wirtschaft und weiterbildung 2/2017 - page 38

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
02_2017
3.
Fortlaufende Weiterbildung
Von zertifizierten Mediatoren wird erwar-
tet, dass sie sich ständig weiterbilden, um
Inhalte aufzufrischen und zu vertiefen.
Innerhalb von vier Jahren muss dies in
einem Umfang von mindestens 40 Zeit-
stunden erfolgen. Das ist aus unserer
Sicht ausgewogen und sinnvoll. Durch-
schnittlich 10 Stunden pro Jahr in Fort-
bildung zu investieren, ist gut machbar.
4.
Anforderungen an Lehrtrainer
Die Ausbilder benötigen einen berufsqua-
lifizierenden Abschluss einer Berufsaus-
bildung oder eines Hochschulstudiums
und müssen über die erforderlichen fach-
lichen Kenntnisse verfügen, so die Vor-
gabe. Weitere Anforderungen benennt die
Verordnung nicht. Im Klartext heißt das,
dass ein Lehrtrainer nicht zwingend (zer-
tifizierter) Mediator sein muss, um be-
stimmte Inhalte zu vermitteln. Der damit
zu erbringende Praxisnachweis wie auch
die eigene fortlaufende Weiterbildung
ist für Lehrtrainer demnach nicht erfor-
derlich! Für bedenklich halten wir au-
ßerdem, dass ein Nachweis von pädago-
gisch-didaktischen oder ähnlichen Kennt-
nissen ebenfalls nicht gefordert wird.
5.
Die „Zertifizierung“ nimmt jeder
selbst vor
Die erste Bescheinigung als „zertifizierter
Mediator“ stellt das Ausbildungsinstitut
nach erfolgreichem Abschluss des Lehr-
gangs, der Durchführung einer ersten
Mediation sowie einer Einzelsupervision
aus. Anschließend muss jede Mediatorin
fortlaufend selbst überprüfen, ob sie die
Voraussetzungen (noch) erfüllt, um die
Bezeichnung „zertifizierte Mediatorin“
zu tragen. Dazu gehören wie oben er-
wähnt vier weitere Mediationen inklusive
Einzelsupervision innerhalb von zwei
Jahren und 40 Stunden Fortbildung alle
vier Jahre. Eine Prüfstelle gibt es (bisher)
nicht. Die „Zertifizierung“ ist hier eine
Mogelpackung, das neue Qualitätssiegel
verwässert. Wir befürchten hier „Wild-
wuchs“, aber auch eine Abmahnwelle
von darauf spezialisierten Anwaltskanz-
leien.
6.
Übergangsregelung für schon
ausgebildete Mediatoren
Wer vor dem 26. Juli 2012 eine Mediati-
onsausbildung mit mindestens 90 Stun-
den absolviert und anschließend vier
Mediationen durchgeführt hat, darf sich
zertifizierter Mediator nennen. Wer vor
dem 1. September 2017 eine Mediations-
ausbildung erfolgreich beendet hat, darf
sich als zertifizierter Mediator bezeich-
nen, wenn er bis zum 1. Oktober 2018
eine Einzelsupervision im Anschluss an
eine Mediation durchgeführt hat. Hier ist
die Übergangsbestimmung wenig kulant
ausgelegt. Auch wenn die Rechtsverord-
nung erst 2016 veröffentlicht wurde, wird
sie quasi ab Mitte 2012 angewendet. In
der Regel bedeutet das, dass Ausbildungs-
absolventen nachschulen müssen, um die
Bezeichnung zu führen. Der Anteil des
Rechts ist in den meisten Ausbildungen
nicht in diesem Umfang enthalten.
Unser Fazit:
Wir sehen keinen ernsthaf-
ten Beitrag zur Qualitätssicherung. Auch
wenn insbesondere im Hinblick auf die
Mediationsausbildung Standards bei
Umfang und Inhalten in der „ZMedia-
tAusbV“ definiert wurden, darf nicht von
einer „garantierten“ Qualität zertifizierter
Mediatoren ausgegangen werden – zu
schwammig sind die Anforderungen an
die Ausbilder wie auch die Supervisoren.
Insbesondere die „Selbstzertifizierung“
macht den Titel unglaubwürdig. Hier
sind die Mediationsverbände dabei, eine
Institution zu entwickeln; das Ergebnis
ist offen.
Aus Marketinggründen kann es sinnvoll
sein, die eigene Qualität über einen ge-
schützten Titel nach außen zu transpor-
tieren. Wer die formalen Voraussetzungen
erfüllt, muss sich allerdings nicht „zerti-
fizierter Mediator“ nennen, da ist jeder
frei. Wir empfehlen, die höherwertigen
Verbandssiegel anzustreben. Deren Stan-
dards sind deutlich umfangreicher und
qualitativ hochwertiger.
Christian Bähner, Elke Schwertfeger
R
Zusammenfassung.
Die wesentlichen Schritte auf dem
Weg zum „zertifizierten Mediator“ sind:
1.
Die Teilnahme an einer Ausbildung zum zertifizierten
Mediator bedeutet, dass der Lehrgang einen Umfang von
120 Zeitstunden im Präsenzunterricht hat sowie eine
Einzelsupervision des ersten Mediationsfalls umfasst.
Fallbearbeitung und Supervision kann bis ein Jahr nach
Abschluss des Lehrgangs durchgeführt werden. Erst
dann wird eine Bescheinigung zum „zertifizierten Media-
tor“ durch das Ausbildungsinstitut ausgestellt.
2.
Durchführung von vier weiteren Mediationen unter
anschließender Einzelsupervision in einem Zeitraum von
zwei Jahren. Mediationen können auch in Co-Mediation
durchgeführt werden.
3.
Regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen im Umfang von
mindestens 40 Zeitstunden innerhalb von vier Jahren.
4.
Bisher gibt es keine staatliche oder privatrechtliche Zer-
tifizierungsstelle, die überprüft, ob die Anforderungen
erfüllt werden. Dies prüft jeder Mediator für sich selbst.
5.
Die Rechtsverordnung tritt erst zum 1. 9. 2017 in Kraft.
Davor darf sich niemand zertifizierter Mediator nennen,
auch wenn die formalen Kriterien dafür bereits erfüllt
werden. Ansonsten ist mit einer Abmahnung zu rechnen.
Quelle:
BGBl&jumpTo=bgbl116s1994.pdf
Zertifizierter Mediator werden
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