wirtschaft und weiterbildung 2/2016 - page 54

training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
02_2016
Hierfür ein Beispiel: Wenn ein Flugzeug-
mechaniker die wichtigsten Teile eines
Flugzeugs vor einem Flug mehrfach prüft,
dann handelt er verantwortungsbewusst.
Denn ein technischer Defekt beim Fliegen
kann Hunderte von Menschen das Leben
kosten. Beschäftigt sich hingegen ein
Einkäufer wochenlang mit der Frage, ob
er die neuen Kugelschreiber bei diesem
oder jenem Großhändler kauft, dann ist
dies vermutlich ein Zeichen mangelnder
Entschlusskraft. Das gleiche Verhalten
kann eine Stärke und eine Schwäche sein
– abhängig davon, in welcher Situation es
gezeigt wird.
Blick auf Stärken eröffnet
neue Perspektiven
Diese Zusammenhänge sind vielen
Menschen nicht bewusst. Wenn sie im
(Arbeits-)Alltag häufig mit denselben
Schwierigkeiten kämpfen, verdichtet sich
bei ihnen schnell das Gefühl: Ich habe
hier eine Schwäche. Dieses Gefühl wird
mit der Zeit zuweilen so stark, dass sie
ihre Stärken aus dem Blick verlieren.
Entsprechend unsicher werden sie. Dann
ist meist ein neutraler Gesprächspartner
hilfreich, der ihnen wieder die Augen öff-
net – nicht nur für ihre offensichtlichen
Stärken, sondern auch für die Stärken,
die sich hinter ihren „Schwächen“ ver-
bergen. Dann wird ihnen oft auch klar,
dass sie auch von vielen ihrer vermeint-
lichen „Schwächen“ profitieren könnten,
sofern sie diese zur richtigen Zeit und in
den richtigen Situationen aktivieren.
Dann wird häufig auch deutlich, dass
viele unserer vermeintlichen Schwächen
aus einem falschen Rollenverständnis
resultieren. So sind zum Beispiel viele
Verkäufer überzeugt: Ein guter Verkäu-
fer müsse mit jeder Person sozusagen im
Handumdrehen „Freundschaft“ schließen
können. Ein Irrglaube, denn viele Kunden
empfinden ein entsprechendes Verhalten
als anbiedernd und unprofessionell. Und
manchen Chef plagen Selbstzweifel, weil
er der Auffassung ist, eine Führungskraft
müsse stets wie ein Fels in der Brandung
stehen und dürfe nie Unsicherheit zei-
gen. Ebenfalls ein Irrglaube! Denn viele
Mitarbeiter identifizieren sich gerade mit
Vorgesetzten, die sich menschlich und
nahbar zeigen.
Viele Menschen, die über ihre Stärken
und Schwächen nachdenken, glauben,
sie müssten sich radikal verändern, wenn
sich etwas in ihrem Leben verbessern
soll. Wenn die meisten unserer Schwä-
chen aber nur übertrieben ausgeprägte
Stärken sind, ist dies nicht nötig. Dann
genügen oft kleine Verhaltenskorrektu-
ren, um wieder in die Erfolgsspur zu ge-
langen.
Fazit:
In erster Linie steht bei vielen Men-
schen die Frage im Vordergrund, wie man
seine Stärken entfalten kann. Dazu haben
sich in vielen Coachings folgende Anre-
gungen bewährt:
• Wenn man seine wahren Stärken iden-
tifiziert hat, sollte man die Grenzen der
Stärken sorgsam erkunden. Die Bot-
schaft lautet: „Übertreiben Sie den Ein-
satz Ihrer Stärken nicht. Sonst werden
hieraus schnell Schwächen.“
• Jeder sollte die Menschen in seinem
Umfeld fragen, welche Stärken er
wann häufiger einsetzen könnte. Und
er sollte fragen, wann er zu stark auf
gewisse Stärken baut, damit die nötige
Balance gewahrt werden kann.
• Es gilt, Stärken mit Zielen zu verbin-
den.Bei neuen Zielen sollte man prü-
fen, ob diese den eigenen Stärken
entsprechen. Denn nur dann können
Höchstleistungen erbracht werden.
• Manche Stärken nutzen wir eher sel-
ten. Hier liegt das größte Entwicklungs-
potenzial. Jeder sollte für sich selbst er-
mitteln, welche Stärken er wann nutzt.
• Außerdem kommt es darauf an, die
eigenen Schwächen clever zu kom-
pensieren. Tipp: „Akzeptieren Sie Ihre
Schwächen. Sie müssen nicht alles
können. Seien Sie ehrlich zu sich, und
überlegen Sie sich auch, für welche Tä-
tigkeiten Sie eher nicht geeignet sind.
Dadurch vermeiden Sie Stress.“
• Um Schwächen auszugleichen, macht
es Sinn, bestimmte Aufgabengebiete
neu zu definieren. Das kann zum Bei-
spiel geschehen, indem man gewisse
Aufgaben delegiert oder im Team eine
neue Aufgabenverteilung vornimmt.
• Stärken kann man gezielt zum Kom-
pensieren von Schwächen nutzen.
Hierfür ein Beispiel: Angenommen, je-
mand übernimmt in Meetings ungern
die Gesprächsführung, dann kann er
stattdessen beispielsweise seine Stärke,
gut analysieren und weiterführende
Fragen stellen zu können, nutzen, um
sich einzubringen und zu profilieren.
Frank Rebmann
R
Stärkenorientierung
Drei Aspekte.
Das Wissen um seine Stärken versetzt einen Menschen
in die Lage, seine Schwächen besser zu verstehen und mit ihnen
gelassener umzugehen. So entwickelt sich auf Dauer das nötige
Selbstbewusstsein.
Quelle: Rebmann
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