicher Umbruch erkennbar ist.
        
        
          Alarmszenarien beeindrucken die Befragten indessen
        
        
          nicht. Wenn überhaupt, sehen sie dezidiert negative Aus-
        
        
          wirkungen eher im gesellschaftspolitischen Kontext, bei-
        
        
          Mittelstands-Umfrage.
        
        
          Die Wirtschaftsprüfung Ernst & Young und das Demographie Netzwerk (ddn)
        
        
          haben gemeinsam eine Studie erarbeitet, um die aktuelle Situation des deutschen Mittelstands zu
        
        
          ergründen. Dessen wichtigste Erfolgsfaktoren sind derzeit: Flexibilität, Marktnähe und eine
        
        
          unaufgeregte Zuversicht, dass kommende Probleme gelöst werden können.
        
        
          Einfach
        
        
          machen.
        
        
          Diese
        
        
          alte Devise des
        
        
          Mittelstands
        
        
          gilt auch heute
        
        
          noch.
        
        
          spielsweise in der Auflösung des sozialen Zusammenhalts.
        
        
          Die meisten Befragten sehen in der Digitalisierung ins-
        
        
          gesamt deutliche Wachstumschancen und erkennen
        
        
          Potenzial für Innovation und neue Märkte. Die Befragten
        
        
          stimmen folgendem Gedanken zu: Digitalisierung ist kein
        
        
          Selbstzweck. Und Technik alleine macht noch keine Digi-
        
        
          talisierung. Die Digitalisierung muss dazu dienen, die Men-
        
        
          schen leistungsfähiger zu machen. Und so bedeutet Digita-
        
        
          lisierung für viele Mittelständler am Ende Humanisierung.
        
        
          New Work ist nichts Neues
        
        
          Vieles von dem, was in der Diskussion um „New Work“ auf-
        
        
          taucht, ist für die Befragten nicht wirklich neu. Manches
        
        
          praktizieren sie schon lange, manches haben sie versucht
        
        
          und verworfen, manches würde aus Sicht der Unterneh-
        
        
          mensleitung gar nicht funktionieren. Dennoch herrscht
        
        
          Offenheit gegenüber neuen Ansätzen, sofern sie auf die
        
        
          konkrete eigene Geschäftstätigkeit eingehen und Verbes-
        
        
          serungspotenziale plausibel machen können.
        
        
          Mittelständler sorgen für sich durch folgende „nützliche
        
        
          Rahmenbedingungen“: Flache Hierarchien, kurze Wege,
        
        
          intensive Kommunikation, dazu in Teilen projektbezogenes
        
        
          Arbeiten und partizipative Entscheidungen. Mit der Flexi-
        
        
          bilisierung von Arbeit oder den Arbeitszeiten tut man sich
        
        
          in mittleren und kleineren Unternehmen allerdings schwer.