20
wirtschaft + weiterbildung
09_2017
titelthema
für sinnvoll. Am Ende einer ausgiebigen
Besprechung reichte Churchill seinem
ärgsten Widersacher unter den Generälen
einen Apfel und bat ihn, mit einem seiner
Finger ein Loch in den Apfel zu bohren.
Der Angesprochene, der nicht wusste,
was das sollte, aber andererseits auch
nicht als Spielverderber dastehen wollte,
verstauchte sich fast den Zeigefinger, als
er in den Apfel hineinstechen wollte. Der
Apfel blieb heil.
Die Ebene der Pro- und Kontra-
Argumentation verlassen
Dann gab ihm Churchill einen zweiten
Apfel, der genau gleich aussah. Beim Ver-
such mit dem zweiten Apfel bohrte sich
der Finger des Generals mit Leichtigkeit
in das Fruchtfleisch. „Der zweite Apfel
ist im Innern von Maden zerfressen wor-
den“, erklärte Churchill und sagte: „Das
ist für mich die Aufgabe der Fallschirm-
jäger hinter der Front. Ich möchte, dass
wir jetzt abstimmen, ob Sabotagetrupps
in Deutschland eingesetzt werden oder
nicht.“
Churchill hatte gute Argumente für die
Sabotageaktionen, aber seine Gegner hat-
ten auch einleuchtende Gegenargumente.
Um die verfahrene Diskussion zu been-
den und mit einem Schlag eine Entschei-
dung herbeizuführen, bediente sich der
Premier einer Metapher. Sie lieferte kein
einziges zusätzliches Argument, sondern
sorgte dafür, dass die Ebene des logischen
Argumentierens verlassen wurde. Mit
der Metapher wurde die ganze Pro- und
Kontra-Argumentation gewissermaßen
ausradiert. Man entschied aufgrund von
emotionalen Bildern, die man gerade vor-
geführt bekommen hatte.
Ende der 80er-Jahre des letzten Jahrhun-
derts ärgerte sich ein frischgebackener
NLP-Trainer, dass er von einigen Unter-
nehmen nicht gebucht wurde, weil die
Personaler ihm vorwarfen, die Wirkung
des Neurolinguistischen Programmierens
(NLP) sei wissenschaftlich nicht bewie-
sen. Eines Tages entschloss sich der Trai-
ner zu folgender Entgegnung: „Seit etwa
4.000 Jahren können die Menschen Brot
backen. Irgendwann entdeckte jemand
zufällig, dass Teig, wenn man ihn liegen
lässt, aufgeht. Aber erst vor rund 80 Jah-
ren haben die Menschen herausgefun-
den, dass das am Stoffwechselprodukt
eines Hefepilzes liegt, der Kohlendioxid
produziert. Hätte die Menschheit mit dem
Brotbacken 4.000 Jahre warten sollen, bis
man den Backvorgang wissenschaftlich
erklären konnte? Im Grunde ist die Hand-
lungskompetenz der Menschen ihrer Wis-
Eine Metapher ist in erster Linie eine
„bildhafte, veranschaulichte Übertra-
gung“ eines Begriffs auf einen anderen
Begriff – wobei die Grundlage der Über-
tragung ein Vergleich ist. Man sagt zum
Beispiel Wüstenschiff zu einem Kamel
und wenn man überrascht ist, fällt man
aus allen Wolken. Eine Metapher im wei-
teren Sinn kann aber auch eine entspre-
chend gestaltete Geschichte sein.
Ein Meister im gekonnten Einsatz von
Metaphern war der englische Premier-
minister Sir Winston Churchill. Wäh-
rend des 2. Weltkriegs stritt er sich mit
seinen Generälen darüber, ob englische
Fallschirmjäger hinter den deutschen
Linien abgesetzt werden sollten, um Sa-
botageakte zu verüben. Etliche Generäle
weigerten sich, ihre Elitesoldaten bei
solchen Himmelfahrtskommandos zu
opfern. Churchill hielt solche Einsätze je-
doch im Rahmen seiner Gesamtstrategie
Ratschläge in Metaphern
verwandeln
HINTERGRUND.
Trainer, Berater und Coachs stehen oft vor der Herausforderung, die
Denkanstöße, die sie einem Kunden geben wollen, so zu verpacken, dass sie gehört und
bedacht werden. Geschichten zu erzählen kann in solchen Situationen helfen, denn gut
konstruierte Metaphern entfalten eine magische Überzeugungskraft.
Consuelo Casula.
Das zentrale Metaphern-
Buch der italienischen Psychologin (Präsi-
dentin der European Society of Hypnosis)
wurde gerade ins Deutsche übersetzt.
George Lakoff.
Der US-Linguistik-Professor
gilt in Systemikerkreisen als der
Metaphern-Papst. Das Buch „Leben in
Metaphern“ ist sein Standardwerk.