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wirtschaft + weiterbildung
06_2017
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ist der Umgang mit den Neuen Medien
gelebter Alltag. Schon in der Schule nutz-
ten sie zum Beispiel Tablets als Informa-
tionsquelle und Lernmedium. Deshalb
sind sie oft eher negativ überrascht, wenn
in der betrieblichen Weiterbildung die
moderne Informations- und Kommuni-
kationstechnik noch nicht zum Einsatz
kommt. Für deren gezielten Einsatz be-
nötigen Trainer ein gewisses technisches
Know-how und Verständnis.
Für viele berufserfahrene Trainer gilt: Sie
müssen sich in den kommenden Jahren
mit den neuen Lerntechnologien und
-methoden befassen; außerdem Praxis-
Erfahrung mit den verschiedenen Lern-
plattformen sowie mit der synchronen
und asynchronen Web-Kommunikation
(zum Beispiel in Chats, Foren, Blogs)
sammeln. Denn im Gegensatz zur jun-
gen Trainergeneration sind sie hiermit
oft noch nicht vertraut. Was der jungen
Trainergeneration jedoch meist auch noch
fehlt, ist eine Kompetenz im Entwickeln
moderner Lernmaterialien und -medien
(wie Lernvideos, Apps und E-Books).
Diese müssen basierend auf den lern-
und gedächtnispsychologischen Grund-
lagen entwickelt werden. Hierfür bedarf
es auch einer präzisen und unmissver-
ständlichen schriftlichen und mündlichen
Ausdrucksfähigkeit. Generell gilt: Trainer
müssen künftig eine höhere Flexibilität
beim Gestalten von Lernumgebungen
und -medien entwickeln, denn aufgrund
des Fortschritts im Bereich der modernen
Informations- und Kommunikationstech-
nologie steigen die didaktischen Möglich-
keiten.
Mehr Zeit in die eigene
Weiterbildung investieren
(Fach-)Wissen veraltet heute schnell. Ein
lebenslanges Lernen ist deshalb wichti-
ger denn je, um im Berufsleben langfristig
konkurrenzfähig zu sein. Das gilt auch
für Trainer. Denn auch das in ihren Trai-
nings vermittelte berufsrelevante Wissen
veraltet. Dieser Tatsache tragen Trainer
oft noch nicht ausreichend Rechnung.
Nicht ungewöhnlich ist es heute noch,
dass berufserfahrene Trainer ihr vor zehn,
15 oder gar 20 Jahren gesammeltes (Pra-
xis-)Wissen beispielsweise im Bereich
Führung in ihren Seminaren an die Teil-
nehmer weitergeben – ohne zu reflektie-
ren, dass sich die Rahmenbedingungen
von Führung in den Unternehmen zwi-
schenzeitlich stark verändert haben. Das-
selbe gilt für den Vertriebs- und Projekt-
management-Bereich. Deshalb sind ihre
Tipps und Empfehlungen oft nicht mehr
„passgenau“. Das spüren die Teilnehmer,
weshalb besagte Trainer zunehmend Ak-
zeptanzprobleme haben. Die Fähigkeit
und Bereitschaft zum selbstgesteuerten
Lernen wird künftig eine Schlüsselkom-
petenz sein – insbesondere für selbststän-
dige Trainer, die häufig Einzelkämpfer
sind. Denn ohne diese Kompetenz wer-
den sie auf Dauer im Bildungs- und Bera-
tungsmarkt nicht konkurrenzfähig sein.
Aus Trainern werden jetzt
Lernprozessbegleiter
Mit Hilfe der modernen Informations-
und Kommunikationstechnologie kön-
nen Menschen 24 Stunden am Tag und
365 Tage im Jahr auf Lern-Ressourcen
zugreifen. Sie sind nicht mehr an Semi
nartermine und Öffnungszeiten gebun-
den, denn Online-Kurse sind jederzeit
verfügbar. Hierdurch verändert sich auch
die Trainerrolle. Beim E-Learning und
Online-Lernen sind die Lernenden primär
selbst aktiv. Der Trainer hingegen bleibt
eher im Hintergrund und hilft bei Bedarf.
Er bereitet die Lernumgebung vor und er-
leichtert durch ein didaktisches Konzept
(wie zum Beispiel Blended Learning)
den selbstgesteuerten Wissenserwerb. In
diesem Kontext ist der Trainer primär ein
Lernprozessbegleiter. Zu seinen Aufgaben
gehören die Konzeption der Angebote
und die Beratung bei der Auswahl der
Werkzeuge, Methoden und Inhalte. Im
Lernprozess selbst übernimmt er unter
anderem folgende Funktionen:
•
Coaching:
Er unterstützt als Lernbeglei-
ter die Lernenden beim selbstgesteuer-
ten Lernen und hilft ihnen, den Lern-
prozess weiterzuführen.
•
Modeling:
Er zeigt den Lernenden als
Experte exemplarisch prototypische
Aufgaben und Lösungen und erklärt
ihnen das Vorgehen sowie die relevan-
ten Schritte.
•
Reflexion:
Er leitet eine Selbstreflexion
bei den Lernenden ein, die auch dar-
auf abzielt, dass diese die Kompetenz
erwerben, künftig ihr Verhalten und
Vorgehen selbst zu korrigieren.
•
Beratung:
Er gibt den Lernenden als Ex-
perte Hilfestellungen und Empfehlun-
gen, wenn sie Aufgaben nicht alleine
lösen können.
Statt um einen reinen Wissenserwerb
geht es künftig primär um einen Kompe-
tenzerwerb. Die zentrale Bildungsfrage
lautet nicht mehr (nur) „Was muss ich
wissen?“, sondern „Was möchte ich
können?“. Bisher wurde auch in der be-
trieblichen Weiterbildung sehr häufig das
Lernergebnis mit dem Lerninput gleich
gesetzt, gemäß der Maxime: „Lerne die
Inhalte dieses Buchs und danach musst
du sie wiedergeben können.“ Künftig
wird es in der betrieblichen Weiterbil-
dung primär darum gehen, Menschen
die Kompetenzen zu vermitteln, die sie
in der modernen, von Veränderung und
Komplexität geprägten Arbeitswelt zum
Bewältigen neuer Aufgaben oder Her-
ausforderungen brauchen. Kompetenzen
können jedoch nicht im klassischen Sinn
vermittelt werden: Menschen können sie
nur selbst erwerben – und zwar nicht
durch ein schulisches Lernen.
Das Lernen muss vielmehr am Arbeits-
platz, im Rahmen von Projekten bezie-
hungsweise eines konkreten Tuns erfol-
gen. Das sogenannte informelle Lernen
beim (gemeinsamen) Tun muss mit der
klassischen Qualifizierung verknüpft
werden. Selbstorganisierte Lernprozesse
Sabine Prohaska
ist Inhaberin des
Trainings- und
Beratungsunter-
nehmens Semi-
nar Consult Prohaska in Wien, das
unter anderem Trainer ausbildet. Im
März 2016 erschien im Junfermann
Verlag ein Buch von Sabine Prohaska
mit dem Titel: „Lösungsorientiertes
Selbstcoaching: Ihren Zielen näher
kommen – Schritt für Schritt“.
Seminar Consult
Märzstraße 55/13, A-1150 Wien
Tel. +43 664 3851767
AUTORIN