wirtschaft und weiterbildung 9/2017 - page 30

personal- und organisationsentwicklung
30
wirtschaft + weiterbildung
09_2017
Viele Führungskräfte fragen sich aller-
dings, ob Führung in Zeiten zunehmen-
der Projektarbeit und der Dezentralisie-
rung von Entscheidungen überhaupt
noch erforderlich ist. Liebermanns Ant-
wort: „Chef ist künftig nicht mehr der-
jenige, der in einer bestimmten Position
sitzt. Ein respektierter Vorgesetzter ist
vielmehr der, der die richtige Haltung ge-
genüber seinen Mitarbeitern wahrt. Denn
eines bleibt im digitalen Zeitalter gleich:
der Mensch. Er ist gar nicht so digital, wie
wir vielleicht denken.“ Die Führungskraft
von morgen müsse deshalb ein Men-
schenmanager sein. Der Zahlenmanager
habe ausgedient.
Liebermeister hat auf der Basis der Um-
frage und auf der Grundlage ihrer eigenen
Beratungserfahrung zwölf Voraussetzun-
gen für gute Führung in Zeiten digitaler
Komplexität zusammengefasst:
These 1:
Persönlichkeit lässt sich nicht
digitalisieren!
Menschen bleiben Menschen, daran än-
dern die innovativsten Informations- und
Kommunikationstechnologien nichts.
Deshalb erfordert die zunehmende Digi-
talisierung sogar ein Mehr an Sozialkom-
petenz und Empathie in den Unterneh-
men – denn den Mitarbeitern fehlen in
der von permanenter Veränderung und
geringer Planbarkeit geprägten Welt zu-
nehmend der gewünschte Halt und die
benötigte Orientierung.
These 2:
Menschen können nur durch
Menschen geführt werden!
Skype, I-Phone und Co. vereinfachen
zwar häufig unser Leben. Kein Compu-
terprogramm der Welt ersetzt jedoch agile
Führungspersönlichkeiten, die für die
Menschen in ihrem Umfeld Impuls- und
Ideengeber sowie Motivatoren sind.
These 3:
Lieber Menschenkenner als
Fachexperte sein!
Führungskräfte haben immer seltener
einen Wissensvorsprung vor ihren Mitar-
beitern. Sie müssen auf deren Expertise
(und Loyalität) vertrauen. Stattdessen
wird es zu einer Kernaufgabe von Füh-
rung, Spezialisten beziehungsweise Mit-
arbeiter mit Spezialwissen in Teams ein-
zubinden und deren individuelle Stärken
zu fördern.
These 4:
Kreativität ist überhaupt nicht
programmierbar!
Kreativität ist eine Voraussetzung für In-
novation und eine der zentralen Fähig-
keiten, die uns Menschen von Maschinen
unterscheidet. „Teamspirit entwickeln“,
Was sind aus der Warte von Managern
die größten Herausforderungen im digita-
len Zeitalter? Das wollte das Frankfurter
Institut für Führungskultur im digitalen
Zeitalter (IFIDZ) wissen. Deshalb startete
es eine „Leadership-Trend-Barometer“ ge-
nannte Onlinebefragung.
Von den Teilnehmern erachten die meis-
ten „eine zunehmende Vernetzung“ als
die größte Herausforderung (43 Prozent).
Auf Platz 2 folgt „das nötige Einbinden
der Mitarbeiter“ (42 Prozent). Dies ist
laut Aussagen von Barbara Liebermeister,
der Leiterin des IFIDZ, naheliegend, denn
wenn das Handlungs- und Marktumfeld
komplexer werde, sei es auch schwieriger,
den Mitarbeitern zu vermitteln, warum
gewisse Dinge sinnvoll und zielführend
seien und andere Dinge eben ganz und
gar nicht.
Auf Platz 3 der größten Herausforde-
rungen folgt „der wachsende Change-/
Innovationsbedarf“ (38 Prozent), gefolgt
von dem veränderten Kommunikations-
verhalten (32 Prozent). Nur 23 Prozent
der Führungskräfte erachten jedoch – an-
ders als von den Medien oft und gerne
suggeriert – die Herausforderungen, die
aus den „veränderten Bedürfnissen“ der
jungen Mitarbeiter (Digital Natives) resul-
tieren, als groß.
Das liegt laut Liebermeister vermutlich
auch daran, dass viele Manager der mitt-
leren Führungsebene heute bereits selbst
„Digital Natives“ sind – also 35- oder
40-Jährige, die mit der neuen Informa-
tions- und Kommunikationstechnologie
aufwuchsen. Entsprechendes gilt für „die
zunehmende Team- und Projektarbeit“.
Sie ist in den meisten Unternehmen heute
eine eingeübte und gängige Praxis, die
den Arbeitsalltag prägt. Deshalb stellt sie
die Führungskräfte kaum noch vor grö-
ßere Herausforderungen (12 Prozent), die
einem Chef unlösbar erscheinen.
Führen im digitalen Zeitalter
ZWÖLF THESEN.
Digitalisierung hin oder her: Auch künftig werden Führungskräfte
Menschen (und nicht etwa Roboter) führen! Das sollten sich die Geschäftsleitungen
deutscher Unternehmen immer wieder ins Bewusstsein rufen.
Barbara
Liebermeister
leitet das Institut
für Führungskul-
tur im digitalen
Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt am Main,
das Unternehmen dabei unterstützt,
ihren Mitarbeitern die Kompetenzen
zu vermitteln, die sie im digitalen Zeit-
alter brauchen. Im April erschien im
Gabal-Verlag Liebermeisters neues
Buch „Digital ist egal: Mensch bleibt
Mensch – Führung entscheidet“.
Institut für Führungskultur im digi-
talen Zeitalter
Hamburger Allee 26-28
60486 Frankfurt am Main
Tel. 069 719130965
AUTORIN
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