wirtschaft und weiterbildung 2/2016 - page 47

wirtschaft + weiterbildung
02_2016
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zessen wollen Menschen abgeholt und
einbezogen werden. Die Implementie-
rung von Konfliktmoderatoren spielt agi-
len Führungskulturen in die Hände, denn
auch hier wollen und sollen Menschen
mehr mitbestimmen.
Haben Sie schon erlebt, dass ein zum
Konfliktmoderator ausgebildeter
Manager trotz seiner Qualifizierung
nichts bewirken konnte?
Nickel:
Ja, das habe ich erlebt. Das pas-
siert dann, wenn Prozesse nicht einge-
halten wurden und keine entsprechende
Kommunikation im Unternehmen statt-
gefunden hat. Misstrauen entsteht sehr
schnell. Dann werden zu internen Media-
toren oder Konfliktmoderatoren ausgebil-
dete Manager nicht gebucht. Und obwohl
es institutionalisierte Stellen gibt, kommt
keiner mit seinen Konflikten zu ihnen.
Was müssen Unternehmen beachten,
die mit innerbetrieblichen Konflikt-
moderatoren arbeiten wollen?
Nickel:
Zunächst sollte man genau analy-
sieren, wo es Konflikte gibt, wie Verände-
rungsprozesse ablaufen, wo Widerstand
zu finden ist und welche Konfliktmuster
es gibt. Letzteres ist wichtig, weil Medi-
ation oder Konfliktmoderation nicht für
jeden Konflikt die passende Lösung bie-
tet. Wichtig ist auch das Commitment der
Geschäftsführung. Alle innerbetrieblichen
relevanten Instanzen, Rechtsabteilung,
Führungskräftevertretung, Bereichslei-
tung, müssen diese Herangehensweise
akzeptieren und einbezogen werden. Der
Prozess der Konfliktmoderation muss gut
definiert sein. Die Mitarbeiter müssen
wissen und verstehen, an wen sie sich
wenden können und die Rahmenbedin-
gungen wie Vertraulichkeitsregelungen
oder Freiwilligkeit kennen. Dazu reicht
es nicht, im Intranet bekannt zu machen,
dass es jetzt innerbetriebliche Mediatoren
gibt. Sie zu etablieren, ist ein Change-Pro-
zess und muss auch so vermittelt werden.
Das Unternehmen muss sicherstellen,
dass es bei den Mitarbeitern ankommt
und diese sich auch trauen, einen Kon-
fliktmoderator in Anspruch zu nehmen.
Das erfordert eine Vertrauenskultur. Bei
der Konfliktmoderation müssen die Rol-
len und Rollenprofile klar definiert sein.
Die Führungskräfte müssen wissen, was
es bedeutet, wenn sie die Rolle des Kon-
fliktmoderators annehmen und sie müs-
sen natürlich dafür ausgebildet sein oder
werden. Ich habe auch schon erlebt, dass
ein Unternehmen eine Ombudsstelle als
zentrale Sammelstelle für Konflikte ein-
gerichtet hat und in den Arbeitsverträgen
festschreibt, dass und wann man sich an
diese Stelle wenden kann.
Wie profitieren Manager als auch
Unternehmen ganz konkret von
innerbetrieblicher Konfliktmoderation?
Nickel:
Als Führungskraft muss ich meine
Ziele erreichen, mich durchsetzen und
soll gleichzeitig Empathie aufbringen.
Das ist ein ständiger Spagat, bei dem
Empathie häufig zu kurz kommt. In der
Ausbildung zum Konfliktmoderator ler-
nen die Teilnehmer, sich in eine andere
Person hineinzuversetzen. Das verändert
die Haltung, sie wird wertschätzender
anderen gegenüber. Manager stärken
damit ihre Ambiguitätstoleranz und Re-
flexionskompetenz. Sie lernen auch, sich
besser abzugrenzen. Das beugt Konflik-
ten, auch inneren Konflikten, vor und
fördert gleichzeitig das Verständnis, wie
diese entstehen. Außerdem helfen die in
der Ausbildung erlernten Techniken auch
in anderen Bereichen. Mit Konfliktmode-
ratoren verankere ich Konfliktlösungs-
kompetenz im Unternehmen selbst. Die
Organisation wird stärker und wider-
standsfähiger. Konstruktiv und kom-
munikativ Probleme zu lösen, fördert
Demokratisierung wie Transparenz und
wirkt positiv und vertrauensbildend auf
die Unternehmenskultur. Und: Vertrauen
schafft Schnelligkeit und Wettbewerbs-
vorteile.
Interview: Gudrun Porath
„Die Implementierung von Konfliktmoderatoren
spielt agilen Führungskulturen in die Hände, denn
so können Menschen mehr mitbestimmen.“
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