wirtschaft + weiterbildung
06_2018
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Mittelständler aufgrund der aktuell guten Auftragslage sich mit
dem Thema Digitalisierung und Wandel der Berufswelt noch
nicht so intensiv befassen, wie sie es eigentlich müssten. Dazu
kommt, dass bei einigen Mittelständlern das Thema Unterneh-
mensnachfolge noch im Raum steht und nicht geklärt ist. Das
lähmt natürlich diese Unternehmen und verhindert im Ein-
zelfall, dass die Herausforderungen rund um die von Ihnen
angesprochenen Themen Digitalisierung und
Industrie 4.0 beherzt angegangen werden.
Generell bin ich aber zuversichtlich, dass
der Mittelstand die Situation des technolo-
gischen Wandels und der Digitalisierung
meistern wird. Die Instrumente werden nicht
dieselben sein wie in Großunternehmen und
Konzernen. Die Stärke des Mittelstands ist ja gerade seine Fle-
xibilität und das Finden pragmatischer und individuell für das
Unternehmen passender Lösungen. Die HR-Maßnahmen der
Großunternehmen auf den Mittelstand zu übertragen, wird
wohl nicht funktionieren. Der Mittelstand muss seine eigenen
Wege gehen und dabei von Kammern, Verbänden und Perso-
nalberatern sensibilisiert und begleitet werden.
„Den“ Mittelstand gibt es bekanntlich nicht. Unter diesem
Begriff werden kleine und mittlere Unternehmen, große
Familienunternehmen, Handwerksbetriebe, Selbstständige
und Freiberufler zusammengefasst. In welchen dieser
Foto: Uni Trier
Gruppen – und in welchen Branchen – sehen Sie Erfolg
versprechende Ansätze, die Arbeitswelt der Zukunft im Sinne
von „New Work“ mitzugestalten?
Block:
Ich beobachte, dass in denjenigen mittelständischen
Unternehmen, in denen die Unternehmensnachfolge geregelt
ist und ein entscheidungsfreudiger (Inhaber-)Unternehmer das
Unternehmen führt, eine große Offenheit zum Ausprobieren
neuer Ansätze besteht. Das Modell des allein auf den Patri-
archen als Geschäftsführer und Eigentümer ausgerichteten Un-
ternehmens hat hier ausgedient. Den Mitarbeitern wird Freiheit
zum Handeln gegeben, was natürlich auch mit einem Mehr
an Verantwortung einhergeht. Hier sehe ich den Mittelstand
übrigens gegenüber den Konzernen und Großunternehmen
im Vorteil. Der Mittelstand ist oftmals flexibler, schneller und
entscheidungsfreudiger, als es Konzerne und Großunterneh-
men sind. Das erleichtert vielleicht auch das Ausprobieren von
neuen Ansätzen im Sinne von „New Work“. Das Problem des
Mittelstands ist, dass die einzelnen Unternehmen oftmals zu
klein sind.
„Die Stärke des Mittelstands ist seine Flexibilität
und das Finden pragmatischer und individuell für
das Unternehmen passender Lösungen.“
R
Prof. Dr. Jörn Hendrich Block.
Er promovierte
an der TU München („Innovation in Familien-
unternehmen“). Außerdem ist er Präsident des
Förderkreises Gründungs-Forschung (FGF),